Figuren Shakespeares > Der Kaufmann von Venedig
Dies sind die Antworten auf eine umfassende "Beweisführung"
in Sachen Shylock.
Ich empfehle, mit dem ersten
Posting der Reihe anzufangen, zumindest jedoch mit
dem ersten Teil der Detobel'schen
Beweisführung
Shylock, der jüdische Kaufmann, Antworten Detobel, Teil G
Hallo Robert,
die ganze Zeit war mir doch so, als hätte
ich von dieser Herzens-Vorhaut-Beschneidungs-Theorie schon mal irgendwo
irgendwas gehört – da hast Du also Deine Thesen her,
aus dem Buch von Shapiro. Ich habe es selbst nicht gelesen. Ich
kann also zu Deiner Quelle nichts sagen – außer, daß
ich sie, wenn sie nicht erheblich besser argumentiert als Du, aus
den nämlichen Gründen ablehnen würde wie ich Deine
Variante davon jetzt ablehne: weil es sich um die willkürliche
Zuordnung von außerliterarischen, allgemeinkulturellen Themen
und theologischen Konzepten zu einem Text handelt, die DURCH NICHTS
IM TEXT SELBST ZU STÜTZEN UND ZU BELEGEN IST; weil diese Themen
und Konzepte im Text selber nicht verifizierbar sind; weil der Text
in seinem Wortlaut solchen Konzepten und Themen widerspricht; weil
dadurch dem Text Dinge unterschoben werden, die der Wortlaut explizit
nicht zuläßt; weil durch solche Sinnmanipulation der
Text verbogen und seine Struktur zerstört wird.
Auch wenn man Deine kühne »Fußnoten-Theorie«
anlegt ( daß den elis. Zuschauern die angeblichen Beschneidungs-Konnationen
so selbstverständlich waren, daß nichts mehr ausdrücklich
erklärt werden mußte) klappt es nicht – der Text
stellt sich dazu quer.
Eine Interpretation oder Lesart eines Textes
kann nicht beliebige außertextliche Elemente benutzen –
sonst könnte man ja z.B. auch den Frauentausch der Eskimos
im späten 14. Jahrhundert als Interpretationsansatz für
den KvV heranziehen. Wenn solche außertextliche, kontextuale
Heranziehung der Evidenz eines Textes widerspricht, ist sie unzulässig
– das heißt, der Ansatz ist falsch. (Ich habe übrigens
– anders als Du denkst - nicht nur das 1. Semester, sondern
auch schon das letzte einige Jährchen hinter mir. Die Unterschiede
zwischen textimmanenter und historischer Analyse sind mir durchaus
bekannt – ebenso wie ihre jeweiligen Fallstricke. )
- Wie ich mir gerade (am Telefon von einem
bewanderten Freund) habe sagen lassen, wird DIESES Ein-Pfund-Fleisch-Shylock-Kapitel
in Shapiros Buch von wissenschaftlicher Seite allgemein aus genau
den von mir genannten Gründen abgelehnt: als nicht haltbare
Überinterpretation des theologischen Konzepts von geistiger/fleischlicher
Beschneidung, das auf den Shylock-Text nun eben NICHT anwendbar
ist - so verdienstvoll Shapiros Buch als allgemeine Darstellung
des Judenbildes in jener Zeit offenbar ist. Ich werde es mir ansehen.
Ansonsten bringst Du mich in die Situation
von jemandem, der die Pointe eines Witzes erklären muß
– und das gleich zweimal.
Nein, Robert, ich habe keinen anderen Text
als Du, nämlich den Arden (und ein halbes Dutzend andere auch
noch, aber die sind im Wesentlichen alle gleich). Es kommt darauf
an, wie man ihn liest – ob als Fundgrube für Zitate,
die man aus dem Zusammenhang reißen kann, so daß sie
einen anderen Sinn annehmen, aus dem man dann wieder neue Behauptungen
basteln kann, wie Du das tust; - oder als DRAMATISCHEN Text, wie
er geschrieben ist, indem sich in innerer Logik eine HANDLUNG vollzieht
und damit ENTWICKLUNG von Situationen und Personen!
Auch in meinem Text steht nicht explizit
der Schuldschein abgedruckt – das habe ich auch niemals behauptet,
wie Du mir fälschlich unterstellst; ich habe von PARAPHRASEN
des juristischen Wortlautes gesprochen, als die Portias Aussagen
zu verstehen sind – und nicht als ihre eigenen Willensentscheidungen.
Dieser Wortlaut erschließt sich aus der mehrfachen, nahezu
identischen Wiederholung: Shylock in I,3,144ff , Portia in IV,1,
228ff , Shylock in IV,1, 248-250, Portia in 251 – die beiden
letzteren sogar als wörtliches Zitat: 1 Pfund Fleisch, von
ihm herauszuschneiden, nächst seinem Herzen – alles Formulierungen
des Schuldscheins, die damit auf Shylock zurückgehen und daher
dezidiert NICHT Erfindung der Portia sind. Deine Behauptung ist
falsch, mehr ist dazu nicht zu sagen.
Portia rekurriert auf diesen Wortlaut auch
in ihrem MUST in 298. Den Sprechgestus einer Figur so umzuinterpretieren,
wie Du es tust, führt zu einer völligen Verfälschung
– und daraus lassen sich dann natürlich die abenteuerlichsten
Gebäude basteln. Du verwendest die Methode, zuerst Widersprüche
in den Text hineinzukonstruieren, wo gar keine sind, und diese dann
anschließend durch Interpretationsgebäude zu erklären,
die in eklatantem Kontrast zum Wortlaut des Textes stehen –
wie in folgendem Beispiel:
>Noch einmal die Frage: ist es nicht so,
daß er Blut vergießen darf, wenn er nahe dem Herzen
schneidet, aber kein Tropfen Blut vergießen darf, wenn es
nachher wieder um das Pfund Fleisch geht?
NEIN, SO IST ES NICHT!!! Das steht nirgendwo,
daß er Blut vergießen DARF; wenn das irgendwo stünde,
wäre das Stück zuende; das KANN auch gar nirgendwo stehen,
denn Shylock darf NIEMALS Christenblut vergießen, weil das
venezianische Gesetz dies grundsätzlich so bestimmt; dieses
Gesetz ist ja nicht von Portia ad-hoc erfunden, sondern besteht
immer! – nur hütet sich Portia, die Trickreiche, ihn
schon gleich zu Beginn darauf aufmerksam zu machen. Es ist eine
absolut unsinnige Fehlinterpretation, wenn Du IV,1,254 so verstehst,
als spräche Portia eine dezidierte ERLAUBNIS zum Blutvergießen
aus, wenn sie in sagt:
»To stop his wounds, lest he do bleed to death«.
Das besagt nichts anderes als die Selbstverständlichkeit,
daß Shylock Blut vergiessen WIRD, wenn er in lebendes Fleisch
schneidet – daß damit implizit eine bewußte ERLAUBNIS
ausgesprochen sein soll, ist eine gewaltsame Sinnverdrehung. Diese
führt selbstverständlich zu Widersprüchen; und auf
diesen baust Du dann gewaltige verschrobene Interpretationen aus.
Portia interpretiert an dieser Stelle nicht
den Schuldschein, wie Du behauptest, sondern sie fordert Shylock
zu etwas auf, was eben gerade NICHT im Schuldschein steht:
Shylock soll tätige Milde und Barmherzigkeit üben, indem
er sich um einen Arzt für den zu Verstümmelnden kümmern
soll, der selbstverständlich bluten wird, wenn man in ihn reinschneidet
– und diese Aufforderung weist Shylock gnadenlos unter Berufung
auf den buchstäblichen Wortlaut des Schuldscheins zurück,
der so etwas nicht vorsieht.
Du kannst behaupten, daß es eine juristisch-linguistische
Haarspalterei ist, das Pfund Fleisch zuzugestehen und gleichzeitig
das dabei zwangsläufige Blutvergiessen unter Strafe zu stellen
– das ist richtig, aber das genau ist ja der Trick mit der
»Buchstäblichkeit«: der rachsüchtige Jude
verweigert jeden Appell an Barmherzigkeit und besteht auf der exakten
buchstäblichen Rechtswirksamkeit seines niedergelegten barbarischen
Anspruchs. Daraufhin kehrt Portia den Spieß um: »Buchstäblich
steht das Pfund dir zu; aber von Blut ist in deinem Schuldschein
nicht die Rede, also steht dir kein Blut zu, auf Blut hast du keinen
Rechtsanspruch; wenn du also als Nebeneffekt deines legalen Fleisch-Herausschneidens
welches vergießen solltest, trifft dich das venezianische
Gesetz, das das Vergießen von Christenblut unter Strafe stellt.«
Shylock wird mit einem haarspalterischen Trick um sein Recht gebracht;
er wird geprellt wie der Teufel im Märchen, der zum Schluß
mit leeren Händen abziehen muß.
Dein Versuch, Portia für das Herausschneiden
in der Brust oder sonstwo »kriminell« verantwortlich
zu machen, stellt eine massive Verfälschung des Textes und
der dramatischen Erzählstruktur dar. Damit wird das gesamte
Stück auf den Kopf gestellt. Die »extreme cruelty of
Shylock the Jew« ist sowohl auf dem Titelblatt der Quarto
als auch nachweislich aus dem Text der Kern der ganzen Shylock-Handlung
– und den möchtest Du aus dem Stück wegreden.
Portia bietet – statt sich kriminell
zu verhalten – ganz im Gegenteil an, den Fall durch einen
harmlosen, für Shylock sogar noch lukrativen Vergleich aus
der Welt zu schaffen. Portia fordert Shylock damit auf, barmherzig
zu sein, statt des ihm zustehenden Pfundes Fleisch die gebotene
dreifache Geldsumme anzunehmen, und sie den Schein zerreißen
zu lassen. Das heißt, sie BITTET Shylock, seinen unmenschlichen
Plan aufzugeben. Sie kann den Schein nicht selbst zerreißen,
sie kann es als Richterin nur auf Aufforderung desjenigen tun, den
der Schein juristisch begünstigt. Shylock aber, der diesen
Schuldschein nur als »merry sport« zu formulieren vorgab
(I,3,141), der anfangs so tat, als ob 1 Pfund Menschenfleisch ja
nicht einmal so viel Wert hätte wie 1 Pfund Lamm- oder Rindfleisch
(I,3,159ff), beharrt nunmehr eisern auf der Wortwörtlichkeit
seines Scheins: »I stay here on my bond« (IV, 238 et
alt.) – worauf Portia nichts anderes bleibt, als den barbarischen
Vorgang zuzulasssen.
Ihre Bemühung, Shylock zu »mercy« zu bewegen, bestimmt
thematisch den ganzen Anfang der Szene; aber ihr Bemühen um
Barmherzigkeit scheitert an Shylocks eisernem Beharren auf dem Buchstaben
seines barbarischen Schuldscheins.
Diese extrem negative Charakterisierung Shylocks
als einem gnadenlosen, rachsüchtigen und blutgierigen Buchstabenklauber
wird im Stück aufgefangen durch eine mögliche Legitimation
eines solchen Verhaltens: Shylock leitet sie aus der ungerechten
Unterdrückung ab, die ihm wie seinem Volk von den Christen
insgesamt zugefügt wird – die große Rede in III,1,48
ff. Außerdem wird ihm über die Jessica-Entführung
weiteres Unrecht zugefügt. Die moralische Wertung des Zuschauers
zu dieser Figur wird dadurch ambivalent, mit allem, was sich daraus
an Folgerungen ergibt: da beginnt es wirklich kompliziert zu werden
– mit der Gestalt eines bösen Juden, der zu recht böse
geworden ist, aber trotzdem in seinem Verhalten unentschuldbar unmenschlich
ist gegen eine chistliche Welt, deren angebliche »Barmherzigkeit«
eine sehr anzweifelbare Behauptung ist ...
Deine Lesart operiert diesen zentralen und
vielschichtigen Konflikt aus dem Text heraus. Die ganze jüdisch-christliche
Konfrontation des Stückes wird lächerlich, wenn es um
Auseinandersetzungen zwischen einem Juden einerseits und ein paar
zwangskonvertierten Juden andererseits über Beschneidung gehen
soll.
Robert, entschuldige, aber vor Deiner Argumentationsweise
kann man wahnsinnig werden:
Z.B. (willkürlich herausgegriffen:)
>[1] Hat Shakespeare dies gemeint: daß der Jude das Blut
der Christen sucht. [2] Sehr blutdürstig gebärdet sich
Shylock allerdings nicht. [3] Graziano und Bassanio behaupten das
zwar, auch Antonio behauptet, Shylock wolle ihn umbringen, aber
Shylock bleibt ziemlich ruhig, wenn auch beharrlich. Wenn er einen
Schwur geleistet hat, ist er durch das jüdische Gesetz gebunden.
zu [1] Nein, aber das hat auch niemand behauptet.
Das Individuum Shylock sucht das 1 Pfund Fleisch des Individuums
Antonio; es ist keine Rede von »dem« Juden und von »den«
Christen. Du unterstellst hier zuerst eine Verallgemeinerung, die
der Text selbstverständlich nicht deckt.
zu [2] Mit diesem Satz widersprichst Du dann
Deiner zuvor selbsterfundenen Verallgemeinerung und wertest dadurch
Shylock auf: Keine Rede von Blutdurst. Dabei übersiehst Du
geflissentlich IV,1,121f - ( bzw. Du unterschlägst es bewußt):
BASSANIO: Why dost thou whet thy knife so earnestly?
SHYLOCK: To cut the forfeiture from that bankrupt there.
zu [3] Es spielt also Deiner Ansicht nach
keine Rolle, was eine Figur im Text sehr begründet sagt: Wenn
einer sein Messer wetzt und erklärt, »Ich werde jetzt
damit diesem Mann 1 Pfund Fleisch aus dem Leib schneiden«,
so hat man dies nicht weiter ernst zu nehmen. Shylock bleibt ja
dabei ganz ruhig, erklärst Du, und ist außerdem durch
das jüdische Gesetz gebunden, bei dem er geschworen hat. Ein
bindender Schwur ist natürlich etwas Heiliges, suggerierst
Du.
(Daß er den recht unheiligen Eid geschworen hat:
»And by our holy Sabbath have I sworn
To have the due and forfeit of my bond, -«
- also das 1 Pfund Fleisch aus dem Körper des Antonio sich
zu eigen zu machen, das erwähnst Du vorsichtshalber hier nicht,
sondern erklärst später, »der Eid, den er geschworen
hat, besteht darin, daß er Antonio beschneiden will, so daß
dieser aus Venedig verbannt wird«, während er sich NUN
WIRKLICH EXPRESSIS VERBIS auf »the due and forfeit of my bond«
bezieht, das hier eben NICHT »jüdisches religiöses
Gesetz« heißen kann ...)
Dann schlußfolgerst Du munter weiter
(Zitat hier nicht eingetragen, weil zu lang, Du findest es schon),
daß es sich, wenn Shylock geschworen hat, »wohl«
um das jüdische Gesetz handeln muß – und wenn es
sich um das jüdische Gesetz handelt, dann muß Graziano
Marrane sein, denn sonst hätte ein Verweis auf das jüdische
Gesetz ja keinen Sinn (???), und wenn Graziano sich über das
geplante barbarische Herausschneiden des Fleisches erregt und Shylock
verflucht, erklärst Du das als den Übereifer des Konvertiten,
der sich über Shylocks patriarchalisches Auftreten abreagiert
... und es geht immer so fort und immer so weiter:
>Was hat Shylock nun bei Jakob geschworen?
Vielleicht kann man aus der Sicht der Christen annehmen, er hätte
wirklich Antonios Tod geschworen. Aber wir erhalten eine andere
Information: daß er Antonios Fleisch haben werde, sagt Jessica
(III.ii.285). Also das Fleisch, das in der Bibel ja immer für
Penis oder für die Vorhaut steht. Und wenn er damit die Vorhaut
meint, dann hat er damit nur geschworen, daß er Antonio zum
alten Bund zurückbringen werde - was nach dem jüdischen
Gesetz ein frommer Eid ist, Mord dagegen keineswegs ...
Nein, natürlich hat er nicht Antonios
Tod geschworen, wie Du zuerst einmal wider besseres Textwissen suggerierend
sagst: einen Mord zu schwören ginge ganz selbstverständlich
gegen die jüdische Ethik. Er hat aber dezidiert geschworen,
»To have the due and forfeit of my bond« - das Stück
Fleisch aus Antonios Körper: und das wird mit einiger Wahrscheinlichkeit
zum Tode führen, den Shylock billigend in Kauf nimmt. Nein,
den Tod hat er nicht geschworen, erklärst Du, sondern daß
er Antonios Fleisch haben werde, wie uns Jessica mitteilt - aber
dieses »Fleisch« hat bei Dir natürlich NICHT den
konkreten Sinn von »Fleisch«, sondern bedeutet selbstverständlich
Vorhaut oder Penis, wie angeblich immer in der Bibel (wie z.B. wohl
in Römer 8,3: »[daher] sandte Gott seinen Sohn in der
Gestalt des Fleisches« - Jesus als gottgesandte Vorhaut oder
Penis...) Und weil Shylock mit »Fleisch« natürlich
Antonios »Vorhaut« meint (die Antonio als bereits beschnittener
Jude ja aber gar nicht mehr hat, weswegen also nur noch eine symbolische
Beschneidung übrig bleibt) - deswegen hat Shylock nur geschworen,
daß er Antonio in den Schoß der jüdischen Glaubensgemeinschaft
zurückbringen will, was natürlich eine sehr fromme Tat
ist ...
Es ist seltsam, daß nach Deiner Lesart
das, was im Text steht, grundsätzlich nicht das heißt,
was es eigentlich heißt: »Fleisch« heißt
nicht »Fleisch«, sondern Vorhaut, »bond«
heißt nicht »Schuldschein«, sondern »Bund
mit Jaweh« oder nach Belieben »jüdisches Gesetz«
- und umgekehrt steht eigenartigerweise niemals das im Text, was
Du behauptest: Es steht nirgendwo »Vorhaut« oder »Beschneidung«
etc.,etc. Man sollte doch annehmen, daß das, was eigentlich
gemeint ist, auch mal irgendwann beim konkreten Namen genannt wird
– aber nein, sagst Du, das wußten Shakespeares Zuschauer
sowieso, das mußte im Text gar nicht erst explizit benannt
werden, es reichte, wenn es anders benannt wurde ...
Und meines Wissen kann auch nicht jeder x-beliebige Jude eine »Beschneidung«
vornehmen, in dem er dem nächsten Besten einfach die Hosen
runterzieht und das Messer ansetzt, sondern die Beschneidung ist
ein klar geregelter, feierlicher, religiöser Akt, den nur der
Mohel vornehmen darf ...
Robert, Deine Argumentationstechniken beruhen
auf Zirkelschlüssen, auf bewußter Unterschlagung von
Text, der Deinen Thesen widerspricht, auf suggestiver Sinnverdrehung
und auf willkürlichen Sinnzuweisungen wider jeden Sinn und
Verstand und wider alle Evidenz des Textes. Schwarz nennst Du weiß
und weiß lila. Das alles ist unzulässig; die Ergebnisse
solchen Vorgehens sind indiskutabel und grotesk.
Du beharrst auf Deinen Behauptungen, auch
wenn sie widerlegt werden: »fleece« heißt für
Dich eben Vorhaut, auch wenn es keinen einzigen Beleg für eine
solche Aussage gibt; Portia bestimmt für Dich eben die Schneide-Stelle,
und befiehlt Shylock, daß er wider seine Absicht schneiden
muß – auch wenn diese Behauptungen auf gewaltsamer Textverdrehung
basiert. Okay.
Ich habe nun mehrmals ausführlich dargelegt,
was ich zu Deinen Thesen zu sagen hatte. Ich habe aufgezeigt, wo
Du eklatant gegen den Text verstößt, wo Du ihn absichtlich
verdrehst und in sein Gegenteil verkehrst. Ich habe versucht, Dir
deutlich zu machen, daß die angeblichen »Widersprüche«
des Textes, auf denen Du herumreitest, nur in Deiner Phantasie existieren
und auf Deinen (bewußten???) Fehlinterpretationen einzelner
Sätze beruhen.
Wenn Du das nicht einsehen willst (oder kannst
), kann ich's auch nicht ändern. Wenn Du es eben anders sehen
willst – völlig Okay. Mir ist das wurscht. Ich habe nicht
die geringste Absicht, Dich zu missionieren und es ist auch nicht
mein Ehrgeiz, als Sieger aus irgendwelchen Disputen hervorzugehen.
Man kann darüber diskutieren, ob KvV ein antisemitisches Stück
ist oder nicht, aber man kann nicht darüber diskutieren, ob
die Sonne sich um die Erde dreht. Und ich kann nicht mehr über
den Wust Deiner für mich aberwitzigen Thesen diskutieren.
Ich habe gesagt, was ich zu Deinen Thesen meine und was ich davon
halte: nämlich nichts. Dies habe ich ausführlich begründet.
Ich habe nunmehr ungefähr 7 Stunden meines Lebens mit dem Verfassen
und Lesen dieser Postings zugebracht – ich glaube, das reicht
jetzt.
Liebe Grüße
Hans-Peter
Letzte Antwort von Robert *puuh*
Hallo Hans-Peter,
bist Du noch beim Verstande? Ich will Dich
nicht wirklich in den Wahnsinn treiben. Aber Deine Antwort ist auch
keine Sineküre. Ich bin ganz schwindelig von all diesen Adjektiven:
Das ist absolut falch. NEIN. SO IST ES NICHT. Verschroben.
Und dann suche ich immer noch nach einer Karikatur, pardon, Korrektur,
Deines früher geäußerten Arguments. Du hattest ja
doch behauptet, Shylocks Äußerung gegenüber Tubal
in III.i: "I will have the heart of him if he forfeit, [for
were he out of Venice I can make what merchandise I will]".
Du hattest den Satzteil zwischen eckigen Klammern einfach weggelassen,
um, so nehme ich es an, dem Argument größere Kraft zu
verleihen. Na, was war das? Textentstellung war es auf gar keinen
Fall. Denn Du sagst ja, Du tust sowas nie. War es der Provider?
Oder die Providenz? Ich weiß immer noch nicht, wie Du das
"out of Venice" verstehst. Nun, da Du mir nicht mehr antworten
willst, werde ich mir selbst an Deiner Statt antworten.
"Es ist eine unzulässige Textfälschung, lieber Robert,
und typisch für Deine unmöglich verwinkelten Interpretationen,
das "out of Venice" als "aus Venedig verbannt"
zu verstehen. Du liest mal wieder etwas in den Text, was nicht drin
steht. So wie Du behauptest, die Bibel meine immer Penis, wenn da
Fleisch steht. Wenn in Genesis die "Beschneidung des Fleisches"
steht, dann ist damit eine Metzgertätigkeit gemeint. Wer beschneidet
denn sonst Fleisch? Dies ist doch absolut selbstverständlich.
Man muß schon verrrückt sein, etwas anders darin erkennen
zu wollen, als das, was da steht. ES IST EBEN NICHT DAS!! NEIN!!!
NOCHMALS NEIN!!! Natürlich, jedes Kind sieht das, nur Du scheinst
nicht zu kapieren, dass "out of Venice" bedeutet, dass
Shylock Antonio ins Grab schicken will. Ich verstehe nicht, wo Du
hindenkst. Sowas ist mir in meiner nicht mehr ganz so jungen Laufbahn
noch nie begegnet. Ich weiß nicht, warum ich das noch beantworten
muß. Wie kann man bloß darauf kommen, dass "out
of Venice" "aus Venedig verbannt" bedeutet!! DAS
IST ES KEINESWEGS. "Out of Venice" heißt doch nicht
"aus Venedig verbannt". SO EINE SPINNEREI!! Das ist mir
noch nie passiert. Wenn Antonio tot ist, ist er natürlich aus
der Welt, somit auch aus Venedig. Wenn Du das nicht verstehst, solltest
Du Dich besser mit etwas Anderem beschäftigen [Hans-Peter,
zwischendurch wieder mein eigenes Ich: Es macht Spaß, so den
Überlegenen zu spielen.] Und daran muß ich meine Zeit
vergeuden. Mit diesen Unsinnigkeiten steihlst Du mir die Sekunden
meiner kostbaren Zeit und die Stundne meines Lebens. ENDE".
Aber eines doch: ich habe nicht gesagt, in der Bibel bedeutete "Fleisch"
immer "Penis". Wer verdreht hier eigentlich? Ich habe
gesagt: Fleisch wird als Euphemismus für Penis verwendet, wo
letzteres gemeint ist, steht immer "Fleisch". Ist das
doch nicht ein wenig anders?
Also, beantworte mir mindestens das. Und das "out of Venice"
habe ich ja in Deinem Sinne absolut klargestellt.
Man kann viel von Dir lernen. Du hast alle Figuren des "Pflichtkompetänzchens"
des Glatteiskunstläufers drauf. Grandios der Anfang: "Die
ganze Zeit war mir doch...". Diesen Köder habe ich Dir
auch ziemlich bewußt zugeworfen. Ich hatte mir gedacht: da
spring er womöglich gleich drauf, denn das ist das gefundene
Fressen, dem niemand wiedersteht, der sich als Autorität aufschwingen
will. Man kann dem Gegner vorhalten: Du bist gar nicht so schlau,
ich brauche keine Angst vor Dir zu haben, kann ihn fertigmachen,
denda. Du hast abgeschrieben. Ja, wirklich, und ich habe es auch
gesagt, die Quelle genannt. Aber ich habe mich sehr weit von meiner
Quelle entfernt. Hast Du die beiden letzten Beiträge nicht
mehr geschafft? Ich habe mir wirklich gedacht: das wird vielleicht
die Ouvertüre des "Kompetänzchens", "immer
schon gedacht". Und dann diese wunderschöne Pirouette,
mit der Du erklärst, Portia weise Shylock auf die Selbstverständlichkeit
hin, er werde Blut vergießen, wenn er schneidet, und er, Shylock,
solle einen Chirurgen holen, um das Blut Antonios aufzufangen, das
Shylock nach venezianischem Recht grundsätzlich nicht vergießen
darf - das war schööön. Aber keine Verdrehung, das
behaupte ich nicht, aber mir hat der Kopf gedreht, nur ist das ja
immer so, das weiß ich jetzt von Dir.
Und dann im Ernst, hältst Du diese Szene wirklich für
die Abbildung eines richtigen Prozesses? Und hast Du wirklich gemeint,
ich hätte wirklich gemeint, Du hättest eine vollständigere
Fassung, womöglich noch mit einem Faksimile der ursprünglichen
Urkunde? Ja, es stand da. Es werden das wahrscheinlich doch einige
anders verstanden haben, als es da steht. Die trauen sich jetzt
noch mehr, das anders zu verstehen. Sag mir mal, wenn das venezianische
Gesetz - wie Du so gut zu wissen scheinst (ehrlich, hast Du schon
mal etwas über das venezianische Recht... nicht gelesen?) -
einem Juden verbot, einen Christenblut zu vergießen, warum
wagte Shylock dann etwas, was dann doch als unzulässige Forderung
zurückzuweisen wäre? Nach Deiner Meinung hätte das
Gericht die Klage nicht zulassen dürfen. Wenn Shakespeare denn
wirklich einen realen Prozeß im Auge gehabt hätte. Das
hat der Rechtswissenschaftler Ihering vor ca. 100 Jahren (ist der
Stand der Wissenschaft inzwischen weiter?) schon festgehalten. Ihering
schloss daraus (das steht irgendwie, vielleicht auch in der Arden-Ausgabe,
liefere es nach, wenn Du willst), dass es sich nicht um einen wirklichen
Prozeß handeln könne, denn der Vertragsgegenstand sei
amoralisch und daher zulässig. Erkläre mir doch mal, wußte
Shylock das als Jude nicht, dass er Blut vergießen würde
und ihm dies eine schwere Bestrafung, ja vielleicht sogar der Tod
einbringen würde? Warum tut er das denn?
Merkst Du denn nicht, wie der ganze legalistische Ansatz in eine
Sackgasse führt?
Du zitierst mich auch nicht immer richtig. Aber das ist keine Verdrehung.
Das ist keine Manipulation. Aber es ist nicht richtig.
Lese Deinen Text doch noch einmal durch. Und ach! solltest du wirklich
einige Male meine Sätze verdreht haben, die vielen affirmativen
Adjektive gleichen es mehr denn aus.
Und der Trick von Portia? War das so besonders genial von Shakespeare?
Stand doch schon in der Erzählung von Ser Giovanni Fiorentino?
Was von Shakespeare stammt, ist die Verbindung mit dem Herzen.
Und hat Shylock keinen Schwur im "Himmel" geleistet? Sagt
er nicht auch, dass er "Meineid" auf seine Seele laden
wird und das auch für das Gesetz Venedigs nicht tun werde.
Auf welch höheres Gesetz beruft er sich dann? Liebe Grüße
Robert
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