Fünfte Scene.
(Eine Strasse vor einem Gefängniß.)
Arthur tritt verkleidet an die Mauer desselben.
Arthur.
Die Mauer ist hoch, und doch will ich herunter springen. Guter
Boden, sey mitleidig und thu mir kein Leid. Es kennt mich hier
niemand, und wenn man mich auch kennte, so macht mich diese Gestalt
eines Schifferjungens völlig unerkenntlich. Ich fürchte
mich, und doch will ich es wagen. Wenn ich herunter komme, und
unbeschädigt bleibe, will ich tausend Mittel finden, davon
zu kommen; es ist eben so gut mein Leben zu wagen, indem ich zu
entkommen suche, als mein Leben zu verliehren, wenn ich bleibe.
(Er springt herab.) Weh mir, meines Oheims
Geist ist in diesen Steinen! Himmel, nimm meine Seele auf, und
England meine Gebeine.
(Er stirbt.)
Pembrok, Salisbury und Bigot treten auf.
Salisbury.
Lords, ich will ihm zu St. Edmondsbury entgegen kommen; es ist
für uns das sicherste; wir können in den gefährlichen
Umständen, worinn wir sind, dieses freundliche Anerbieten
nicht ausschlagen.
Pembrok.
Wer überbrachte diesen Brief von dem Cardinal?
Salisbury.
Der Graf von Melun, ein Französischer Edelmann, dessen mündliche
Erzählung von des Dauphins guter Gesinnung gegen uns mir
noch weit mehr gesagt hat, als dieser Brief
Bigot.
So wollen wir ihm dann morgen früh entgegen gehen.
Salisbury.
Oder vielmehr uns auf den Weg machen, denn wir werden zween lange
Tagreisen haben, eh wir bey ihm eintreffen werden.
Faulconbridge zu den Vorigen.
Faulconbridge.
Ich freue mich, euch noch einmal anzutreffen, Milords; der König
ersucht durch mich um eure unverzügliche Gegenwart.
Salisbury.
Der König hat sich selbst aus unserm Besiz gesezt; wir wollen
seinen dünnen besudelten Rok nicht mit unsrer reinen Ehre
füttern, noch den Fuß begleiten, der, wohin er tritt,
blutige Fußstapfen zurük läßt. Kehrt zurük,
und sagt ihm das; wir wissen das ärgste.
Faulconbridge.
Was ihr auch denken möget, so wären gute Worte, wie
ich glaube, das beste.
Salisbury.
Sir, Sir, Ungeduld hat ein Privilegium.
Faulconbridge.
Es ist wahr, seinem Besizer zu schaden, und sonst niemandem.
Pembroke.
Hier ist das Gefängniß; wer ligt hier? (Indem
er Arthur gewahr wird.)
Salisbury.
O Tod, stolz auf die Zerstörung dieser reinen und fürstlichen
Schönheit. Die Erde hat keine Grube, diese That zu verbergen.
Bigot.
Der Meuchelmord, als ob er selbst verabscheute, was er gethan
hat, legt sie offenbar zur Schau aus, um die Rache aufzureizen.
Salisbury.
Sir Richard, was denkt ihr? Habt ihr jemals so etwas gesehen,
oder gelesen, oder gehört, oder euch vorstellen können,
als ihr hier sehet; ja, könnt ihr es begreiffen, ob ihr's
gleich sehet? Könnte die Denkungs-Kraft, ohne einen solchen
Gegenstand, eine solche Vorstellung hervorbringen? Es ist der
Gipfel, die höchste Spize, das Aeusserste von dem Aeussersten
was der Meuchelmord wagen kan; es ist die blutigste Schandthat,
die wildeste Unmenschlichkeit, der niederträchtigste Streich,
den jemals die starr-augichte Wuth den Thränen des sanften
Mitleidens dargestellt hat.
Pembrok.
Alle Mordthaten die jemals geschehen sind, werden durch diese
entschuldiget; sie ist so einzig, so mit keiner andern zu vergleichen,
daß sie die noch ungebohrnen Sünden der Zukunft rein
und heilig, und einen jeden Menschen-Mord zu einem blossen Scherz
macht, in Vergleichung mit diesem abscheulichen Spektakel.
Faulconbridge.
Es ist eine verfluchte That, eine gottlose That einer mördrischen
Hand, wenn es anders die That irgend einer Hand ist.
Salisbury.
Wenn es die That irgend einer Hand ist? Wir hatten eine Art von
Licht, was erfolgen würde. Es ist die schändliche That
von Huberts Hand, die hierinn das Werkzeug zu dem Willen des Königs
gewesen ist. Und hier, schwöre ich meine Seele von allem
Gehorsam gegen ihn los, hier vor dem Ruin dieses anmuthigen Lebens
kniend, und athme zu dieser athemlosen Vortreflichkeit den Weyhrauch
eines Gelübdes, eines heiligen Gelübdes, daß ich
eher von keinem Vergnügen des Lebens kosten, eher keiner
Freude und keiner Ruhe den Zutritt zu mir lassen will, bis ich
diese ermordete Unschuld durch die feyrlichste Rache versöhnt
haben werde.
Pembrok. Bigot.
Unsre Seelen bekräftigen dein heiliges Gelübde!
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