Vierte Scene.
Verwandelt sich in eine Strasse von London.
Sir John Falstaff* tritt mit einem kleinen Lakayen auf, der
ihm sein Schwerdt und seinen Schild nachträgt.
Falstaff.
Holla, du, Riese! was sagt der Doctor zu meinem Wasser?
Lakay.
Er sagt, Herr, das Wasser an sich selbst sey ein gutes gesundes
Wasser; aber was die Person anlange, von der es komme, die möchte
wohl mehr Krankheiten an sich haben, als sie sich einbilde.
Falstaff.
Alle Arten von Leute bilden sich was drauf ein, auf mich zu sticheln.
Das Hirn dieser närrischen Composition von Erdschollen, die
man Mensch heißt, ist nicht fähig mehr Lächerliches
zu erfinden als ich erfinde, oder wozu ich den Stoff hergebe.
Ich bin nicht nur für mich selbst wizig, sondern auch die
Ursach, daß andre Leute wizig sind. Ich geh hier vor dir
her, wie ein Mutterschwein, das alle seine Jungen, bis auf eins,
aufgefressen hat. Wenn der Prinz eine andre Ursach, warum er dich
in meine Dienste gethan, gehabt hat, als mich lächerlich
zu machen, so weiß ich nicht was rechts und links ist. Du
H**sohn von einem Alraun, du taugtest besser daß ich dich
an meiner Müze trüge, als daß du hinter mir drein
gehen sollst. Ich habe noch nie kein Agtstein-Männchen zum
Diener gehabt bis izt, aber ich will dich weder in Gold noch Silber
einfassen lassen, darauf verlaß dich; in Bley sollst du
mir gefaßt werden, und so will ich dich deinem Herrn wieder
zurük schiken, damit er dich für ein Kleinod tragen
kan. Dieser Juvenal, der Prinz dein Herr, dessen Kinn noch nicht
einmal Gauchfedern hat; es soll mir eher ein Bart in meiner flachen
Hand wachsen, eh er einen im Gesicht kriegen wird; und doch ist
er unverschämt genug, und behauptet, sein Gesicht sey ein
königliches Gesicht. Der Himmel mag es völlig ausmachen
wenn er will, izt ist noch kein Haar daran auszusezen; er kan
es immer als ein königliches Gesicht inne haben, denn ein
Barbier wird sein Lebtag nicht sechs Pfenninge daraus ziehen,
und doch kräht er immer, als ob er schon ein Mann gewesen
sey, wie sein Vater noch ein Junggeselle war. Er mag seine Gnade
für sich selbst sparen, denn die meinige hat er ziemlich
verlohren, das kan ich ihn versichern. Was sagt Herr Dombledon,
wegen des Atlas zu meinem kurzen Mantel und zu meinen Pluder-Hosen?
Lakay.
Er sagt, Herr, ihr müßtet ihm einen bessern Bürgen
stellen als Bardolph; er verlange nicht mit eurer und seiner Handschrift
zu thun zu haben, die Versicherung sey ihm nicht hinlänglich.
Falstaff.
Möcht' er verdammt werden wie der reiche Schlemmer, und seine
Zunge noch heisser seyn! Der H**sohn von einem Ahitophel, der
Schurke, der den Handschlag eines Edelmanns hat, und noch Versicherung
fordert! Die H*ds-f*tische Kahlköpfe tragen heutigs Tags
nichts als hohe Absäze, und ein Gebund Schlüssel an
ihrem Gürtel; und wenn ein Bidermann so höflich ist
und bey ihnen borgen will, so verlangen sie Sicherheit! Es wäre
mir eben so lieb gewesen, wenn er mir das Maul mit Mausgift gestopft
hätte, als mit dieser unverschämten Versicherung, die
er verlangt. Ich erwartete, der Flegel würde mir zween und
zwanzig Stab Atlas schiken, so wahr ich ein rechtschaffner Ritter
bin, und er schikt mir Versicherung. Gut, er mag in Sicherheit
schlaffen, denn er hat das Horn des Ueberflusses.** Seiner Frauen
Galanterie*** scheint daraus hervor, und doch sieht er nichts,
ob er gleich seine Laterne an der Stirne trägt. - - Wo ist
Bardolph?
Lakay.
Er ist nach Schmidtfield gegangen, Eu. Herrlichkeit ein Pferd
zu kauffen.
Falstaff.
Ich kaufte ihn in Paul's, und er kauft mir izt dafür ein
Pferd in Smithfield. Wenn ich izt nur noch ein Weib aus einem
B**l kriegen könnte, so wär' ich bemannt, begault und
beweibt!
* Die Falstaffischen Scenen machen einen grossen Theil dieser
gegenwärtigen Haupt- und Staats-Action aus, ob sie gleich
als blosse Zwischen-Spiele, die dem Pöbel für seine
sechs Pfennige was zu lachen geben sollen, mit dem Stük selbst
keinen nothwendigen Zusammenhang haben. Wir werden fortfahren,
uns damit die nemliche Freyheit zu nehmen, wie in dem vorigen
Stüke; und wir sind destomehr hiezu genöthiget, da der
Humor und das Lächerliche, so darinn herrscht, gröstentheils
in sehr pöbelhaften Schwänken, Zoten, Wortspielen, und
einer ekelhaften Art von falschem und schmuzigem Wiz besteht,
und wir vermuthlich keine Leser von derjenigen Classe haben werden,
zu der die Zuhörer gehörten, die man damit belustigen
wollte.
** Dieser Spaß scheint augenscheinlich von einem Plautinischen
entlehnt zu seyn: Quo ambulas tu, qui Vulcanum in cornu conclusum
geris? Amph. Act. L Sc. 1. Daß Plautus hier eine scherzhafte
Anspielung im Sinne gehabt habe, daran dürfen wir nicht zweifeln,
da die Proverbial-Redensart, Hörner für Hahnreyschaft
zu sagen, sehr alt ist, wie aus einer Stelle des Artemidorus erhellet,
welcher sagt: Proseipein autv oti h gunh sou porneusei,
kai to legomenon, KERATA AUTW POIHSEI - - Oneirocr.
L. II. c. 12.
Warburton.
*** Im Englischen ist hier ein Wortspiel mit dem Wort Lightness,
dessen Doppelsinn schon anderswo bemerkt worden. Weil es sich
im Deutschen nicht ausdrüken läßt, so geht der
ganze Spaß verlohren. Auf schweizerisch, wo Licht und leicht
beydes liecht ausgesprochen wird, gieng es vielleicht an.
|