Vierte Szene
Zimmer in Leonatos Hause
Hero, Margareta, Ursula
Hero.
Liebe Ursula, wecke doch deine Muhme Beatrice und bitte sie,
aufzustehn.
Ursula.
Sogleich, mein Fräulein.
Hero.
Und hieher zu kommen.
Ursula.
Sehr wohl. (Ab.)
Margareta.
Ich dächte doch, Eure andre Palatine sei noch schöner.
Hero.
Nein, liebes Gretchen, ich werde diese tragen.
Margareta.
Sie ist wahrhaftig nicht so hübsch, und ich stehe Euch
dafür, Eure Muhme wird Euch dasselbe sagen.
Hero.
Meine Muhme ist eine Närrin, und du bist die zweite;
ich werde keine andre als diese nehmen.
Margareta.
Euern neuen Aufsatz finde ich allerliebst, wenn das Haar nur
um einen Gedanken brauner wäre; und Euer Kleid ist nach der
geschmackvollsten Mode, das ist gewiß. Ich habe das Kleid
der Herzogin von Mailand gesehn, von dem man soviel Wesens macht.
Hero.
Das soll ja über alles gehn, sagt man.
Margareta.
Auf meine Ehre, es ist nur ein Nachtkleid im Vergleich mit
dem Eurigen. Das Zeug von Goldstoff und die Aufschnitte mit Silber
garniert und mit Perlen gestickt; niederhängende und Seitenärmel,
und Garnierungen unten herum, die mit einem bläulichen Lahn
unterlegt sind. Was aber die schöne, ausgesuchte, gefällige
und ganz besondere Mode betrifft, da ist Eures zehnmal mehr wert.
Hero.
Gott gebe, daß ich's mit Freuden tragen möge, denn
mein Herz ist erstaunlich schwer.
Margareta.
Es wird bald noch schwerer werden, wenn es erst das Gewicht
eines Mannes tragen soll.
Hero.
Pfui doch, schämst du dich denn nicht? -
Margareta.
Warum denn, mein Fräulein? Daß ich von Dingen in
Ehren rede? Ist nicht eine Heirat ein Ding in Ehren, auch bei
Bettlern? Ist nicht Euer Herr ein Ehrenmann auch ohne Heirat?
Ich hätte wohl sagen sollen - haltet mir's zu Gnaden - das
Gewicht eines Gemahls? Wenn nicht schlimme Gedanken gute Reden
verdrehen, so werde ich niemanden Ärgernis geben. Ist wohl
irgendein Anstoß darin, wenn ich sage: schwerer durch das
Gewicht eines Gemahls? Nein, gewiß nicht, wenn es nur der
rechte Mann und die rechte Frau sind, sonst freilich hieße
das, die Sache leicht nehmen und nicht schwer. Fragt nur Fräulein
Beatrice, hier kommt sie.
Beatrice kommt.
Hero.
Guten Morgen, Muhme.
Beatrice.
Guten Morgen, liebe Hero.
Hero.
Nun, was ist dir? Du sprichst ja in einem so kranken Ton?
Beatrice.
Mich dünkt, aus allen andern Tonarten bin ich heraus.
- Es ist gleich fünf Uhr, Muhme, es ist Zeit, daß du
dich fertig machst. - Mir ist ganz krank zu Mut, wahrhaftig! -
Ach!
Margareta.
Nun, wenn Ihr nicht eine Renegatin geworden seid, so kann
man nicht mehr nach den Sternen segeln.
Beatrice.
Was meint die Närrin damit?
Margareta.
Ich? O gar nichts, aber Gott schenke jedem, was sein Herz
wünscht.
Hero.
Diese Handschuhe schickte mir der Graf, es ist der lieblichste
Wohlgeruch.
Beatrice.
Der Sinn ist mir benommen; ich rieche nichts.
Margareta.
Benommen? Oder eingenommen? je nun, man erkältet sich wohl.
Beatrice.
O Gott steh uns bei, Gott steh uns bei! Wie lange ist's denn,
daß du Jagd auf Witz machst?
Margareta.
Seitdem Ihr es aufgegeben habt, mein Fräulein. Steht
mein Witz mir nicht vortrefflich?
Beatrice.
Er scheint noch nicht genug ins Feld, du solltest ihn an deiner
Kappe tragen. - Aber auf mein Wort, ich bin recht krank.
Margareta.
Euer Gnaden sollten sich abgezogenen Kardobenedikt holen lassen
und ihn aufs Herz legen; es gibt kein beßres Mittel für
Beklemmungen.
Hero.
Da stichst du sie mit einer Distel.
Beatrice.
Benedikt? Warum Benedikt? Soll vielleicht eine Moral in dem
Benedikt stecken?
Margareta.
Moral? Nein, mein' Treu, ich meinte nichts Moralisches damit,
ich meinte natürliche Kardobenediktendistel. Ihr denkt vielleicht,
ich halte Euch für verliebt. Nein, beim Himmel, ich bin nicht
solch eine Närrin, daß ich alles denken sollte, was
mir einfällt, und es fällt mir auch nicht ein, zu denken,
was ich könnte. Denn wenn ich mir auch den Kopf ausdächte,
so kann ich mir's nicht denken, daß Ihr, mein Fräulein,
verliebt seid, oder jemals sein werdet, oder jemals sein könnt.
Und doch war Benedikt auch so einer, und ist jetzt ein Mensch
wie andre. Er schwur, er wolle nie heiraten, und jetzt, trotz
seinem hohen Sinn, verzehrt er sein Essen ohne Murren. Ob Ihr
noch zu bekehren seid, weiß ich nicht; aber mir scheint,
Ihr seht auch schon aus den Augen wie andre Mädchen.
Beatrice.
Was ist das für eine Art von Gang, den deine Zunge nimmt?
Margareta.
Kein falscher Galopp.
Ursula (kommt zurück).
Gnädiges Fräulein, macht Euch fertig, der Fürst,
der Graf, Signor Benedikt, Don Juan und alle jungen Kavaliere
aus der Stadt sind da, um Euch zur Kirche zu führen.
Hero.
Helft mir mich ankleiden, liebe Muhme, liebes Gretchen, liebe
Ursula.
(Alle ab.)
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