Fünfte Scene.
Der Lord Ober-Richter und seine Bediente zu den Vorigen.
Wir müssen diese Scene gänzlich weglassen. Der gröste
Spaß darinn besteht in dem Einfall, den Falstaff hat, sich
zu stellen als ob er nicht wohl höre; und in den unverschämten
Antworten die er, auf das Privilegium der Taubheit hin dem Lord
Ober-Richter giebt, der ihn wegen seiner heillosen Lebensart beschilt.
Sechste Scene.
Verwandelt sich in den Palast des Erzbischoffs von York.
Der Erz-Bischoff Hastings, Thomas Mowbray und Lord Bardolph
treten auf.
York.
Ihr habt nun die Beschaffenheit unsrer Sache vernommen, und kennet
unsre Mittel. Entdeket uns izt, meine edlen Freunde, ich bitte
euch alle, entdeket ungescheut, was ihr von unsern Hoffnungen
denket. Was saget ihr dazu, Lord Marschall?
Mowbray.
Ich billige gänzlich die Sache unsrer Waffen, aber ich wünschte
besser überzeugt zu seyn, wie wir mit den Mitteln die wir
haben einer so furchtbaren Macht als des Königs, die Stirne
bieten können.
Hastings.
Unsre dermalige Stärke ist auf fünf und zwanzig tausend
Mann auserlesener Leute angewachsen; und der grosse Northumberland,
dessen Brust von gerechtester Rache glüht, giebt uns die
zuverläßige Hoffnung einer mächtigen Unterstüzung.
Bardolph.
Die Frage, Lord Hastings, ist also diese: Ob wir mit diesen fünf
und zwanzig tausend Mann, die wir haben, ohne Northumberland,
eine Unternehmung wagen können?
Hastings.
Mit ihm können wir's.
Bardolph.
Gut, das ist also der Umstand auf den alles ankommt. Wenn wir
ohne ihn zu schwach sind, so ist meine Meynung, wir sollen uns
nicht zu tief einlassen, bis wir seinen Beystand haben. Bey einem
so blutigen Vorhaben wie das unsrige, können Vermuthungen,
Wünsche, Erwartungen einer ungewissen Unterstüzung,
nicht in die Rechnung gebracht werden.
York.
Diß ist sehr richtig, Lord Bardolph; des jungen Hot-Spurs
Fall zu Schrewsbury giebt uns diese Lection.
Bardolph.
In der That, Milord, was verursachte seinen Fall, als daß
er seine kleine Anzahl durch die Hoffnung versprochner Hülfe
doppelte; daß er sich selbst mit Ausrechnungen einer eingebildeten
Macht täuschte, die in der That kleiner war, als der kleinste
seiner Gedanken; daß er in der Schwärmerey einer erhizten
Einbildungskraft seine Leute zum Tod führte, und taumelnd
in sein Verderben sprang.
Hastings.
Es kan, dem ungeachtet, mit eurer Erlaubniß, nicht schaden,
die Vortheile, auf die man sich mit der grösten Wahrscheinlichkeit
Rechnung machen kan, in den Ueberschlag unsrer Unternehmung zu
bringen.
Bardolph.
Ja, wenn uns die Umstände nicht zu einer augenbliklichen
Entschliessung nöthigten. Eine auf blosse Hoffnung hin würklich
angefangne Sache gleicht den Trag-Knospen eines zu frühzeitigen
Frühlings, von denen man gleichviel Ursache hat zu hoffen,
daß sie Früchte geben, als zu fürchten, daß
Fröste sie verderben werden. Wenn wir bauen wollen, so überlegen
wir zuerst wie wir es angelegt haben wollen; hernach machen wir
den Riß davon, und dann müssen wir nothwendig die Unkosten
der Aufführung berechnen. Finden wir, daß sie unsre
Kräfte übersteigen, was thun wir dann? Wir ziehen unsern
Plan zusammen, wir machen ein kleineres Modell, oder wir geben
den Bau gar auf. Sollten wir bey einem so grossen Werk, als das
Vorhaben ein Königreich niederzureissen, und ein anders aufzurichten,
weniger Vorsichtigkeit gebrauchen? Um wie viel nöthiger ist
es, daß wir eines wolüberlegten Entwurfs einig seyen,
daß wir des Fundaments versichert seyen, worauf wir bauen
wollen; daß wir unsre Mittel überrechnen und genau
erkundigen, wie weit sie zu einem solchen Werke zureichen, und
ob sie die entgegenstehende Schwierigkeiten überwiegen? Denn
sonst bauen wir auf Papier, zählen blosse Namen von Männern
für die Männer selbst, und befinden uns am Ende im Fall
desjenigen der einen Bau angefangen hat, der sein Vermögen
übersteigt, und wenn er's zur Hälfte gebracht hat, genöthigt
ist es ligen zu lassen, und als einen nakten Gegenstand weinender
Wolken, den Stürmen und dem verwüstenden Winter preis
zu geben.
Hastings.
Gesezt auch, unsre Hoffnungen sollten wider allen Anschein in
der Geburt erstiken, und wir hätten nicht einen einzigen
Mann mehr als wir schon haben zu erwarten, so denke ich doch,
wir sind, so wie wir sind, stark genug, uns mit dem König
zu messen.
Bardolph.
Wie? hat er etwann nur fünf und zwanzig tausend Mann?
Hastings.
Gegen uns, nicht mehr; nicht einmal so viel, Lord Bardolph; Er
ist genöthiget, seine Macht in drey Heere zu theilen; eines
gegen die Franzosen, eines gegen Glendower, und ein drittes gegen
uns; diese Theilung muß den König desto schwächer
machen, da sein Schaz erschöpft und seine Kisten leer sind.
York.
Daß er seine verschiedne Schaaren zusammenziehen, und uns
mit gesammter Macht angreiffen sollte, haben wir nicht zu besorgen.
Hastings.
Wenn er das thun wollte, so ließ' er seinen Rüken unbeschüzt,
und er sezte sich in die unvermeidliche Gefahr, von allen Seiten
eingeschlossen zu werden; das ist nimmermehr zu besorgen.
Bardolph.
Wem wird er wohl die Anführung seiner Truppen gegen uns geben?
Hastings.
Dem Herzog von Lancaster und Westmorland; er selbst und Harry
Monmouth ziehen gegen die Welschen, aber wer gegen die Franzosen
commandieren wird, ist noch nicht bekannt.
York.
Wolan dann, laßt uns Hand ans Werk legen, und die Ursachen
bekannt machen, warum wir die Waffen ergreiffen - - Die Gemeinen
sind ihrer eignen Wahl überdrüssig, ihre heißhungrige
Liebe hat sie überfüllt. Der hat eine wankende und unsichre
Wohnung, der auf das Herz des Pöbels baut. O du schwärmerischer
Hauffe! Mit was für einem lauten Zujauchzen, mit welchem
Getümmel von Segnungen schlugst du den Himmel, eh Bolingbroke
war, was du wolltest daß er seyn sollte? Und nun, da er
zugerichtet ist, wie du ihn wünschtest, nun bist du so voll
von ihm, daß du dich selber reizest, ihn wieder von dir
zu geben. So, so entludest du, du gemeiner Gassen-Hund, deinen
gefräßigen Busen des königlichen Richards; und
izt wolltest du gerne wieder essen was du gespien hast, und heulst,
es zu finden. Was für Vertrauen darf man auf die Menschen
sezen! Diejenige, die Richards Tod wollten, da er lebte, sind
nun in sein Grab verliebt; du, der Staub und Auskehricht auf sein
schönes Haupt herab schüttete, als er seufzend hinter
dem bewunderten Bolingbroke durch das stolze London geführt
wurde, schreyst izt: o Erde, gieb uns jenen König wieder,
und nimm diesen! - - [*Verfluchte
Unbeständigkeit der menschlichen
Gedanken! Das Vergangne und Künftige scheint ihnen immer
das beste, das Gegenwärtige immer das schlimmste.
Mowbray.
Sollen wir unsre Leute mustern, und ausrüken?
Hastings.
Wir hangen nun von der Zeit ab, und die Zeit befiehlt uns, zu
gehen.]
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