|
Fünfter Aufzug.
Dieser ganze lezte Aufzug enthält nichts mehr als eine
Entwiklung, welche leicht vorauszusehen ist. Man weiß schon,
daß die Anlegung des Plans und die Entwiklung des Knotens
diejenigen Theile nicht sind, worinn unser Autor vortrefflich
ist. Hier scheint er, wie es ihm mehrmal in den fünften Aufzügen
begegnet, begieriger gewesen zu seyn, sein Stük fertig zu
machen, als von den Situationen, worein er seine Personen gesezt
hat, Vortheil zu ziehen. Wir werden uns daher begnügen, den
blossen Inhalt jeder Scene auszuziehen.
Erste Scene.
Die Strasse.
Der Herzog kommt, mit Viola, Curio und seinem Gefolge, um in
eigner Person den lezten Versuch auf das Herz seiner Unerbittlichen
zu machen, und da er nicht gleich vorkommen kan, so unterhält
er sich unterdessen mit Hans Wurst, den er vor der Porte antrift.
Zweyte Scene.
Antonio wird von dem Gerichts-Beamten, der sich seiner bemächtiget
hatte, herbeygeführt, und dem Herzog als jener berüchtigte
See-Räuber vorgestellt, gegen welchen er so viele Ursache
habe erbittert zu seyn. Viola, die, wie wir wissen, eine gutherzige
Art von Mädchen ist, rühmt sogleich den guten Dienst,
den er ihr gethan, fügt aber hinzu, daß er zulezt aus
einem so seltsamen Ton zu ihr gesprochen habe, daß sie nichts
anders vermuthen könne, als er müsse im Kopf nicht gar
zu richtig seyn. Antonio vertheidigt sich hierauf gegen den Vorwurf
der Seeräuberey, und da er Viola für ihren Bruder ansieht,
so erzählt er auf ihre Rechnung alles was wir bereits von
seinen Verdiensten um Sebastian wissen, und beklagt sich bitterlich
über ihre Undankbarkeit. Indem nun der Herzog der Zeit nachfrägt,
und durch den Umstand, daß Cäsario die verflossenen
drey Monate an seinem Hofe zugebracht, den Antonio der Unwahrheit
überwiesen zu haben glaubt, kommt in der
Dritten Scene.
Olivia dazu, und befremdet sich sehr ihren Cäsario gegen
sein gegebnes Wort, wieder an des Herzogs Seite zu sehen. Da nun
Viola nicht begreiffen kan, was Olivia sagen will, so beginnt
sich ein Wortwechsel unter ihnen, der aber sogleich durch die
Händel worein diese Dame mit dem Herzog geräth, unterbrochen
wird. Sie sagt ihm rund heraus daß ihr seine Standhaftigkeit
unerträglich, und seine Liebes-Klagen so angenehm seyen als
Heulen nach Musik. Der Herzog wird dadurch so aufgebracht, daß
er schwört, die Unerbittlichkeit seiner marmorherzigen Tyrannin
an ihrem jungen Liebling, an Cäsario zu rächen - - Ich
will ihn, sagt er, aus diesem grausamen Auge reissen, wo er siegreich
und gekrönt dasizt und seines Herrn spottet; ich will das
Lamm das ich liebe, opfern, um ein Raben-Herz in der Brust einer
Daube zu durchboren. Mit diesen Worten, will er fortgehen und
befiehlt dem Cäsario ihm zu folgen. Viola erklärt sich
bereit tausend Tode zu sterben, wenn seine Zufriedenheit dadurch
befördert werde, und will ihm folgen - - Wohin wollt ihr,
Cäsario, ruft Olivia - - Dem folgen, antwortet Viola, den
ich, der Himmel sey mein Zeuge, mehr als alle Weiber der ganzen
Welt, mehr als meine Augen und mein Leben liebe. Izt fängt
Olivia auch an aus dem tragischen Ton zu sprechen, und da ihr
vermeynter Bräutigam so unverschämt ist, von allem was
zwischen ihnen vorgegangen seyn soll, nichts wissen zu wollen,
und der Herzog über den Namen eines Gemahls den sie der Viola
giebt, wüthend wird, so sieht sie sich endlich genöthiget
den Priester, der sie mit Sebastian getraut hat, herausruffen
zu lassen, auf dessen vollgültiges Zeugniß hin der
Herzog sich überzeugt hat, daß er von Cäsario
betrogen worden, und unter bittern Vorwürfen über seine
Falschheit das Verbannungs-Urtheil über beyde ausspricht.
Indem nun Cäsario sich vergeblich auf seine Unschuld beruft,
und Olivia, welche glaubt, daß es nur aus Furcht vor dem
Herzog geschehe, ihm Muth einspricht, kommt in der
Vierten Scene.
Sir Andreas mit zerbrochnem Kopf heraus, und erhebt ein jämmerliches
Geschrey über einen gewissen Kammer-Junker des Herzogs, Cäsario,
der ihn und Sir Tobiesen jämmerlich abgeprügelt habe;
wir hielten ihn anfangs für eine Memme, sagt er weinend,
aber er ist der leibhafte Teufel selbst. Mein Kammer-Junker Cäsario?
fragt der Herzog, Ja, Sapperment, (ruft Sir Andreas) hier ist
er ja in Person: Ihr habt mir umsonst und um nichts ein Loch in
den Kopf geschlagen; und wenn ich euch was gethan habe, so that
ich's nur auf Anstiften des Sir Tobiesen - - Viola, welche von
dieser neuen Anklage eben so wenig als von einer Vermählung
mit Olivia weiß, hat das Mißvergnügen sich von
Sir Tobias und vom Hans Wurst überwiesen zu sehen; die Verwirrung
nimmt zu, und steigt endlich auf den höchsten Grad, da in
der
Fünften Scene.
Sebastian selbst erscheint und der erstaunten Versammlung den
Cäsario gedoppelt sehen läßt. Dieser nemliche
Augenblik der äussersten Verwirrung bey Orsino und Olivia
zieht Antonio und Viola aus der ihrigen. Jener erkennt in Sebastian
seinen jungen Freund und diese ihren Bruder: das Geheimniß
entdekt sich, Olivia findet sich dem Schiksal mehr verbunden als
sie gewußt hatte; Sebastian begreift, was er kurz vorher
für einen Traum oder für Bezauberung halten mußte,
und der Herzog ergiebt sich den ausserordentlichen Proben die
ihm Viola von ihrer Zärtlichkeit gegeben und erklärt
sie zur Königin seines Herzens. Damit alles sich entwikle
und niemand unglüklich bleibe, so entdekt sich in der
Sechsten und siebenten Scene.
durch den Brief des Malvolio, welchen Hans Wurst überbringt,
auch der unglükliche Irrthum dieses Bedienten, und der Betrug
der ihm gespielt worden; welches dem Hans Wurst Gelegenheit, sich
über ihn lustig zu machen, jenem aber, nach einer kleinen
Demüthigung seiner Einbildung, die Freyheit verschaft.
|
|