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Fünfte Scene.

Verwandelt sich in den Pallast.

Der Herzog, Viola, Curio, und andre.

Herzog.
Macht mir ein wenig Musik; nun guten Morgen, meine Freunde: Wie, mein wakrer Cäsario, in der That, das Stükchen, das alte ehrliche Gassen-Liedchen, das wir lezte Nacht hörten, machte mir leichter ums Herz als diese flüchtigen Läuffe, diese studierten Säze einer rauschenden und schwindlicht sich im Kreise herumdrehenden Symphonie - - Kommt, nur eine Strophe - -

Curio.
Gnädigster Herr, es ist niemand da, der es singen könnte.

Herzog.
Wer sang es denn gestern?

Curio.
Fest, der Pikelhäring, der Narr, mit dem der Gräfin Olivia Vater soviel Kurzweil hatte. Er ist ausgegangen.

Herzog.
Sucht ihn auf, und spielt indessen die Melodie. Komm hieher, Junge: wenn du jemals erfahren wirst was Liebe ist, so denk' in ihren süssen Beklemmungen an mich; so wie ich bin, sind alle Liebhaber: unstät und launisch in allen andern Vorstellungen, als allein in dem Bilde des Geliebten, das immer vor ihren Augen schwebt - - wie gefällt dir dieser Ton?

Viola.
Er giebt ein wahres Echo von dem Siz, wo die Liebe thront.

Herzog.
Du sprichst meisterlich. Ich seze mein Leben dran, dein Herz ist nicht so unerfahren als du jung bist; du hast geliebt, nicht wahr, Junge?

Viola.
Ein wenig, Gnädigster Herr.

Herzog.
Von was für einer Gattung Weibsbilder ist sie?

Viola.
Sie sieht Eu. Gnaden gleich.

Herzog.
So ist sie deiner nicht werth. Wie alt, ernsthafter Weise?

Viola.
Von euerm Alter, Gnädigster Herr.

Herzog.
So ist sie zu alt; ein Weibsbild soll immer einen ältern nehmen als sie ist, so daurt sie ihn aus, und ist sicher, ihren Plaz in ihres Mannes Herzen immer zu behalten. Denn, glaube mir, Junge, wir mögen uns so schön machen als wir wollen, so sind doch unsre Zuneigungen immer weit schwindlichter, unsteter, schwankender, und leichter abgenuzt und verlohren, als der Weiber ihre.

Viola.
Das denk' ich selbst, Gnädigster Herr.

Herzog.
Wähle dir also eine Liebste die jünger als du bist, oder deine Liebe wird von keiner Dauer seyn: Denn Weiber sind wie Rosen; in der nemlichen Stunde, da ihre schöne Blume sich völlig entfaltet, fällt sie ab.

Viola.
Und so sind sie; wie schade, daß sie so sind! daß sie in dem Augenblik sterben, worinn sie den Punkt ihrer Vollkommenheit erreicht haben.

Curio und der Narr zu den Vorigen.

Herzog.
O, komm du, guter Freund - - Das Lied von gestern Nachts - - Gieb Acht darauf, Cäsario, es ist alt und einfältig; die Spinnerinnen und Strikerinnen, wenn sie an der Sonne bey ihrer Arbeit sizen, und die muntern Webers-Mädchen, wenn sie zetteln, pflegen es zu singen; es ist ein läppisches, kindisches Ding, aber es sympathisiert mit der Unschuld der Liebe, wie man vor Alters liebte.

Narr.
Seyd ihr fertig, Herr?

Herzog.
Ja; sing, ich bitte dich.

Ein Lied.*

Herzog.
Hier ist was für deine Mühe.

Narr.
Keine Mühe, Herr; singen ist ein Vergnügen für mich, Herr.

Herzog.
So will ich dir dein Vergnügen bezahlen.

Narr.
Das ist ein anders, Herr; Vergnügen will über kurz oder lange bezahlt seyn.

Herzog.
Du kanst nun wieder gehen, so schnell du willst.

Narr.
Nun, der melancholische Gott der Liebe behüte dich, und der Schneider mache dir ein Wamms von schielichtem Taft; denn dein Gemüth ist ein wahrer Opal. Leute von solcher Standhaftigkeit müßte man mir über Meer schiken, damit ihr Geschäfte allenthalben und ihr Ziel nirgends wäre; denn das ist gerade was man braucht, um von einer langen Reise nichts nach Hause zu bringen. Lebt wohl.

(Er geht ab.)


* Der Verfasser der Beurtheilung des ersten Theils dieser Uebersezung, in der Bibliothek der schönen Wissenschaften hat eine so glükliche Probe mit einem Liede des Narren im König Lear gemacht, daß wir ihm auch dieses Gassenhauerchen überlassen wollen. Es ist in der That alles was Orsino davon sagt, aber es müßte, um nicht alles zu verliehren in der Sprache Sebastian Brands oder einer noch ältern, in der nemlichen oder einer ganz ähnlichen Versart, mit der nemlichen Wahrheit der Erfindung, und tändelnden Einfalt des Ausdruks, übersezt werden - - eine Arbeit, welche vielleicht schwerer ist, als das feinste Sonnet von einem Zappi, in Reime zu übersezen. Zurück


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