Zweyte Scene.
König Richard, die Königin, Aumerle, Buschy, Green,
Bagot, Roß und Willoughby zu den Vorigen.
York.
Der König ist gekommen; gehet sanft mit seiner Jugend zu
Werke; junge feurige Füllen, wenn sie aufgebracht werden,
rasen nur desto mehr.
Königin.
Wie steht es um unsern edeln Oheim Lancaster?
König Richard.
Wie steht's Mann? Was macht der alte Gaunt?
Gaunt.
O dieser Name schikt sich für meinen Zustand!* Ja wohl der
alte Gaunt, und nichts als Haut und Knochen (Gaunt) vor Alter!
Der Kummer in mir, hat eine verdrießliche Fasten gehalten,
und wer wird nicht mager, der sich des Fleisches enthalten muß?
Lange hab' ich für das schlafende England gewacht, und Wachen
zehrt ab und macht mager. Das Vergnügen wovon einige Väter
sich nähren, der Anblik meiner Kinder ist mir gänzlich
untersagt; und die Fasten, die du mir hierinn auferlegt hast,
hat mich ganz mager gemacht, mager für das Grab, mager wie
ein Grab, dessen holer Leib nichts als Knochen enthält.
König Richard.
Können kranke Leute so spizfündig mit Worten spielen?
Gaunt.
Nein, aber Elend hat keine andre Kurzweile, als über sich
selbst zu spotten. [Weil du meinen Namen in mir zu tödten
suchst, so spotte ich meines Namens, Grosser König, um dir
zu schmeicheln.**
König Richard.
Sollen sterbende Leute den lebenden schmeicheln?
Gaunt.
Nein, nein, die lebenden Leute schmeicheln den Sterbenden.
König Richard.
Du, ein Sterbender, sagst ja, du schmeichelst mir.
Gaunt.
O nein, du stirbst, ob ich gleich kränker bin.
König Richard.
Ich bin gesund, ich athme, und sehe daß du übel bist.
Gaunt.
O! der, der mich erschuf, weiß es, daß ich Dich übel
sehe.] Mir ist für mich selbst übel, aber gar zu übel,
indem ich dich ansehe. Dein Todbette ist nichts geringers als
dein Land, worinn du an deinem Ruhm krank ligst; und du, allzunachläßiger
Patient, übergiebst deine gesalbte Person den nemlichen Aerzten
zu heilen, die dich krank gemacht haben. Tausend Schmeichler sizen
um den Cirkel deiner Crone herum, und ob dieser Cirkel gleich
nicht grösser ist als dein Haupt, so verliehrst du doch mit
ihm dein ganzes Land, welches er umspannt. O hätte dein Großvater
mit dem Aug' eines Propheten vorhersehen können, daß
seines Sohns Sohn seine Söhne zu Grund richten würde,
er würde dir's unmöglich gemacht haben, dich selbst
so zu entehren, indem er dich vor deiner Einsezung entsezt hätte,
dich, der izt eingesezt ist, um sich selbst zu entsezen. Wie?
Vetter! wärest du Herr der ganzen Welt, so wär' es dir
doch schimpflich dein Land zu verpachten; aber da deine ganze
Welt in diesem einzigen Lande besteht, ist es nicht mehr als Schande,
es so zu entehren? Landsaß von England bist du, nicht König.
Deine gesezmäßige Oberherrlichkeit ist eine Leibeigne
des Gesezes, und du - -
König Richard.
Und du, ein mondsüchtiger aberwiziger Narr, der auf das Privilegium
eines Fiebers hin, sich erfrecht, mit deinen kalten Erinnerungen
unsre Wange blaß zu machen, und das königliche Blut
mit Ungestüm von seinem natürlichen Siz zu treiben.
Nun, bey der Majestät meines angestammten Throns, wärst
du nicht ein Bruder von dem Sohne des grossen Eduard, die Zunge,
die so frey in deinem Kopf herum rennt, sollte deinen Kopf von
deinen unehrwürdigen Schultern herunter rennen.
Gaunt.
O schone meiner nicht, meines Bruder Edward's Sohn, weil ich seines
Vater Edwards Sohn war. Das Blut das ich von ihm habe, hast du
längst wie ein Pelican, ausgezapft, und in trunknem Muth
verschmaußt. Mein Bruder Glocester, eine aufrichtige, wohlgesinnte
Seele, (glüklich möge sie unter des Himmels seligen
Geistern seyn!) hat schon zum Beyspiel dienen müssen, wie
wenig du Bedenken trägst, Edwards Blut zu vergiessen. Vereinige
dich immerhin mit meiner Krankheit, und brich durch deine Hartherzigkeit
eine vorhin schon welke Blume ab! Leb' in deiner Schande, aber
deine Schande sterbe nicht mit dir! Und mögen diese meine
lezten Worte künftig deine Peiniger seyn! Tragt mich in mein
Bette, und dann in mein Grab. Die mögen leben, die Liebe
und Ehre haben!
(Er wird hinweg getragen.)
König Richard.
Und laßt die sterben, die Alter und Launen haben; du hast
beydes, und beydes gehört in ein Grab.
York.
Ich bitte euer Majestät, seine Reden der verdrießlichmachenden
Krankheit und dem hohen Alter zu gut zu halten; er liebt euch,
bey meinem Leben, so sehr als Heinrich von Hereford, wenn er hier
wäre.
König Richard.
Recht, ihr sagt die Wahrheit, wie Herefords Liebe, so ist seine,
und wie die ihrige so ist meine; und alles mag seyn wie es ist.
* Alle diese Wortspiele, die in dem Mund eines Tertianers kindisch
wären, und in dem Mund eines Sterbenden unerträglich
sind, gründen sich auf die Bedeutung des Namens Gaunt, der
im Englischen so viel heißt als mager, abgezehrt, der nur
noch Haut und Knochen hat.
** Die Zeilen, die hier und in der Folge in [ ] eingeschlossen
sind, sind im Original in Reimen.
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