Fünfter Aufzug.
Erste Scene.
Verwandelt sich in Sicilien.
Leontes, Cleomenes, Dion, Paulina und Bediente treten auf.
Cleomenes.
Gnädigster Herr, ihr habt genug gethan; ihr habt die Busse
eines Heiligen vollbracht: Ihr hättet keinen Fehler begehen
können, den ihr nicht dadurch losgekauft hättet; ja,
wenn ich reden soll wie ich denke, die Strenge eurer Busse übersteigt
alles was ihr verbrochen haben könnet. Thut endlich was der
Himmel auch gethan hat, vergesset euer Uebel und verzeiht euch
selbst.
Leontes.
So lang' ich mich ihrer Person und ihrer Tugenden erinnere, kan
ich das Unrecht das ich dadurch mir selbst zugefüget habe,
nicht vergessen - - und wie groß ist dieses! Mein Thron
ist ohne Erben; Ich habe die süsseste Gesellschaft, den Namen
und die Hoffnungen eines Vaters verlohren; und das alles durch
meine Schuld - -
Paulina.
Wahr, Gnädigster Herr, nur gar zu wahr; wenn ihr die ganze
weibliche Welt, eine nach der andern heyrathetet, oder aus allen,
welche sind, das beste nehmet, um ein einziges vollkommenes Weib
daraus zu machen; so würde doch die, die ihr getödtet
habt, unvergleichlich bleiben.
Leontes.
Ich denke so. Getödtet, sagst du? Getödtet? Ich, sie
getödtet? Ich that es, aber du schlägst mich auf eine
offene Wunde, indem du so sagst; schone meiner, ich bitte dich
- - sage selten so - -
Cleomenes.
Sagt gar nicht so, Madame; ihr hättet tausend andre Sachen
sagen können, die sich besser für die Umstände
geschikt und euerm guten Herzen mehr Ehre gemacht hätten.
Paulina.
Ihr seyd einer von denen, welche gerne wollten, daß er sich
wieder vermähle.
Dion.
Wenn ihr das nicht wollt, so habt ihr kein Mitleiden
mit dem Staat, und erinnert euch nicht, was ein Fürst seinem
Namen und seinem Volke schuldig ist; betrachtet wenig, was für
Gefahren sein Königreich befallen können, wenn seine
Majestät ohne Leibes-Erben abgienge, und es ungewissen Prätendenten
zur Beute überliesse! Was würde untadelhafter seyn,
was würde den abgeschiednen Geist seiner ersten Königin
mehr vergnügen, als, zur Erhaltung des Königlichen Stammes,
zum Besten des Landes, zu Befestigung seines zukünftigen
Wohlstandes, ihren Plaz in dem Königlichen Bette durch eine
liebenswürdige Nachfolgerinn eingenommen zu sehen.
Paulina.
Es giebt keine solche, keine die dieser Ehre würdig seyn
könnte; und zudem wollen die Götter ihre geheime Absichten
erfüllt haben. Sagte nicht das Orakel: Daß König
Leontes keinen Erben haben solle, bis sein verlohrnes Kind gefunden
worden sey? Und, ach! daß dieses geschehen werde, zu hoffen,
wäre eben so ungereimt, als wenn ich hoffen wollte, mein
Antigonus werde aus seinem Grab ausbrechen, und wieder zu mir
kommen; denn ich wollte mein Leben daran sezen, daß er mit
dem Kind umgekommen ist. Ihr sehet also, daß euer Rath den
Willen der Götter wider sich hat - - (zum Könige.)
Sorget nicht für Nachfolger; eine Krone findet allemal
einen Erben. Der grosse Alexander hinterließ die seinige
dem würdigsten; und so war sein Thronfolger doch der nächste
auf den Besten.
Leontes.
Gute Paulina, ich liebe dich dafür, daß du Hermiones
Andenken ehrest. O, hätte ich allezeit deinem Rathe gefolgt!
So würde ich in diesem Augenblik an ihren Lippen hangen und
glüklich seyn. - - Sagt mir nichts von einer andern Gemahlin;
es giebt keine solche mehr; eine andre, die mit weniger Vorzügen
eine bessere Begegnung fände, würde ihren seligen Geist
bis in den himmlischen Wohnungen kränken; ihn nöthigen,
auf diesem Schauplaz, wo wir ihn beleidigten, wieder zu erscheinen,
und zu ruffen: Wie, nach mir? - -
Paulina.
Sie würde gerechte Ursache dazu haben.
Leontes.
Das würde sie, und sie würde mich in Wuth sezen, daß
ich diejenige ermorden würde, die ich geheyrathet hätte.
Paulina.
Ich machte es so: Wär' ich der Geist, der herum gienge, ich
wollt' euch befehlen ihre Augen anzusehen, und mir zu sagen, was
ihr an ihr gesehen hättet, das eure Wahl rechtfertigen könnte;
und dann wollt ich schreyen, daß sich eure Ohren spalten
sollten, und mein leztes Wort sollte seyn: Gedenk an mich.
Leontes.
Sterne, Sterne, waren sie - - und alle andre Augen, nur todte
Kohlen: Besorge du keine Gemahlin; ich will keine Gemahlin haben,
Paulina.
Paulina.
Wollt ihr mir schweeren, daß ihr nicht wieder heyrathen
wollt, bis ich's erlaube?
Leontes.
Niemals, Paulina; so möge dereinst mein Schatten Ruhe finden!
Paulina.
Meine Herren, ihr seyd Zeugen dieses Eides.
Cleomenes.
Ihr mißbraucht seine Weichherzigkeit.
Paulina.
Es wäre dann, daß er eine zu sehen bekäme, welche
Hermionen so ähnlich wäre, als es ihr Bildniß
ist.
Cleomenes.
Ich bitte euch, Madam, laßt es genug seyn.
Paulina.
Und doch, wenn Se. Majestät wieder heyrathen will, wenn ihr
es wollt, Gnädigster Herr, und so wollt, daß kein anders
Mittel ist; so überlaßt mir die Sorge, euch eine Gemahlin
auszusuchen; sie soll nicht so jung seyn als die erste war; aber
sie soll so seyn, daß wenn der Geist eurer ersten Gemahlin
umgienge, er Freude daran haben sollte, euch in ihren Armen zu
sehen.
Leontes.
Meine redliche Paulina, wir werden uns nicht vermählen, bis
du es uns rathen wirst.
Paulina.
Das soll geschehen, wenn eure erste Gemahlin wieder athmet; eher
gewiß nicht!
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