Fünfte Scene.
(Das Gefängniß.)
Der Kerkermeister und Harlequin.
Kerkermeister.
Hieher, Bursche, könnt ihr einem Mann den Kopf abschlagen?
Harlequin.
Wenn der Mann ein Junggeselle ist, Herr, so kan ich's; wenn er
aber ein Ehemann ist, so ist er seines Weibes Haupt; und ich kan
unmöglich einem Weibsbild den Kopf abschlagen.*
Kerkermeister.
Laßt eure Schäkereyen, Herr, und gebt mir eine gescheidte
Antwort. Morgen früh sollen Claudio und Bernardin sterben;
wir haben hier in diesem Gefängniß einen öffentlichen
Scharfrichter, der einen Gehülfen nöthig hat; wenn ihr
euch entschliessen wollt, dieser Gehülfe zu seyn, so wird
es euch von euern Fesseln frey machen; wo nicht, so macht euch
gefaßt eure volle Zeit im Gefängniß auszuhalten,
und bey eurer Entlassung eine unbarmherzige Tracht Prügel
mit auf den Weg zu bekommen; denn ihr wißt, daß ihr
ein stadtkündiger H** Wirth gewesen seyd.
Harlequin.
Herr, ich bin ein unehrlicher H** Wirth gewesen; doch, das ist
nun vorbey, und man redt nicht gerne davon; ich bin es zufrieden,
nun ein ehrlicher Henker zu werden; es wird mir ein Vergnügen
seyn, einigen Unterricht von meinem Herrn Collegen zu erhalten.
Kerkermeister.
Holla, Abhorson! Wo ist Abhorson?
Abhorson kommt.
Abhorson.
Ruft ihr mir, mein Herr?
Kerkermeister.
Hier ist ein Kerl, der euch morgen bey Hinrichtung der Verurtheilten
helfen will; wenn ihr es gut findet, so vergleicht euch mit ihm
für ein Jahr, und behaltet ihn hier bey euch; wo nicht, so
braucht ihn für diesesmal, und laßt ihn wieder seines
Weges gehen. Er kan sich nicht beschweren, daß er mit euch
in die gleiche Linie gestellt wird; er ist ein H** Wirth gewesen.
Abhorson.
Ein H** Wirth, mein Herr? Pfui, er wird unsre Kunst in einen bösen
Ruf bringen.
Kerkermeister.
Geht, geht, und macht euch keinen Scrupel; ihr wägt gleich
viel; eine Feder würde die Wagschalen verrüken.
(Er geht ab.)
Harlequin zu Abhorson.
Ich bitte euch, mein Herr, mit eurer Erlaubniß, nennt
ihr eure Beschäftigung eine Kunst?
Abhorson.
Ja, Herr, eine Kunst.
Harlequin.
Mahlen, Herr, hab ich sagen gehört, ist eine Kunst, und da
eure H**, welche sich sehr gut auf das Mahlen verstehen, Mitglieder
meiner Zunft sind, so ist also bewiesen, daß meine Beschäftigung
eine Kunst ist; aber was für eine Kunst - - im Hängen
seyn sollte, wenn ich gehenkt würde, kan ich mir nicht
vorstellen - -**
Der Kerkermeister kommt zurük.
Kerkermeister.
Seyd ihr mit einander übereingekommen?
Harlequin.
Herr, ich bin entschlossen, sein Knecht zu seyn; denn es däucht
mich, ein Henker zu seyn ist ein bußfertigeres Gewerbe als
ein H** Wirth zu seyn; er bittet öfter um Verzeihung.
Kerkermeister.
Macht euern Blok und euer Beil zu rechte, bis morgen um vier Uhr.
Abhorson.
Komme mit, H**bube, ich will dir zeigen wie du dich zu deinem
neuen Handwerk anschiken must; folge mir.
Harlequin.
Ich bin sehr lehrbegierig, Herr; und ich hoffe, wenn ihr etwann
Gelegenheit bekommen solltet, mich für euch selbst zu gebrauchen,
ihr werdet mich eifrig finden; Eure Gewogenheit für mich
verdient wahrhaftig keine geringere Dankbarkeit von meiner Seiten.
(Sie gehen ab.)
Kerkermeister.
Ruft Claudio und Bernardin hieher; mit dem einen hab' ich Mitleiden;
mit dem andren, der ein Mörder ist, nicht ein Jot, und wenn
er mein Bruder wäre.
* Der Spaß ligt hier in einem Wortspiel, das sich nicht
übersezen läßt.
** Hier ist, nach Herrn Warbürtons Anmerkung, eine ziemliche
Lüke im Original, welche auch die zwey Reden, die noch übrig
sind, ganz unverständlich macht. Es verlohnt sich der Mühe
nicht, diese Scene ergänzen zu wollen, da sie selbst nach
Warbürtons darauf übelangewandter Arbeit ein abgeschmaktes
Gewebe von albernen Wortspielen bleibt.
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