Vierte Scene.
(Die Thüre der Celle öffnet sich, und entdekt Ferdinand
und Miranda, die mit einander Schach spielen.)
Miranda.
Mein liebster Herr, ihr spielt mir einen Streich.
Ferdinand.
Nein, meine Allerliebste, das wollt ich für die ganze Welt
nicht thun.
Miranda.
Wenn es Königreiche gälte, ihr würdet gewiß
schicaniren, und ich würd' es euch nicht übel nehmen.
Alonso.
Wenn das nur eine von den Erscheinungen dieser Insel ist, so werd'
ich einen theuren Sohn zweymal verliehren.
Sebastian.
Ein erstaunliches Wunder!
Ferdinand.
Wenn die Wellen schon drohen, so sind sie doch mitleidig; ich
habe ihnen ohne Ursache geflucht.
(Ferdinand kniet vor seinem Vater.)
Alonso.
O! alle Segnungen eines erfreuten Vaters ergiessen sich über
dich! Steh auf, und sage wie du hieher gekommen bist?
Miranda.
O Wunder! Wie viele feine Geschöpfe sind hier beysammen!
Wie schön ist das menschliche Geschlecht! O brave neue Welt,
die solche Einwohner hat!
Prospero.
Das ist etwas neues für dich.
Alonso.
Wer ist diß Mädchen, mit dem du spieltest? Eure längste
Bekanntschaft kan nicht drey Stunden seyn: Ist es die Göttin
die uns getrennet, und wieder zusammengebracht hat?
Ferdinand.
Sire, sie ist eine Sterbliche, aber durch unsterbliche Vorsicht,
ist sie mein. Ich wählte sie, da ich meinen Vater nicht zu
Rathe ziehen konnte, da ich nicht einmal denken durfte, einen
Vater zu haben. Sie ist die Tochter dieses berühmten Herzogs
von Meiland, von dem ich so vieles erzählen hörte, eh
ich ihn sah; von dem ich ein zweytes Leben empfangen habe, und
den diese junge Dame zu meinem zweyten Vater macht.
Alonso.
Ich bin der ihrige; aber, oh wie wunderlich wird es klingen, daß
ich mein Kind um Verzeihung bitten muß!
Prospero.
Haltet ein, Sire; laßt uns unser Gedächtniß nicht
mit unangenehmen Dingen beschweren, die vorüber sind.
Gonsalo.
Das Uebermaaß der zärtlichsten Freude ließ mich
nicht zu Worten kommen. Schauet herab, ihr Götter, und lasset
eine segensvolle Krone auf dieses Paar herunter steigen; denn
ihr seyd es, die den Weg vorgezeichnet, der uns hieher gebracht
hat.
Alonso.
Ich sage: Amen, Gonsalo!
Gonsalo.
Mußte Prospero von Meiland vertrieben werden, damit seine
Nachkommen Könige von Neapel werden möchten! O freuet
euch über alle gewöhnliche Freuden, und grabt es in
Gold auf ewig daurende Pfeiler! In Einer Reise fand Claribella
einen Gemahl zu Tunis, und Ferdinand, ihr Bruder, eine Braut,
da wo er selbst verlohren war; Prospero sein Herzogthum in einer
armen Insel, und wir alle uns selbst, zu einer Zeit, da niemand
sein eigen war.
Alonso (zu Miranda und Ferdinand.)
Gebt mir eure Hände. (Er legt ihre Hände in einander.)
Gram und Kummer umschling' auf ewig dessen Herz, der euch
nicht Freude wünschet!
Gonsalo.
So sey es, Amen!
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