Dritte Scene.
Der Schauplaz verwandelt sich in des Herzog von Lancaster Palast.
Gaunt und Herzogin von Glocester treten auf.
Gaunt.
Ach, Schwester! Denkt ihr, daß eure Ausruffungen mich stärker
als der Bruder-Name treiben können, gegen die Mörder
von Gloster's Leben zu entbrennen? Aber da die Bestraffung dieser
Uebelthat in den nemlichen Händen ligt, welche die Uebelthat
begangen haben, so laßt uns unsre Sache dem Himmel anheim
stellen, der, wenn er die Stunde dazu auf Erden gereift sieht,
heisse Rache auf der Verbrecher Haupt regnen wird.
Herzogin.
Ist das alles, wozu der Name deines ermordeten Bruders dich treiben
kan! Hat die Liebe nicht mehr Wärme in deinem alten Blut?
Edwards sieben Söhne, wovon du selbst einer bist, waren wie
sieben Phiolen mit seinem geheiligten Blut angefüllt, oder
wie sieben schöne Zweige, aus einem Stamm entsprossen; einige
von diesen sieben Phiolen sind durch den Lauf der Natur ausgetroknet,
einige von diesen Aesten durch das Schiksal abgeschnitten; aber
Thomas, mein theurer Gemal, mein Gloster, (eine Phiole voll von
Edwards geheiligtem Blut, ein blühender Zweig aus seinem
königlichen Stamm) ist gewaltthätig zerbrochen, und
all sein kostbarer Saft verschüttet, ist umgehauen und alles
sein Sommerlaub verwelkt, durch die Hand des Neids zerbrochen,
durch des Meuchelmords blutige Axt umgefällt - - Und du kanst
gelassen bleiben? O, Gaunt, sein Blut war auch deines; eben dieses
Ehebett, eben dieser Mutterleib, dieser Stoff, diese nemliche
Form, so dich bildeten, machten ihn zum Menschen; in ihm, ob du
gleich lebst und athmest, bist auch du erschlagen, ja du willigst
gewisser Maassen in deines Vaters Tod ein, indem du deinen unglükseligen
Bruder, ihn, der ein Theil von deines Vaters Leben war, so gleichgültig
sterben siehst. Nenn' es nicht Geduld, Gaunt, es ist Muthlosigkeit;
indem du so gelassen duldest, daß dein Bruder erschlagen
worden, zeigst du den nakten Pfad zu deinem eignen Leben, und
lehrst den unerbittlichen Mord dich auch zu mezeln. Das, was wir
an gemeinen Menschen Geduld nennen, ist blasse, kalte Feigheit
in einer edeln Brust. Was soll ich noch mehr sagen? Du kanst dein
eignes Leben nicht besser sicher stellen, als wenn du Glosters
Tod rächest.
Gaunt.
Diese Sache ist Gottes Sache; denn Gottes Substitut, sein gesalbter
Statthalter, hat seinen Tod verursacht; geschah es unrechtmäßig,
so überlaßt Gott die Rache; ich werde niemals einen
feindseligen Arm gegen seinen Diener aufheben.
Herzogin.
Gegen wen, ach! gegen wen mag ich dann, ich Unglükselige,
über mein Unrecht mich beklagen?
Gaunt.
Gegen den Himmel, den Beschüzer der Wittwe.
Herzogin.
Nun dann, so will ich; lebe wohl, alter Gaunt, lebe wohl. Du gehst
nach Coventry, ein Zuschauer des Kampfs zwischen unserm Bruder
Herford und dem lasterhaften Mowbray zu seyn. O, Himmel, lege
meines Gemals erlidtnes Unrecht auf Herfords Speer, damit er des
mördrischen Mowbrays Brust durchbohre; oder wenn unglüklicher
Weise sein Speer ihn verfehlt, o! so laß Mowbrays Verbrechen
so schwer in seinem Busen werden, daß es seinem schäumenden
Rosse den Naken breche, und der Reuter, so lang er ist, in die
Schranken falle, ein dem Tod verfluchtes Opfer, wiewol unwürdig
von Herfords edler Hand zu sterben. Lebe wohl, alter Gaunt; die
Unglükliche, die einst deines Bruders Weib war, hat nun keinen
andern Gespielen als einen Jammer, der nur mit ihrem Leben enden
kan.
Gaunt.
Schwester, lebet wohl; ich muß nach Coventry.
Herzogin.
Nur noch ein Wort; der Schmerz wird nie fertig; empfiehl mich
meinem Bruder Edmund von York; sieh', das ist alles - - Nein,
geh' noch nicht - - Ob diß gleich alles ist, so geh' nicht
so schnell, es wird mir noch mehr beyfallen. Sag' ihm - - O was?
Sag' ihm, er solle mich, so bald als möglich, zu Plaschie
besuchen. Aber, ach, was wird der gute alte York dort sehen, als
leere Gemächer und öde Wände, unbevölkerte
Nebenzimmer und unbetretne Steine? Was für einen andern Willkomm
wird er hören, als meine Klagen? Sag' ihm also - - Nein,
laß ihn nicht hinkommen. Was kan sein Mitleiden mir helfen.
Auf allen Seiten trostlos, will ich geh'n und sterben; diß
lezte Lebewohl nimmt mein weinendes Auge von dir!
(Sie gehen ab.)
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