Siebende Scene.
Der Kerkermeister, Bernardin, Claudio und Juliette zu den Vorigen.
Herzog.
Welcher ist dieser Bernardin, von dem ihr sprachet?
Kerkermeister.
Dieser, Gnädigster Herr.
Herzog.
Ein gewisser Mönch sagte mir von diesem Manne; Kerl, man
sagt du habest eine verstokte Seele, die nach dieser Welt nichts
fürchte, und du lebest dieser Denkungsart gemäß;
du bist zum Tode verurtheilt; doch will ich dir die Strafe nachlassen,
die deine Verbrechen in dieser Welt verdient haben; ich bitte
dich, wende diese Gnade dazu an, für eine bessere Zukunft
besorgt zu seyn; Frater, gebt ihm Anleitung dazu, ich übergebe
ihn in eure Hände. Was für ein vermummter Geselle ist
das?
Kerkermeister.
Es ist ein andrer Gefangner, den ich rettete und welcher sterben
sollte, als Claudio den Kopf verlohr; er gleicht dem Claudio so
sehr als sich selbst.
Herzog zu Isabella.
Wenn er euerm Bruder gleicht, so sey er um euertwillen begnadiget,
und um euers liebenswürdigen Selbst willen, gebt mir eure
Hand, und sagt ihr wollt mein seyn, so ist er mein Bruder dazu;
doch hievon zu gelegnerer Zeit. Angelo siehet hieraus, daß
er nichts mehr zu besorgen hat; mich däucht ich sehe einen
Schimmer von Hoffnung in seinen Augen. Gut, Angelo, ihr habt euer
Vergehen abgebüßt; liebet eure Gemahlin, ihr Werth
ergänzt den Eurigen. Ich finde mich heut ungemein aufgelegt
zur Nachsicht, und doch ist hier einer, dem ich nicht verzeihen
kan. (Zu Lucio.) Ihr, frecher Bursche, der mich für
einen Geken, eine Memme, einen lüderlichen Bruder, einen
Esel, einen Wahnwizigen kennet, womit hab ich um euch verdient,
daß ihr mich so erhebet?
Lucio.
Bey meiner Seele, Gnädigster Herr, ich sagt' es nur, weil
es Mode ist, böses von den Leuten zu sagen; wenn Euer Durchlaucht
mich deswegen hängen lassen will, so muß ich es leiden;
aber ich wollte lieber, daß es euch gefallen möchte,
mir den Staupbesen geben zu lassen.
Herzog.
Den Staupbesen zuerst, Herr, und hernach den Galgen. Kerkermeister,
laßt durch die ganze Stadt ausruffen, wenn irgend ein Weibsbild
sey, die sich über diesen Gesellen zu beschweren habe, (wie
ich ihn dann selbst habe sagen gehört, es sey eine schwanger
von ihm,) so soll sie sich darstellen, und er soll sie heurathen;
wenn die Hochzeit vorbey ist, so laßt ihn peitschen und
aufhängen.
Lucio.
Ich bitte Euer Durchlaucht, mich nicht an eine H** zu verheurathen;
Euer Durchlaucht sagte nur erst, ich habe euch zum Herzog gemacht;
Mein Gnädigster Herr, belohnet mich nicht so übel dafür,
und macht mich zu einem Hahnrey.
Herzog.
Bey meiner Ehre, du sollst sie heurathen. Deine Schmähungen
und alle deine übrigen Uebelthaten sollen dir vergeben seyn;
führt ihn indessen ins Gefängniß, und sehet, daß
mein Wille hierinn vollzogen werde. Ihr, Claudio, säumet
euch nicht, dem Frauenzimmer, das ihr gekränkt habt, Genugthüung
zu geben. Ich wünsche euch Glük, Mariane; liebet sie,
Angelo, ich habe ihre Beichte gehört, und kenne ihre Tugend.
Habe Dank, mein guter Freund Escalus, für deinen guten Willen,
du sollt Ursache finden dich dessen zu erfreuen. Habe Dank, Kerkermeister,
für deine Sorgfalt und Verschwiegenheit; wir werden dich
in einem würdigern Plaz zu gebrauchen wissen. Vergebt ihm,
Angelo, daß er euch Ragozins Kopf statt Claudios gebracht
hat; die Beleidigung vergiebt sich von selbst. Und ihr, meine
theure Isabella, wenn ihr ein williges Ohr zu der guten Gesinnung
neiget, die ich für euch trage, so ist was mein ist euer,
und was euer ist, mein; und hiemit führet uns in unsern Palast,
wo wir euch deutlicher entdeken werden, was ihr alle zu wissen
nöthig habt.
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