| Figuren Shakespeares > Der Kaufmann von Venedig Shylock, der jüdische KaufmannDies ist der zweite Teil einer längeren Diskussion zum Charakter 
              Shylocks. Den ersten Teil ergattert man 
              hier. Wer ist Shylock. Welchen Charakter hat er, welche Rolle hat ihm 
              Shakespeare zugeschrieben?  Hallo Robert! Invektiven finde ich in meinem Posting eigentlich nicht – 
              es sei denn, Du empfindest entschiedene Kritik an Deinen Thesen 
              bereits als Beschimpfung. Begriffe wie »Dummkopf« oder 
              »Ignoranz« fehlen jedenfalls, mit denen Du ja sonst 
              sehr schnell bei der Hand bist, wenn jemand Deine Ansichten nicht 
              teilt oder in Zweifel ziehen könnte: Ich erinnere mich z.B., 
              wie Du vor ein paar Monaten Andriz postwendend Ignoranz unterstellt 
              hast, als der erklärt hatte, daß ihn Deine Oxford-Thesen 
              nicht weiter interessieren ... Also sei nicht so zimperlich. Du möchtest, daß ich meine Kritik spezifiziere – 
              Ok, Du hast es gewollt, und ich mache mir die Arbeit. Ich nehme 
              Dein erstes Posting zu diesem Thema und füttere es von Fall 
              zu Fall mit Sätzen aus Deinen späteren aus – sofern 
              ich mich da noch durchfinde. >Sicher, so wird es kolportiert: Shylock will erst ein Pfund 
              von Antonios Fleisch, falls dieser seine Schulden nicht pünktlich 
              zurückzahlen kann, und bei der Gerichtssitzung spezifiziert 
              er dann, wo er dieses Fleisch ausschneiden will: im Herzen. Aber 
              das ist nicht Shakespeares Stück!!  Shylock sagt nicht »im Herzen«, sondern »nearest 
              to his heart« IV,1, 250 - davon abgesehen steht dies aber 
              explizit so in Shakespeares Stück und so steht es explizit 
              auch in den tradierten vorshakespeareanischen Texten, die die Fleischpfand-Geschichte 
              des unbarmherzigen Juden erzählen: z.B. The Ballad of Gernutus:
 And this shall be the forfeiture
 of your owne flesh a pound:
 ...
 A pound of fleh is my desire,
 and that shall be my hyre.
 ...
 For I will have my pound of flesh
 from under his right side
 oder z.B. in Il Pecorone von Ser Giovanni: The Jew replied that he did not want the money [ ... ] but that 
              he would take a pound of flesh. (etc. etc. etc. - jede Menge weiterer 
              Zitate möglich). Diese (und ähnliche) Texte dienten Shakespeare ersichtlich 
              als Quellen seines Stückes – von dieser in vielen Formen 
              tradierten Geschichte hat Shakespeare eine neue Variante geschrieben. 
              Es ist anzunehmen, daß er den spektakulären, gruseligen 
              Kernvorgang – das barbarische Herausschneiden eines Pfundes 
              Fleisch aus einem lebenden Menschen – in seiner Fassung beibehalten 
              hat: ohne das Pfund Fleisch bleibt von der Geschichte und der Figur 
              Shylock nicht viel übrig. So steht es auch auf der Titelseite 
              der Quarto-Ausgabe von 1600:  »The most excellent History of he Merchant of Venice, with 
              the extreme cruelty of Shylock towards the said merchant, in cutting 
              a just pound of his flesh ...«  Selbstverständlich kann Shakespeare von seinen Quellen abgewichen 
              sein und der Sache einen anderen Dreh gegeben haben als seine Vorgänger; 
              aber das muß man dann allerdings nachweisen. Von metaphorischen 
              Vorhäuten des Herzens oder des Phallus steht jedenfalls in 
              keiner seiner Vorlagen noch in seinem ersten Titelblatt etwas – 
              da geht es konkret um 1 Pfund Fleisch. >Diehenige, die bestimmt, daß Shylock das Fleisch von 
              Antonios Herzen nehmen muss, MUSS, Shylock befiehlt, ist Portia. 
              Erst sagt sie, daß das Gericht Shylock das Pfund Fleisch gewährt: 
              "A pound of that same merchant's flesh is thine, The court 
              awards it, and the law doth give it". Und gleich darauf sagt 
              sie ihm, wo er das ausschneiden MUSS: "And you must cut this 
              flesh from off his breast, The law allows it, and the court awards 
              it". Falsch. Es ist eine absolut unzulässige Textverdrehung und 
              Textfehlinterpretation, das MUST Portias als Befehl an Shylock zu 
              interpretieren – so, als wäre es Portias Idee. Portia 
              ist hier aufgefordert, ein Urteil zu sprechen: SHYLOCK: [ ... ] We trifle time, I pray thee pursue sentence. 294 Dies tut sie: PORTIA: A pound of that same merchant's flesh is thine, 295The court awards it, and the law doth give it.
 Portia urteilt nach der klaren Gesetzeslage und gewährt Shylock 
              sein Recht genau nach Schuldschein. Shylock freut sich. SHYLOCK: Most rightful judge! 297 Portia fährt in ihrer Urteilsverkündung GEMÄSS DEM 
              IM SCHULDSCHEIN STEHENDEN VERTRAGSTEXT fort: PORTIA: And you must cut this flesh from off his breast, 298The law allows it, and the court awards it.
 Und diesen Vertragstext finden wir nämlich schon 80 Zeilen 
              zuvor paraphrasiert, ab Z. 221. Da heißt es: PORTIA: I pray you let me look upon the bond. Portia als neuhinzugekommener »Richter« muß zuerst 
              den schriftlichen Schuldvertrag einsehen. Shylock überreicht 
              ihr den Schuldschein sehr eifrig: SHYLOCK: Here 'tis most reverend doctor, here it is. 222 Portia liest nun den Schuldschein und erkennt den Anspruch an: PORTIA: [ ... ] Why this bond is forfeit, 226And lawfully by this the Jew may claim
 A pound of flesh, to be by him cut off
 Nearest the merchant's heart.
 Portia paraphrasiert das, was im Schein festgelegt ist: »Nun, 
              der Schuldschein ist verfallen, und der Jude darf laut diesem [Schiftstück] 
              rechtmäßig ein Pfund Fleisch beanspruchen, von ihm herauszuschneiden 
              nächst dem Herzen des Kaufmanns«: ... FLESH, TO BE BY 
              HIM CUT OFF – es kann keine Rede davon sein, daß dies 
              Portias eigene Idee ist. Eine Bestätigung dafür ergibt sich darüberhinaus 
              aus einer weiteren Stelle, an der nochmals auf den WORTLAUT des 
              Schuldscheins angespielt wird:
 Portia hat Antonio erklärt, daß er sich für den 
              Akt des Herausschneidens fertig machen muß (Z. 240); nun soll 
              es zur Tat gehen, Antonio soll die Brust freimachen:
 PORTIA: Therefore lay bare your bosom. 248 Shylock bestätigt diese Anweisung als genau das, was in seinem 
              Schuldschein steht:
 SHYLOCK Ay, his breast,So says the bond, doth it not noble judge?
 »Nearest his heart«, those are the very words. 250
 »Jawohl, die Brust, so besagt es der Schuldschein, nicht 
              wahr, edler Richter?« sagt Shylock und zitiert IN WÖRTLICHER 
              REDE den Text: » 'Nächst seinem Herzen', das sind exakt 
              die Worte.« Und diesen exakten Wortlaut des SCHULDSCHEINS bestätigt die 
              Richterin Portia mit ihrem: »So ist es ...
 PORTIA: It is so - ... 251 Sowohl Portia als Shylock bestätigen damit wechselseitig den 
              Wortlaut des Schuldscheins. Es kann keine Rede davon sein, daß 
              Portia in irgendeiner Weise den Ort des Schneidens bestimmt oder 
              gar einen eigenen, selbsterfundenen Befehl zum Schneiden gibt. Deine Behauptung:
 >Vorher hat sie schon einmal die Stelle bestimmt: "Nearest 
              his heart", so nah wie möglich am Herzen, ABER NICHT VOM 
              HERZEN. Es ist aber Portia, die dies bestimmt, nicht Shylock!! - diese Deine Behauptung ist somit nachweislich vollkommen falsch 
              und irreführend. Es ist entweder eine absichtliche Fehlinterpretation, 
              oder, wie ich allmählich meine, ein völliges Mißverständnis 
              Deinerseits, was die Grundstruktur dieser Szene angeht. >"And you must cut this flesh from off his breast, The 
              law allows it, and the court awards it" [...] Shylock reagiert 
              eher verdutzt, fragt nach, ob das wirklich in dem Schuldschein stünde, 
              versteht auch nicht, wieso er einen Chirurgen holen soll, um das 
              Blut zu stillen.  Du betreibst hier eine völlig falsche Textzuordnung, bzw. 
              bewußte Textklitterung: Portias angeblicher »Befehl« 
              erfolgt in Z. 298-299; Shylock reagiert darauf keineswegs verdutzt, 
              wie Du behauptest, sondern ist ganz im Gegenteil in Z. 300 begeistert 
              über den Urteilsspruch: PORTIA: And you must cut this flesh from off his breast, 298The law allows it, and the court awards it.
 SHYLOCK: Most learned judge! a sentence, come prepare. 300
 »Höchst gelehrter Richter! [das ist mal] ein Urteil, 
              mach dich bereit« - eine Aufforderung an Antonius, sich bereitzumachen 
              für das jetzt sofort zu vollziehende Herausschneiden aus der 
              Brust.Die angeblich »verdutzte« Nachfrage des Shylock steht 
              in Wahrheit an einer ganz anderen Stelle, nämlich 50 Zeilen 
              zuvor in der Passage 253-258 und ist überhaupt nicht verdutzt, 
              sondern verschlagen:
 PORTIA: Have by some surgeon Shylock on your charge, 253To stop his wounds, lest he do bleed to death.
 SHYLOCK: Is it so nominated in the bond?
 PORTIA: It is not so express'd, but what of that?
 'Twere good you do so much for charity.
 SHYLOCK: I cannot find it, 'tis not in the bond.
 Portia schlägt hier vor, Shylock solle einen Arzt auf eigene 
              Kosten kommen lassen, damit Antonius nach vollzogener Fleischentnahme 
              nicht verblutet. Shylock fragt nach, ob dies im Schuldschein juristisch 
              so festgelegt sei. Portia verneint dies, hält dies aber für 
              unwichtig, da es nur zu Shylocks Bestem sei, wenn er sich so barmherzig 
              zeigen würde. Shylock verweigert daraufhin in seiner Replik 
              Z. 258 die Beiziehung eines Arztes: er liest im Schuldschein nach 
              und kann dort diese Klausel nicht finden. Shylock versteht sehr 
              wohl, warum ein Arzt geholt werden soll. Shylock wird hierdurch 
              als unbarmherziger Mensch gezeichnet, der sich an Formalien hält 
              und der am Überleben seines Opponenten in keiner Weise interessiert 
              ist.Weiter unter erklärst Du dieses »bond« in dieser 
              Zeile plötzlich willkürlich zum »Bund Gottes mit 
              den Juden«. Wie aus dem Kontext der zitierten Textpassage 
              eindeutig hervorgeht, ist diese Deine Behauptung falsch und eine 
              absichtliche Sinnverdrehung des Originaltextes.
 Du reißt Sätze aus ihrem Zusammenhang, kombinierst sie 
              mit anderen, mit denen sie gar nichts zu tun haben, und ziehst aus 
              diesen neuen, von Dir erfundenen Kombinationen Schlüsse: so 
              hart es klingen mag – Du verwendest die Methode der Textmanipulation, 
              um Deine Theorien zu belegen. Das ist unseriös. Daß so 
              etwas unzulässig ist, lernt man im ersten Semester im Grundkurs 
              »Literaturwissenschaftliches Arbeiten«.  >Noch später wiederholt Portia das, was ausdrücklich 
              im Schuldschein steht: "The words expressly are "a pound 
              of flesh". Wohlgemerkt, den letzten Satz spricht sie, nachdem 
              sie vorher die Stelle bestimmt hat und nachdem sie gesagt hat, dass 
              Shylock dort schneiden MUSS.  Das hatten wir schon weiter oben – Portia hat zuvor die Stelle 
              NICHT bestimmt und hat Shylock NICHT befohlen, daß er dort 
              schneiden MUSS, sondern sie hat sich schlicht und einfach juristisch 
              auf den exakten Wortlaut des Schuldscheins berufen. Deine Darstellung 
              des Textes manipuliert den Sinn. >Nicht im Herz, sondern so nah wie möglich dem Herzen, 
              das heißt, so steht es in der Bibel: die Vorhaut des Herzens 
              oder : die Beschneidung des Herzens. Was im metaphorischen Sinne 
              heißt: Demut, Offenheit, Unverstocktheit. Und in der Bibel 
              oder der Thora oft genug gepaart wird mit der anderen Beschneidung, 
              der Beschneidung des Phallos oder, wie es immer genannt wird, Beschneidung 
              des Fleisches, oder: Entfernung der Vorhaut des Fleisches. Es ist ABSOLUT UNERFINDLICH, wieso die Formulierung »nearest 
              to the heart« d.h. schlicht und einfach »nächst 
              dem Herzen« in irgendeiner Weise mit der »Vorhaut des 
              Herzens« oder der »Beschneidung des Herzens« im 
              Zusammenhang stehen soll, wie es z.B. in Deuteronomium 10,16 erwähnt 
              wird:»Ihr sollt die Vorhaut eures Herzens beschneiden und nicht 
              länger halsstarrig sein«. Die Starrsinnigkeit des erwählten 
              Volkes wird dort getadelt, das am Bund mit Jahwe versagt.
 Was um Gottes willen hat das jetzt mit dem vorliegenden Text zu 
              tun? was hat das hier verhandelte Herausschneiden eines Pfundes 
              Fleisch aus dem Körper des Antonius mit der jüdisch-rituellen 
              Beschneidung des Phallus zu tun? Wo ist im Text in irgendeiner Form 
              auch nur ein einziges Mal von »Beschneidung« die Rede? 
              Wo gibt es im Text irgendeinen Hinweis, daß metaphorisch die 
              jüdische »Beschneidung des Herzens« oder eine »Vorhaut 
              des Herzens« gemeint ist? Woraus entnimmst Du die Grundlage 
              Deiner Behauptung, daß es sich hier um Metaphorisches handelt 
              statt um ein konkretes Stück Menschenfleisch, wie es im Text 
              benannt wird, wie es auf der Titelseite der Quarto als besonderer 
              Horror-Appeal benannt ist, wie es in allen Varianten dieser alten 
              Fabel vom Fleischpfand benannt wird?  Du verwechselst grundsätzlich die konkrete Fakten-Arbeit an 
              einem Text mit der Methode des freien, willkürlichen und beliebigen 
              Assoziierens: »Nicht im Herz, sondern so nah wie möglich 
              dem Herzen, das heißt, so steht es in der Bibel: die Vorhaut 
              des Herzens oder : die Beschneidung des Herzens. « Das ist 
              eine Kette rein assoziativer Zuordnungen, »nah am Herzen« 
              -> »Bibel« -> »Vorhaut des Herzens« 
              - aber das ist keine Begründung, keine Beweisführung, 
              keine kausale Ableitung oder logische Verknüpfung. Wenn Dir 
              der Text so, wie er dasteht, nicht paßt, erfindest Du eben 
              einfach assoziativ wilde Zusammenhänge quer durch den kulturellen 
              Kuriositätenladen. Dieses Spiel kann man endlos betreiben – 
              es ist aber sinnlos, weil beliebig. In der Bibel steht viel. Was 
              hat »Demut, Offenheit, Unverstocktheit« mit dem hier 
              verhandelten konkreten juristischen Gefecht um einen dubiosen Schuldschein 
              zu tun? Natürlich kann man mit deiner Methode auch hier wieder 
              irgendeinen Nexus herbeifabulieren, nur hat all das mit Shakespeares 
              Text schon lange nichts mehr zu tun. >Ganz im Sinne von Paulus in Römer und Korinther unterstellt 
              Portia dem Shylock, dass er auch die Beschneidung des Herzens nur 
              nach dem Buchstaben, nicht in übertragenem Sinn versteht.  Was immer Du auch mit dem Sinn von Paulus in Römer und Korinther 
              in diesem Zusammenhang meinen magst (Du meinst vermutlich Römer 
              I,2,25 ff und 1 Kor. 7,19 ff, z.B.: »Es kommt nicht darauf 
              an, beschnitten oder unbeschnitten zu sein, sondern darauf die Gebote 
              Gottes zu halten« - was immer das hier für einen Sinn 
              haben soll ) - von der »Beschneidung des Herzens« ist 
              nirgendwo im Shakespeare -Text die Rede; also kann Portia dem Shylock 
              auch kein wie auch immer geartetes Veständnis derselben unterstellen, 
              weder nach dem Buchstaben noch im übertragenen Sinn. Im Text 
              wird vom Herausschneiden eines Pfundes Fleisch geredet. Es handelt 
              sich bei Deiner Argumentation nicht um objektivierbare Textexegese, 
              sondern einfach um Deine private assoziative Erfindung. Also sind 
              alle Deine sich aus diesen falschen Prämissen ableitenden Schlußfolgerungen 
              unsinnig. >Was sich als falsch erweist. Weil er als gesetzestreuer Jude 
              die Beschneidung des Herzens eben nicht buchstäblich, sondern 
              nur metaphorisch versteht, versteht er Portia nicht mehr.  Weil es nirgendwo um die metaphorische »Beschneidung des 
              Herzens« geht, sonder um das Herausschneiden von 1 Pfund Fleisch 
              wie beim Metzger, versteht er sie weder metaphorisch noch buchstäblich 
              noch sonstwie: er will einfach ein Pfund Fleisch aus Antonios Körper 
              herausschneiden. Das steht im Text. Punkt. Alles andere ist Phantasie. 
             >Weil er was ganz anderes im Sinne hat, fragt er, ob das wirklich 
              im Schuldschein, im "bond" steht (Shakespeare treibt hier 
              sein Wortspiel mit "Covenant", "Bund Gottes mit den 
              Juden", und "bond", "Schuldschein" (beide 
              Begriffe "Covenant" und "bond" sind ja verwandt). Das Wort »"Covenant", "Bund Gottes mit den 
              Juden" kommt in MoV nicht vor. Das Wort »bond« 
              kommt dafür im OED niemals als »Bund Gottes mit den Juden« 
              vor. Wie Du darauf kommst, daß hier ein Wortspiel getrieben 
              wird, weiß ich nicht. Wie Du das belegen willst, weiß 
              ich schon gar nicht. Das Wort »bond« ist durchweg geradezu 
              obsessiv besetzt als »Schuldschein«.  >Es gibt nun eine zweite Form der Beschneidung, eine eher symbolische. 
              Sie wird dann durchgeführt, wenn eine männliche Person 
              zum Judentum übertritt, die entweder ohne Vorhaut zur Welt 
              gekommen oder schon beschnitten worden ist. Sie besteht in einem 
              kleinen Schnitt, so daß einige wenige Tropfen Blut fließen. 
              Das ist es, was Shylock wirklich will: Antonio zum zweitenmal beschneiden, 
              indem einige Tropfen Blut fließen. Diese Beschneidung gibt es natürlich im jüdischen Ritus 
              für Konvertiten – aber wo, um Himmels willen, steht, 
              daß sie hier in diesem Zusammenhang das Thema ist? »Das 
              ist es, was Shylock wirklich will: Antonio zum zweitenmal beschneiden« 
              - toll. Wo in Shakespeares Text steht das? Woher weißt Du 
              das? Wo wird das erwähnt? Womit kannst Du diese Behauptung 
              belegen? Irgendwo muß es ja stehen, oder woher hast Du sonst 
              diese Einsicht in Shylocks Motivation? - Behaupten kann man alles. 
              Es steht nirgends. Es handelt sich um frei erfundenes Phantasieren 
              und ist deshalb absolut indiskutabel. > Deshalb versteht er auch nicht, warum er einen Chirurgen holen 
              soll, fragt er nach, ob das denn so im "bond", hier : 
              im jüdischen Gesetz, stünde. Steht da natürlich nicht. Falsch verstanden und massiv textfälschend. »Bond« 
              heißt an dieser Stelle, wie oben dargelegt, eindeutig NICHT 
              »jüdisches Gesetz«, das ist eine willkürliche 
              Behauptung: Shylock sieht vielmehr im konkreten Schuldschein nach, 
              siehe IV,1, Z. 258: SHYLOCK: I cannot find it, 'tis not in the bond. - »Ich kann's nicht finden, es steht nicht im Schuldschein« 
              - oder meinst Du, daß er hier vielleicht konkret in der Thora 
              nachschlägt? > Und weil nach Shylocks Verständnis ebenjene buchstäbliche 
              Deutung der Beschneidung des Herzens, der Entfernung der Vorhaut 
              des Herzens nicht möglich ist, muss Portia davon ablassen, 
              zu dem Pfund Fleisch zurückkehren (der physischen Beschneidung) 
              und Shylock verbieten, auch nur einige Tropfen Blut von Antonio 
              (genauer von dessen Penis) zu nehmen. Grotesk. ( Was, bitte, soll man sich unter der buchstäblichen 
              »Entfernung der Vorhaut des Herzens« vorstellen???) 
              Portia »verbietet« Shylock überhaupt nicht, einige 
              Tropfen Blut von Antonio oder meinetwegen seinem Penis zu entnehmen; 
              sie erinnert ihn nur massiv an das venezianische Gesetz, nach dem 
              Hab und Gut desjenigen vom Staat Venedig konfisziert werden können, 
              der einen Topfen Christenblut vergießt: PORTIA: Take then thy bond, take thou thy pound of flesh,But in the cutting it, if thou dost shed
 One drop of Christian blood, thy lands and goods
 Are (by the laws of Venice) confiscate
 Unto the state of Venice. (IV,1,304-308)
 Und damit macht sie es Shylock natürlich unmöglich, sein 
              Pfund Fleisch aus Antonio herauszuschneiden – blutlose Operationen 
              gibt es nicht. Also wäre Shylock, wenn er es doch täte, 
              sofort ruiniert. Darauf beruht doch der Trick der gesamten Portia-als-Richter-Handlung! 
              Ich komme immer mehr auf den Verdacht, daß Du die dramatische 
              Struktur der Gerichtsszene einfach nicht verstehst. > Dass Antonio beschnitten ist, dies teilt uns Shakespeare ja 
              mit (Salerio, III.2 - ich gebe die Stelle auf Bitte genau an, weil 
              ich mich fürs erste kurz fassen möchte), [Robert, ich 
              füge die entsprechende PAssage aus Deinem späteren Posting 
              ein] >Dass Antonio beschnitten ist, erfahren wir nun unmissverständlich 
              in III.2 (238-241): Graziano: How doth that royal merchant good 
              Antonio?/ I know he will be glad of our success,/ We are the Jasons, 
              we have won the fleece. Salerio: I would you had won the fleece 
              that he hath lost". >Graziano, immer für eine zotige Anspielung gut, hat sich 
              ja gerade mit Nerissa verlobt, Bassanio mit Portia, Lorenzo mit 
              Jessica. Die drei Herren sind die Jasons, die das Goldene Vlies, 
              das Jungfernhäutchen gewonnen hat. Salerio meint: Graziano 
              hätte besser das Vlies gewonnen, das Antonio verloren hat. 
              Was soll das denn anders sein als der Vorhaut.
 Natürlich, die Vorhaut, was denn wohl sonst. Du behauptest 
              also, Antonio hätte seine Vorhaut verloren, und Graziano hätte 
              diese gewinnen sollen – oder wie darf man das verstehen? Was 
              soll bitte Graziano mit der verlorenen Vorhaut des Antonio anfangen? 
              Warum soll Gratiano überhaupt eine Vorhaut gewinnen?Irgendwann wird man ganz nervös, wenn man versucht, Deine Gedankengänge 
              nachzuvollziehen. Es ist schlichter Unfug.
 Aber sachlich: Du behauptest, »fleece« hieße 
              hier 1. Jungfernhäutchen, 2. Vorhaut. Woher Du dieses Wissen 
              hast, gibst Du nicht an. Das OED, das fundamentale Wörterbuch 
              der englischen Sprache, verzeichnet zu keiner Epoche eine der beiden 
              Bedeutungen; ebensowenig das Standardwerk über Shakespeares 
              obszönen Wortschatz, das eigentlich keine Zote ausläßt: 
              »Shakespeare's Bawdy« von Partridge schweigt sich ebenfalls 
              über Jungfernhäutchen/Vorhaut aus. Ebenso alle weiteren 
              Slang-Lexika neuerer und älterer Zeit, die mir in einer Uni-Bibliothek 
              zur Verfügung stehen. Ich erlaube mir daher, Deine Behauptung, 
              daß »fleece« hier »Vorhaut« heißen 
              soll, als freie Erfindung ins Reich der Fablen und Märchen 
              zu verweisen. Damit bricht Deine ganze folgende Argumentation in 
              sich zusammen. Es ist wiedermal die Methode des freien Assoziierens ins Blaue 
              ohne jede sachliche Grundlage, aber mit ungeheurem interpretatorischem 
              Anspruch: Du baust nämlich darauf die schwerwiegende These 
              auf, daß wir hier »unmißverständlich erfahren, 
              daß Antonio beschnitten ist«, und >dass Antonio ein Marrane ist, ein aus Spanien und Portugal 
              nach Venedig gekommener,zum Christentum konvertierter Jude, das 
              drückt Shakespeare nicht nur durch die Namen aus, sondern auch 
              durch die Orte von Antonios Unternehmungen. Die Namen suggerieren, 
              dass nicht nur Antonio, sondern Marranen auch sind: Bassanio, Graziano, 
              Salerio, Solanio und Portia selbst.  Es ist schade, daß Shakespeare vergessen hat, diese sowohl 
              für den Plot wie für die Charaktere wie für die Zuschauer 
              doch nicht ganz unwichtige Information in den Text zu schreiben, 
              sondern sie nur für Eingeweihte in geheimnisvollen Namensgebungen 
              versteckt hat: Schließlich entwickelst Du daraus ganze Interpretationsgebäude 
              über die Differenzen zwischen aschkenazischen und sephardischen 
              Juden in Gestalt von Shylock und Antonio und Marranen überhaupt, 
              etc. etc. etc. - offenbar handelt es sich Deiner Ansicht nach also 
              doch eher um eine innerjüdische Thematik als um die Situation 
              eines Juden in christlicher Welt und die Konfrontation zwischen 
              rachsüchtigem Altem und barmherzigen Neuem Testament, wie man 
              beim Lesen des Textes eigentlich meinen sollte - da sollte man doch 
              annehmen, daß Shakespeare seinen Zuschauern wenigstens ab 
              und zu ein kleinbißchen Einblick in das gewähren würde, 
              um was es in diesem Stück Deiner Ansicht nach wohl eigentlich 
              wirklich geht: nämlich um Marranen und ihre tiefenpsychologischen 
              Probleme als Konvertiten in Vendig nach ihren Vertreibungen aus 
              Spanien, oder?  Ein Stück, daß aus diesen marranischen Gründen 
              niemals in England sondern nur in Venedig spielen konnte, wie Du 
              irgendwo schreibst, muß für Shakespeares englisches Publikum 
              ja von überwältigender Brisanz gewesen sein. (Ich kann 
              das jetzt nicht mehr im Einzelnen aus Deinen verstreuten Postings 
              zusammentragen – diese uferlose Beliebigkeit geht mir langsam 
              auf den Geist. Du wirst schon wissen, wo Du es geschrieben hast.) Shylocks sagt in I,3,37 über Antonio:»I hate him for 
              he is a Christian« - »Ich hasse ihn, denn er ist ein 
              Christ.« Er sagt NICHT: »Ich hasse ihn, weil er ein 
              zum Christentum konvertierter abtrünniger Jude ist«. 
              Von Marranen steht im ganzen Shakespeare-Text kein einziges Wort. 
              Deine Behauptung gründet auf der beschnittenen und verlorenen 
              Vorhaut des Antonio, die Du leider nicht belegen kannst, und auf 
              einer Analyse von Namen, die alles und nichts besagt – vor 
              allen Dingen nicht, daß Shakespeare vom »jüdischen« 
              Charakter der Namen wußte und sie aus diesen Gründen 
              gewählt hat.  Bei den Namen »Salerio« und »Solanio« z.B. 
              handelt es sich um editorische Rekonstruktionen der konfusen Angaben 
              aus den frühen Drucken , wo Sol., Sal., Sola. oder Sala. als 
              Personenbezeichnung aufgeführt werden, während in den 
              Regieanweisungen unmethodisch »Salarino«, »Solanio«, 
              »Salerino« und »Salerio« auftauchen. Bei 
              dieser konfusen Textlage verbietet es sich von selbst, aus den Namen 
              (wieviele sind es denn eigentlich?) weitreichende Schlußfolgerungen 
              zu ziehen. Portia in Beziehung zum lateinischen »porcius« 
              = Schwein zu setzen und somit Portia zur »Schweinin« 
              und Marranin zu machen – bitte, warum nicht, ich schlage z. 
              B. noch assoziativ »porzana« vor, klingt auch so ähnlich 
              und heißt ital. »Sumpfhühner«. Wird schon 
              einen tiefen Sinn haben. Deine Behauptung, daß es sich aufgrund vager Namensursprünge 
              bei diesen im Text explizit als »christlich« konnotierten 
              Figuren um zwangskatholisierte und entsprechend beschnittene »marranische« 
              Juden handelt, die bekanntlich entweder noch heimliches Judentum 
              praktizierten oder gar keinen Glauben mehr hatten, ist nicht zu 
              belegen, und ist wegen der eklatanten christlich-jüdisch-neu-alttestamentarischen 
              Auseinandersetzung, die den ganzen Text Shakespeares durchwebt, 
              abwegig. >Beschneidet Shylock Antonio, so würde dies damals in Venedig 
              als Rückfall in das Judentum gewertet und bedeutete für 
              Antonio Verbannung (es gab solche Prozesse, wo festgestellt wurde, 
              ob jemand erst vor kurzem beschnitten worden war).  Verzeihung: - wenn also der von der venezianischen Gesellschaft 
              hochgeachtete Antonio aufgrund von Shylocks dubiosem Schuldschein 
              gerichtlich zwangsbeschnitten würde, dann würden die venezianischen 
              Behörden diese juristisch verfügte Zwangsbeschneidung 
              als Rückfall des christianisierten Antonio ins Judentum werten, 
              das Erzwungene der Beschneidung vergessen und ihn aus Venedig verbannen? 
              - Nichts davon steht im Text. Gott sei Dank. >Antonios Verbannung ist es, was Shylock will. Dies sagt er 
              auch zweimal sehr deutlich (III.1 zum Schluß, in IV.1, der 
              Gerichtsszene, als er sagt, ob jemand nicht das Recht habe, soundsoviel 
              Dukaten zu geben, um eine Ratte aus seinem Haus zu verscheuchen). 
             Falsch. III,1, 117: »I will have the heart of him if he forfeit, 
              for were he out of Venice I can make what merchandise I will«. 
              Angesichts der Tatsache, daß Shylock »sein Herz haben 
              will«, was ohne Tötung wohl schwer möglich ist, 
              ist »out of Venice« kaum mit Antonios Auswanderung gleichzusetzen, 
              sondern nimmt den Sinn: »nicht mehr in Venedig vorhanden sein« 
              an. IV,1,44-47: Fehler im lexikalischen Sprachverständnis. Er 
              sagt nicht »bann'd« = »verscheuchen«, wie 
              Deine Interpretation fälschlich behauptet, sondern er sagt 
              »ban'd« = »vergiften lassen«. Shylock redet 
              keineswegs von Verbannung, sondern ganz im Gegenteil explizit von 
              Tötung. Deine Argumentation ist in beiden Fällen faktisch 
              falsch. >Dass er Antonio das Herz ausreissen wollte, ist eine Fabel, 
              die zwar oft genug wiederholt wird, für die uns Shakespeare 
              keine Grundlage bietet. Ist letztlich doch Gerede. Im Gegenteil. Shylock will dezidiert Antonio 1 Pfund Fleisch aus 
              dem Körper reißen.SHYLOCK: ... an equal pound
 Of your fair flesh, to be cut off and taken
 In what part of your body pleaseth me. (I,3,145-147)
 Es ist textlich nachweisbar KEIN GEREDE. Shakespeare liefert eine 
              konkrete textliche Aussage über das Herausschneiden von Fleisch 
              aus dem Körper – und nichts von wegen metaphorischer 
              Beschneidung des Herzens. >Warum denn auch fängt Shylock gleich an, die drei Patriarchen 
              Abraham, Isaak und Jakob zu beschwören, wenn er Antonio nicht 
              für einen abtrünnigen Juden hält?  Wieso soll sich ein gläubiger Jude nur dann auf seine alttestamentarischen 
              Urväter beziehen können, wenn er vor einem weiteren Juden 
              steht? Es sind dies schließlich auch die Urväter der 
              christlichen Religion! Braucht ein gläubiger Jude einen besonderen 
              Grund, sich auf die Urväter seiner Religion zu beziehen? Soll 
              er sich argumentativ vielleicht auf den Jesusknaben beziehen, wenn 
              sein spezifisch »jüdisches« Thema des Geldverleihens 
              angesagt ist? >Wann werden denn die drei Patriarchen und den Bund im AT beschworen? 
              Fast immer dann, wenn Israel abtrünnig geworden ist? Ja und? weil »fast immer« die drei Patriarchen dann 
              beschworen werden, wenn Israel abtrünnig geworden ist, schließt 
              Du, daß es sich bei Antonio um einen abtrünnigen Juden 
              handeln muß, weil Shylock hier die drei Patriarchen erwähnt?
 >Solche Beschwörungen hätten gegenüber einem 
              geborenen Christen wenig Sinn. Und Shylock treibt Antonio mit solchen 
              Insinuationen zur äußersten Gereiztheit.  Ich lasse das jetzt.  >Was Shylock in I.3 zu Antonio sagt, könnte man etwas salopp 
              so ausdrücken: Was stört dieser Antonio meine Geschäfte 
              dauernd und warum nimmt er mich als Ziel seiner neuchristlichen 
              Überkompensierungen; wenn ich ihn doch ein zweites Mal beschneiden 
              könnte, ja, dann muss er in der doppelten Bedeutung des Wortes 
              vor Gericht die Hosen herunterlassen, ich beschneide ihn und damit 
              kehrt er zurück zum Judentum und fliegt aus Venedig heraus, 
              fort von seinem Herzstück Bassanio.  Das hatten wir nun schon mehrmals: wo steht, daß Shylock 
              Antonio »beschneiden« will? Deine Gedankenkette: ich, 
              Shylock, beschneide Antonio zum zweiten Mal, woraus folgt, daß 
              Antonio wieder vom christlichen Konvertiten zum Juden wird, woraus 
              folgt, daß er aus Venedig ausgewiesen wird, was genau das 
              ist, was ich, Shylock, von Anfang an wollte – entschuldige: 
              da davon kein Wort in Shakespeares Text steht, erlaube ich mir, 
              mich aus diesen willkürlichen Spekulationen auszuklinken. >Das sagt er zu Tubal in III.1: ins Herz will er ihn treffen. 
              Verzeihung - in III,1,116 sagt Shylock eigentlich: » ... - 
              I will have the heart of him if he forfeit«. »Ich will 
              sein Herz haben« ... - und das meint er nun gar nicht metaphorisch.
 >Er nennt das "merry bond". Aus seiner Sicht hat er 
              recht. Aus Antonios Sicht ist es ein sehr übler Streich.  Er nennt es nicht »merry bond« sondern »merry 
              sport«: »zum Spaß« will er diesen Schuldschein 
              abschließen; und er sagt das nicht in III,1, sondern in I,3, 
              als er Antonio den neckischen Vorschlag mit diesem seltsamen Schuldschein 
              macht. Und von einem geplanten Mord als einem ȟblen 
              Streich« zu reden, ist ein bißchen kühn. Aber Du 
              meinst ja, Shylock will ihn nur ein bißchen beschneiden. >Portia trickst. Sie bringt die kriminelle Dimension selbst 
              ein.  Natürlich trickst Portia – aber welche »kriminelle 
              Dimension« bringt sie bitteschön ein? Sie interpretiert 
              den Schuldschein und das venezianische Gesetz lediglich so buchstäblich, 
              wie Shylock es ihr vormacht. Wahrscheinlich willst Du wieder darauf 
              hinaus, daß sie Shylock BEFIEHLT, das Herz herauszuschneiden 
              – diese abstruse Fehlinterpretation hatten wir aber schon 
              weiter oben erledigt. Du behauptest schlichtweg das Gegenteil dessen, was im Text steht: 
              Portia bringt weiß Gott keine »kriminelle Dimension« 
              ein, sondern schafft es, mit juristischer Haarspalterei den gnadenlosen 
              Juden Shylock, der keine christliche Barmherzigkeit zu üben 
              bereit ist, auszumanövrieren: sie vollzieht damit einen ethisch 
              POSITIVEN Akt, indem sie Antonio rettet, und keineswegs einen »kriminellen«. 
              (Ob man diese christlich-moralische Wertung, die das Stück 
              trifft, als heutiger Rezipient nachvollziehen mag, steht auf einem 
              anderen Blatt).  >Eine Ermordung Antonios hat Shylock nie geplant. Auch nicht 
              ein Pfund seines Herzens zu nehmen.  Es ist öde, wenn man sich wiederholen muß; in III,1,116 
              sagt Shylock: » ... - I will have the heart of him if he forfeit«. 
              Natürlich will er keine »Ermordung« - er will ja 
              nur sein Pfund Fleisch, das ihm laut Schuldschein zusteht; für 
              die Folgen dieser juristisch legalen Fleischentnahme sieht er sich 
              als nicht zuständig. >Das Pfund Fleisch und die Tropfen Blut sind Metaphern für 
              Beschneidung. Leider enthältst Du uns den textlichen Nachweis vor, daß 
              es sich hier um Metaphern statt um Konkretes handelt. In IV,1, 251 
              – 252 heißt es nämlich:PORTIA: ... are there balances here to weigh
 The flesh?
 SHYLOCK: I have them ready.
 Es würde mich interessieren, warum man konkrete Waagen braucht, 
              um 1 Pfund metaphorisches Fleisch zu wiegen. Deine aus der Luft gegriffene Beschneidungs-These ist absolut nicht 
              haltbar: Es geht ganz konkret um 1 Pfund Fleisch, das abzuwiegen 
              ist, und Shylock hat die Waage auch ganz konkret mitgebracht – 
              sicher nicht, um ein paar Tropfen Blut aus dem neubeschnittenen 
              Penis des Antonio zu wiegen.
 >Anderswo ist dies noch detaillierter dargelegt.»Noch« detaillierter? mein Gott im Himmel!!!!
 Eben will ich diesen Endlos-Text beenden, da finde ich Dein Posting 
              mit folgendem Satz: >Erkläre mir: warum sollte Shylock einmal so nahe wie möglich 
              am Herzen schneiden und darf dabei Blut vergießen, warum ist 
              dann später wiederum vom Pfund Fleisch die Rede und darf er 
              keinen einzigen Tropfen Blut verschütten? Robert, das erkläre ich Dir doch wirklich sehr gerne. Ich 
              hatte schon die ganze Zeit den dumpfen Verdacht, daß Du die 
              gesamte dramatisch-theatralische Struktur der Gerichtsszene schlicht 
              nicht verstanden hast – so unbegreiflich mir ein solches Nicht-Verstehen 
              ist. Die szenische Struktur ist absolut simpel und wird in Varianten 
              jeden Tag in jeder L.A.-Law-Folge durchgespielt. Deine Empörung 
              über die literaturwissenschaftlichen »Herrn«, die 
              den von Dir diagnostizierten angeblichen Widerspruch nicht zur Kenntnis 
              nehmen, ist ein Witz: da gibt es keinen Widerspruch im Text, über 
              den jemand von Bloom bis sonstwem zu reden hätte – es 
              gibt da nur Dein atemberaubendes Nicht-Verständnis simpelster 
              dramaturgischer Geschichten. Also, zum Letzten: >warum sollte Shylock einmal so nahe wie möglich am Herzen 
              schneiden und darf dabei Blut vergießen Falsche Schlußfolgerung: von »sollen« kann überhaupt 
              keine Rede sein - Shylock »sollte« nicht so nah am Herzen 
              schneiden, wie Du fehlinterpretierend behauptest, das hat ihm niemand 
              aufgedrückt!!!! Das MUST ist der Text des Schuldscheins, also 
              Shylocks eigener Text und nicht der von Portia, wie Du irrigerweise 
              behauptest; das ganze ist weiter oben ausführlich bis zum Überdruß 
              dargelegt: »flesh to be by you cut off« - vielleicht 
              hat Dich die englische Syntax hier ins Schleudern gebracht – 
              es handelt sich um eine nicht so ganz geläufige Gerundiv-Konstruktion 
              als passivisches Verbaladjektiv: »ein von Dir herauszuschneidendes 
              Fleisch« oder umformuliert: »FLEISCH, DAS VON DIR HERAUSGESCHNITTEN 
              WERDEN MUSS«. MUSS – aber nicht, weil Portia es will, 
              sondern weil der Schuldschein dies so vorgibt!!!! Grammatik hilft 
              manchmal ungemein. >und darf dabei Blut vergießen. Daß er dabei Blut vergießen darf, steht nirgendwo, 
              das behauptest Du einfach so. > warum ist dann später wiederum vom Pfund Fleisch die 
              Rede und darf er keinen einzigen Tropfen Blut verschütten? Es ist wirklich ganz einfach. Portia tritt als Richter an mit der 
              Absicht, Antonio vor dem mörderischen Schuldschein des Juden 
              zu retten. Der Schuldschein besagt, daß Shylock bei Fälligkeit 
              und Nicht-Zahlung 1 Pfund Fleisch nächst dem Herzen des Antonio 
              herausschneiden darf – d.h., er darf ihn dem Tode überantworten. 
              Der Schuldschein ist juristisch nicht anzweifelbar. Also muß 
              Portia tricksen, um Antonio zu retten. Der springende Punkt ist 
              die Buchstäblichkeit, auf der Shylock beharrt: mit dieser Buchstäblichkeit 
              manövriert Portia Shylock ins Aus.  Ihre Strategie: 1. Sie bestätigt zuerst Punkt für Punkt die Klauseln des 
              Schuldscheins als legal: ein Pfund Antonio-Fleisch gehört dem 
              Juden; nächst dem Herzen; dieses Pfund ist LAUT SCHULDSCHEIN 
              von Shylock selbst herauszuschneiden (Gerundiv!!!). DAS IST WICHTIG!!!! 
              - nur dadurch kann sie Shylock austricksen. Portia bestätigt 
              fortwährend Shylock im Glauben, sein Pfund Fleisch legal bekommen 
              zu können. Shylock hat recht, sein Schuldschein ist gültig, 
              entscheidet Richter Portia.
 2. Als Shylock nun das Messer zückt, um seine barbarische 
              Rache auszuüben, kommt Portia ihm mit Phase 2 ihres Planes: 
              »Schneide ihm ruhig das 1 Pfund aus dem Leib, das ist Dein 
              gutes Recht und ist völlig legal und gesetzeskonform. Ich darf 
              Dich nur nebenbei darauf aufmerksam machen, daß in Deinem 
              Schuldschein nur von 1 Pfund FLEISCH die Rede ist; nimm es Dir ruhig; 
              aber laut venezianischem Gesetz führt das Vergießen von 
              einem einzigen Tropfen Christenblut zur sofortigen Konfiszierung 
              des Hab und Guts des Täters. Schneid Dir Dein Pfund Fleisch 
              also ruhig raus, na los, aber für den Fall, daß dabei 
              nur 1 Tropfen Blut fließt, bist Du leider dran und Dein Vermögen 
              fällt an den venezianischen Staat. So, nun schneid mal schön.« 
             1 Pfund Fleisch aus einem lebenden menschlichen Körper zu 
              schneiden, ist selbstverständlich ohne Blutvergießen 
              nicht möglich. Damit ist Shylock ausmanövriert, denn wenn 
              er trotzdem schneiden würde, wäre er in diesem Augenblick 
              ein armer Mann. »Is that the law?« (Z. 309) kann er 
              nur noch sagen. Und Portia setzt noch eins drauf (Z. 320 ff): »Also 
              los, los, los, nun schneid Dir endlich dein rechtmäßiges 
              Pfund heraus, aber wehe, Du vergießt dabei 1 Tropfen Blut, 
              dann kannst Du betteln gehen – solange Du noch kannst, denn 
              ich muß Dir leider darüberhinaus mitteilen, daß 
              Du nur Anrecht auf EXAKT 1 Pfund Fleisch hast. Schneidest Du 1 Gramm 
              mehr heraus, oder schneidest Du 1 Gramm weniger heraus, hast Du 
              Pech gehabt, denn für diesen Fall bist zum Tode verurteilt. 
              So, nun setzt mal schön Dein Messer an.« Da es ersichtlich einigermaßen schwierig ist, exakt 1 Pfund 
              Fleisch aus einem menschlichen Körper zu schneiden (wie einem 
              jeden Tag beim Metzger deutlich wird, wenn man genau 1 Pfund Schweinebraten 
              am Stück verlangt und der Profi-Metzger es natürlich nicht 
              aufs Gramm genau hinbringt) – so würde ein Versuch Shylocks, 
              1 Pfund Fleisch aus Antonio herauszuschneiden, zu seinem sofortigen 
              eigenen Tod durch das Gericht führen. Damit kann Shylock nur 
              noch aufgeben; Portia hat ihn mit derselben Buchstäblichkeit 
              ausgetrickst, mit der Shylock auf seinem unmenschlichen Schuldschein 
              bestanden hat – alles ganz legal, alles juristisch ganz genau. 
             Das ist der ganze Trick der Szene. Er ist dramatisch-theatralisch 
              sehr wirkungsvoll, da er mit den Erwartungen der Zuschauer spielt 
              und Spannungen aufbaut: Portias Trick kommt als Überraschung 
              für den Zuschauer ebenso wie für Shylock und alle anderen 
              auf der Bühne. Es ist der Moment, in dem Perry Mason im L.A. 
              Gerichtssaal das Kaninchen aus dem Hut zaubert und mit einer überraschenden 
              juristischen Volte den Zeugen aufs Kreuz legt. Der Gerichtssaal 
              als Urform des Theaters. So einfach ist das – und so raffiniert 
              kalkuliert dramaturgisch in Szene gesetzt. Shakespeare hat für 
              ganze Epochen von Drehbuchschreibern die Tricks erfunden – 
              sie leben heute noch davon. Das kann man natürlich nicht verstehen, wenn man pausenlos 
              geheimnisvolle versteckte Bedeutungen und Botschaften hinter einem 
              Text entdecken will, die dort nicht vorhanden sind: zwangskonvertierte 
              jüdisch-christliche Marranen und verlorene Vorhäute und 
              Beschneidungen des Herzens oder des Pimmels und ähnlichen Zauber. Die eigentlichen Fragen, Themen und Spannungen des Textes ergeben 
              sich erst als Konsequenz aus solcher dramatischer Geschichte, und 
              es zeigt sich dann erst die unglaubliche Kunst Shakespeares, mit 
              Widersprüchen und Antinomien zu jonglieren – aber darüber 
              zu reden habe ich nun endgültig keine Lust mehr. Fazit: Deine ganze Theorie ist eine einzige, durch nichts zu belegende, 
              beliebig assoziative Fabuliererei, die mit Shakespeares Text nun 
              aber überhaupt nichts mehr zu tun hat. Deine Behauptung, Shylock 
              wolle Antonio überhaupt kein Fleisch herausschneiden, stellt 
              eine durch nichts zu legitimierende Vergewaltigung des Textes dar 
              – sofern Du Anspruch darauf erhebst, über Shakespeares 
              Stück etwas auszusagen. Falls Du eine »Bearbeitung« 
              des Textes zu machen gedenkst, falls Du Dir Deinen eigenen Shakespeare 
              erfinden willst, steht Dir natürlich jeder Einfall frei. Ich finde es bedauerlich, daß Du Deine zweifellos vorhandene 
              Belesenheit nicht in etwas sinnvollere Bahnen lenkst. Nichts für 
              ungut. Viele GrüßeHans-Peter
 Natürlich gab es einemehrere Antworten 
              von Robert:Teil A - F Teil G   |