Zweyte Scene.
König Johann, König Philipp, Ludwig, Blanca,
Elinor, Faulconbridge und Oestreich.
König Philipp.
Es ist wahr, schöne Tochter; und dieser gesegnete Tag soll
auf ewig in Frankreich festlich seyn. Diesen Tag feyrlicher zu
machen, hält die glorreiche Sonne in ihrem Lauf inne, und
spielt den Alchymisten, indem sie durch den Glanz ihres funkelnden
Auges die magre klumpichte Erde in schimmerndes Gold verwandelt.
Der jährliche Kreislauf, der diesen Tag wiederbringt, soll
ihn nie anders als einen Fest-Tag sehen.
Constantia (indem sie aufsteht.)
Ein unglüklicher Tag, und nicht ein Fest-Tag! Was hat dieser
Tag verdient? Was hat er gethan, daß er mit goldnen Buchstaben
unter die heiligen Zeiten in den Calender gesezt werden soll?
Nein, stoßt ihn vielmehr aus der Woche aus, diesen Tag der
Schande, der Unterdrükung und des Meineids; oder wenn er
ja stehen bleiben muß, so laßt schwangre Frauen beten,
daß sie ihrer Bürde nicht an diesem Tag entbunden werden;
laßt, ausser an diesem Tag, den Seefahrer keinen Schiffbruch
fürchten, und keinen Vertrag gebrochen werden, der nicht
an diesem Tage gemacht worden; ja, alles was an diesem Tage angefangen
wird, nehm' ein unglükliches Ende, und die Treue selbst verwandle
an ihm sich in Falschheit und Betrug!
König Philipp.
Beym Himmel, Lady, ihr habt keine Ursache die freudigen Begegnisse
dieses Tages zu verwünschen; hab ich euch nicht meine Majestät
zum Unterpfand gegeben?
Constantia.
Ihr habt mich mit einer nachgemachten Majestät betrogen,
die, sobald sie auf den Probstein gestrichen worden, sich falsch
befunden hat; ihr seyd meineidig, meineidig seyd ihr; ihr kam't
in Waffen, meiner Feinde Blut zu vergiessen, und vermischet und
verstärket es nun mit dem eurigen. Freundschaft und geschminkter
Friede haben den Plaz der kühnen Streitbegierde und des edeln
kriegrischen Zorns genommen, und unsre Unterdrükung ist zum
Sigel dieses Bundes gemacht worden. Waffnet, waffnet euch, ihr
himmlischen Mächte, wider diese meineidigen Könige;
eine Wittwe ruft: Sey mein Gemahl, o Himmel! Laß diesen
Ungöttlichen Tag sich nicht im Frieden schliessen; sondern
sende, eh die Sonne untergegangen seyn wird, bewaffnete Zwietracht
zwischen diese treulosen Könige. Höre mich, o höre
mich!
Oestreich.
Lady Constantia, gebt euch zufrieden.
Constantia.
Krieg, Krieg, keinen Frieden; Frieden ist Krieg für mich.
O Lymoges, o Oestreich! du schändest diesen edeln Raub, womit
du pralest! du Sclave, du Elender, du Memme, du kleiner Hasenritter,
in nichts groß als in Niederträchtigkeit, und nie herzhaft
als wenn du dich hinter die stärkste Parthey verbergen kanst;
du Ritter der Fortuna, der nie ficht, wenn dieses wetterläunische
Fräulein nicht neben dir steht, und dir Bürge für
deine Sicherheit ist; du bist auch meineidig, und schmeichelst
den Grossen. Was für ein Narr bist du, für ein kriechender
Narr, zu pralen und zu stampfen und zu schwören, daß
du meine Parthey halten wollest; du kaltherziger Sclave, hast
du nicht wie ein Donner an meiner Seite gesprochen? Geschworen,
daß du die Waffen für mich führen wollest, und
mich ermahnet, mich deinem Glüke und deiner Stärke anzuvertrauen?
Und nun trittst du auch zu meinen Feinden über? du, eine
Löwen-Haut tragen? herab damit, wenn du noch eine Schaam
in dir hast, und häng' ein Kalbsfell um diese ehrlosen Schultern.
Oestreich.
O daß ein Mann mir das sagte!
Faulconbridge.
Und häng' ein Kalbsfell um diese ehrlosen Schultern.
Oestreich.
Untersteh dich das zu sagen, Schurke, wenn dir dein Leben lieb
ist.
Faulconbridge.
Und häng' ein Kalbsfell um diese treulosen Schultern.
Oestreich.
Mich däucht, Richards Stolz und Richards Fall sollt' eine
Warnung für euch seyn, Herr.
Faulconbridge.
Was für Worte sind das? Wie schwanken meine Sehnen! Meines
Vaters Feind in meines Vaters Raub gehüllt! Wie flüstert
mir Alecto ins Ohr: Zögre nicht, Richard, schlage den nichtswürdigen
Kerl zu Boden, zieh ihm dieses unvergleichliche Ehrenzeichen ab,
das Denkmal des Triumphs deines Vaters über die Wilden -
- Nun bey seiner Seele schwöre ich, bey meines Vaters Seele,
ich will nicht zweymal die Sonne aufgehen sehen, bis ich dieses
Siegeszeichen von deinem Rüken gezogen, und dir das Herz
davor zerschmettert habe, daß du dich unterstanden es zu
tragen.
König Johann.
Höre auf, du mißfällst uns mit solchen Reden,
und vergissest dich selbst.
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