Siebende Scene.
Ein alter Schäfer tritt auf.
Schäfer.
Ich wollte es wäre kein Alter zwischen zehn und drey und
zwanzig, oder die jungen Leute müßten diese ganze Zeit
über schlafen: Denn es ist doch in diesem Zwischen nichts
als, Menschern Kinder machen, alte Leute foppen, stehlen, rauffen
- - Hört ihr nun! Würde sich ein Mensch in der Welt
einfallen lassen, bey einem solchen Wetter zu jagen, wenn es nicht
diese Tollköpfe von neunzehn und zwey und zwanzig thäten?
- - Sie haben mir zwey von meinen besten Schafen verscheucht,
die nun, fürcht' ich, der Wolf eher finden wird als ihr Herr
- - wenn ich sie noch irgendwo kriegen kan, so muß es an
der Küste seyn, wo sie Epheu zu fressen finden - - Gut Glük!
was haben wir hier? - - (Er hebt das Kind auf.) Gott sey
bey uns! Ein Wikel-Kind! Ein recht hübsches Kind! Ein Junge,
oder ein Mädchen, das wundert mich! - - Ein artiges Ding,
ein recht artiges Ding; richtig, das wird ein Jungfern-Kindchen
seyn: Wenn ich schon nicht gestudiert bin, so seh ich ihm doch
an der Nase an, daß eine Kammer-Jungfer oder so was dahinter
stekt. Das mag eine Stiegen-Arbeit gewesen seyn, eine Rausch-Arbeit,
so was hinter der Thür hurtig weggemachtes - - Armes kleines
Ding! denen ist wärmer gewesen, die dich gezeugt haben, als
dir ist - - Ich will es aus Mitleiden aufheben und mit mir nehmen;
aber ich will doch noch warten, bis mein Sohn kommt; ich hört'
ihn eben holla ruffen - - Wie! he! holla, ho!
(Hans Wurst tritt auf.)
Hans Wurst.
Holla, ho! - -
Schäfer.
Was, bist du so nah? Wenn du was sehen willst, von dem noch die
Rede seyn wird, wenn du todt und verfault bist, so komm her. Nun,
was fehlt dir, Mann?
Hans Wurst.
Ich habe zwey solche Spectakel gesehen, zu Wasser und zu Land;
doch ich kan nicht sagen zu Wasser; denn es ist izt alles Himmel;
ihr könntet würklich zwischen das Firmament und die
See keine Steknadel steken.
Schäfer.
Wie, Junge, was ist es dann?
Hans Wurst.
Ich wollte, ihr hättet nur gesehen, wie es tobt, wie es raßt,
wie es das Ufer aufwühlt; aber das ist noch alles nichts;
o! das erbärmliche Schreyen der armen Seelen - - sie izt
zu sehen, und dann gleich wieder nicht zu sehen - - und wie das
Schiff bald mit seinem grossen Mast den Mond durchbohrte, bald
wieder von Schaum und Gäscht verschlungen wurde, als ob ihr
ein Stükchen Kork in ein Bierfaß geworfen hättet.
Und dann zu Lande - - wie ihm der Bär das Schulterbein ausriß,
und wie er schrie daß ich ihm zu hülfe kommen sollte,
und sagte, er heisse Antigonus, und sey ein Edelmann - - Aber
um mit dem Schiff ein Ende zu machen, zu sehen, wie es vom Meer
hineingeschlukt wurde; aber vorher, wie die armen Leute heulten,
und wie ihnen die See zum Spott nachheulte - - Und wie der arme
Herr heulte, und der Bär seiner spottete - - und beyde so
laut heulten, daß man weder See noch Wetter davor hören
konnte.
Schäfer.
Um Gottes willen, wenn war das, Junge?
Hans Wurst.
Izt, izt, diesen Augenblik erst; die Leute können unterm
Wasser noch nicht kalt worden seyn, und der Bär kan den armen
Herrn noch nicht halb aufgegessen haben; er ist noch an ihm.
Schäfer.
Ich wollt' ich wäre um den Weg gewesen, daß ich dem
alten Mann hätte zu hülfe kommen können.
Hans Wurst.
Ich wollt' ihr wäret beym Schiff gewesen, daß ihr ihm
hättet zu hülf kommen können; da würde euer
Mitleiden ein schönes Stük Arbeit vor sich gefunden
haben.
Schäfer.
Das sind böse, böse Zeitungen! Aber schau hier, Junge.
Siehst du, daß ich glüklicher bin als du; du findest
die Leute wenn sie sterben, und ich die neugebohrnen. Das ist
was für dich, Junge; sieh hier, gelt, das ist ein Wikel-Tuch
für ein Edelmanns-Kind! Schau nur einmal; heb es auf, heb
es auf, Junge, mach's auf; so, laß sehen: Es ist mir geweissagt
worden, ich werde noch einmal durch die Feen reich werden - -
Das wird so ein ausgetauschtes Kind seyn: Mach' es auf; was ist
darinn, Junge?
Hans Wurst.
Ihr seyd ein närrischer alter Mann; wenn euch die Sünden
eurer Jugend vergeben sind, so wird's euch wohl kommen - - Gold!
lauter Gold! - -
Schäfer.
Das ist Feen-Gold, Junge, es wird sich auch so weisen. Auf damit,
heb es wohl auf; heim, heim, den nächsten Weg. Unser Glük
ist gemacht, Junge; es kommt izt nur drauf an, daß wirs
verschwiegen halten. Laß meine Schafe gehen; komm guter
Junge, den nächsten Weg nach Hause.
Hans Wurst.
Geht ihr den nächsten Weg mit euerm Fund, ich will gehen
und sehn, ob der Bär von dem Edelmann weggegangen ist; und
wieviel er von ihm gegessen hat; Sie sind nie grimmig als wenn
sie hungrig sind. Wenn noch was von ihm übrig ist, will ich's
begraben.
Schäfer.
Das ist ein gutes Werk. Wenn du an dem was du noch von ihm findest,
erkennen kanst, was er gewesen ist, so hohl mich, daß ichs
auch sehe.
Hans Wurst.
Das will ich, ihr könnt mir ihn dann begraben helfen.
Schäfer.
Das ist ein glüklicher Tag für uns, Junge, und wir wollen
gute Werke an ihm thun.
(Sie gehen ab.)
Die Zeit tritt nunmehr, als Chor, auf und bittet in einem Reimen-Spruch
voll alltäglicher Sentenzen in schwülstigen Ausdrüken,
die Zuschauer um Erlaubniß, in einem Sprung über sechszehn
Jahre wegsezen zu dürfen, innerhalb welcher die kleine Perdita
ein hübsches aufgeschossenes Mädchen geworden sey, von
deren Begebenheiten man in den folgenden Aufzügen das mehrere
zu vernehmen haben werde.
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