Fünfte Scene.
Escalus.
Gnädigster Herr, ich bin mehr über seine Schande bestürzt,
als über die Seltsamkeit der Sache.
Herzog.
Tretet näher, Isabella; euer Frater ist nun euer Fürst,
ich war in jener Person euer getreuer Freund und Rathgeber, und,
ohne mein Herz mit meinem Anzug zu verändern, werde ich allezeit
zu euerm Dienst gewidmet bleiben.
Isabella.
O! vergebet mir, mein gnädigster Herr, daß ich, eure
Vasallin, eure unerkannte Hoheit beschäftigt und bemühet
habe.
Herzog.
Es ist euch vergeben, Isabella; und nun, theures Mädchen,
lasset mir das gleiche Recht wiederfahren. Ich weiß es,
euers Bruders Tod ligt schwer auf euerm Herzen, und ihr werdet
euch wundern, warum ich mich begnügt, verborgner Weise seine
Rettung zu suchen, und nicht lieber meine verkleidete Macht plözlich
zu erkennen gegeben, als ihn so verlohren gehen zu lassen; aber
wisset, liebenswürdigstes Geschöpf, daß nichts
als die zuschnelle Vollziehung seines Todesurtheils, von der ich
dachte, daß sie später erfolgen würde, meinem
Vorsaz zuvoreilte; doch Friede sey über ihn! Das Leben ist
das Beste, das sich vor keinem Tode mehr fürchten muß;
tröstet euch damit; euer Bruder ist glüklich.
Isabella.
Ich thu es, Gnädigster Herr.
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