Dritter Aufzug.
Erste Scene.
(Des Französischen Königs Gezelt.)
Constantia, Arthur und Salisbüry, treten auf.
Constantia.
Gegangen, um sich zu vermählen? Um einen Frieden zu schwören?
Treuloses Blut mit treulosem Blut vereinigt! Gegangen, um Freunde
zu seyn? Ludwig soll Blanca haben, und Blanca diese Provinzen?
Es ist nicht so, du hast dich verredet, du hast nicht recht gehört;
es kan nicht seyn, du sagst nur, es sey so; ich bin versichert
daß du nicht die Wahrheit sagst, denn dein Wort ist nur
der eitle Athem eines gemeinen Mannes. Glaube mir, Mann, ich glaube
dir nicht, ich habe den Eid eines Königs für das Gegentheil;
du sollt dafür gestraft werden, daß du mich so erschrekt
hast; denn ich bin krank, und leicht in Furcht zu sezen; mißhandelt
und unterdrükt, und also voller Furcht; eine Wittwe ohne
Mann, ohne Beschüzer, also der Furcht unterworffen; ein Weibsbild,
von Natur zur Furchtsamkeit gebohren; und wenn du izt gleich bekennen
würdest, daß du nur gescherzt habest, so könnte
ich doch meine in Unordnung gebrachten Lebensgeister nicht sogleich
wieder beruhigen, sondern sie werden diesen ganzen Tag zittern
und schaudern. Was soll dieses Kopfschütteln bedeuten? Warum
siehst du meinen Sohn so traurig an? Warum legst du die Hand auf
deine Brust? Warum diese Thränen, die wie ein aufgeschwollner
Bach über ihre Ufer stürzen? Sind diese schwermüthigen
Seufzer Bekräftigungen deiner Worte? So sprich noch einmal,
nicht deine vorige Erzählung, sondern nur diß einzige
Wort, ob deine Erzählung wahr ist oder nicht?
Salisbury.
So wahr als ihr Ursache habt, diejenige für falsch zu halten,
welche schuld an der Wahrheit meiner Aussage sind.
Constantia.
Oh, wenn du mich lehrst diese kummervolle Zeitung zu glauben,
so lehre diese kummervolle Zeitung wie sie mich tödten soll,
damit ihr Glaube und mein Leben so an einander stossen, wie die
Wuth von zween ergrimmten Männern, die in dem Augenblik da
sie auf einander treffen, fallen und sterben. Ludwig vermählt
sich mit Blanca? O Junge, was bist dann du? Frankreich, Freund
von England? Was wird dann aus mir? Geh, Mann, ich kan deinen
Anblik nicht ausstehen diese Zeitung hat dich zu einem abscheulichen
Mann gemacht.
Salisbury.
Was habe ich dann Uebels gethan, gute Lady, als das Uebel anzuzeigen,
das andre gethan haben?
Constantia.
Welches aber an sich selbst so scheußlich ist, daß
es alle die nur davon reden abscheulich macht.
Arthur.
Ich bitte euch, Mutter, gebt euch zufrieden.
Constantia.
Wenn du, der mich zufrieden seyn heißt, häßlich
wärest, ungestalt, und deiner Mutter Leibe schimpflich, voller
Fleken und ekelhafter Finnen, lahm, albern, buklicht, krummbeinicht,
ungeheuer, und mit Kräze und Eiterbeulen überdekt; dann
wollt' ich mich nicht bekümmern, dann wollt' ich mich zufrieden
geben; denn alsdann würd' ich dich nicht lieben, nein, noch
würdest du deiner hohen Geburt werth seyn, und eine Crone
verdienen. Aber du bist schön, und Natur und Glük haben
bey deiner Geburt, du theurer Knabe, sich vereiniget, dich groß
zu machen. Wie die Natur dich begabt hat, kanst du mit Lilien
und halb entfalteten Rosen um den Vorzug streiten. Aber das Glük!
oh sie ist treulos worden, sie ist von dir abgefallen, hält
stündlich mit deinem Oheim zu, und hat mit ihrer goldnen
Hand Frankreich an sich gerissen, und dahin gebracht, die Ehre
der unumschränkten Herrschaft in den Staub zu treten, und
seine Majestät zu ihrer Kupplerin zu machen. Frankreich ist
eine Kupplerin zwischen dem Glük und Johann, dem Glük,
dieser ehrlosen Meze, und diesem räuberischen Johann. Sag
mir, Bursche, ist Frankreich nicht meineidig? Vergift' ihn mit
Worten, oder geh deines Weges, und laß mich allein bey diesen
Kränkungen, die ich allein tragen muß.
Salisbury.
Verzeihet mir, Madam, ich darf nicht ohne euch zu den Königen
zurük kommen.
Constantia.
Du darfst, du sollst, ich will nicht mit dir gehen; ich will meinen
Schmerz lehren stolz zu seyn; denn Schmerz ist stolz, und macht
seinen Besizer eigensinnig. Zu mir, und zu dem Hofstaat meines
grossen Kummers mögen die Könige sich versammeln; denn
mein Kummer ist so groß, daß nichts als die unbewegliche
gigantische Erde ihn unterstüzen kan; hier siz' ich und mein
Schmerz; hier ist mein Thron, sage den Königen, daß
sie kommen und sich vor ihm büken.
(Sie sezt sich auf den Boden.)
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