Zurück zur Startseite Zurück zur Homepage
Zurück zur Startseite
Shakespeares Biographie
Alle Dramen
Schülerwissen
Die Sonette
Verfilmungen
Fragen & Antworten
Shakespeare in Englisch
Elizabethanisches Zeitalter
Shakespeare im Internet
Gästebuch
Impressum



    

Fünfter Aufzug.

Ein Zimmer. Es ist Nacht.

Erster Auftritt.

Arzt. Kammerfrau. Gleich darauf Lady Macbeth.

Arzt. Zwo Nächte hab' ich nun mit Euch durchwacht
Und nichts entdeckt, was Eure seltsame Erzählung
Bestätigte. Wann war es, daß die Lady
Zum letztenmal nachtwandelte?

Kammerfrau.                                   Seitdem der König
Zu Feld gezogen, hab' ich sie gesehn,
Daß sie von ihrem Bette sich erhob,
Den Schlafrock überwarf, ihr Kabinet
Aufschloß, Papier herausnahm, darauf schrieb,
Es las, zusammenlegte, siegelte,
Dann wiederum zu Bette ging – und das alles
Im tiefsten Schlafe.

Arzt.                               Eine große Störung
In der Natur, zu gleicher Zeit die Wohlthat
Des Schlafs genießen und Geschäfte
Des Wachens thun! Doch, außer dem Herumgehn,
Und was sie sonst noch vornahm, habt Ihr sie
In diesem Zustand etwas reden hören?

Kammerfrau. Nichts, was ich weiter sagen möchte, Sir!

Arzt. Mir dürft Ihr's sagen, und ich muß es wissen.

Kammerfrau. Nicht Euch, noch irgend einem lebenden
Geschöpf werd' ich entdecken, was ich weiß,
Da Niemand ist, der mir zum Zeugen diente!
– Seht! Seht! Da kommt sie! So pflegt sie zu gehn,
Und in dem tiefsten Schlaf, so wahr ich lebe!
Gebt Acht auf sie, doch machet kein Geräusch!

(Lady Macbeth kommt mit einem Lichte.)

Arzt. Wie kam sie aber zu dem Licht?

Kammerfrau.                                       Es stand
An ihrem Bette. Sie hat immer Licht
Auf ihrem Nachttisch. Das ist ihr Befehl.

Arzt. Ihr seht, sie hat die Augen völlig offen.

Kammerfrau. Ja! Aber die Empfindung ist verschlossen!

Arzt. Was macht sie jetzt? Seht, wie sie sich die Hände reibt!

Kammerfrau. Das bin ich schon von ihr gewohnt, daß sie
So thut, als ob sie sich die Hände wüsche.
Ich hab' sie wohl zu ganzen Viertelstunden
An einem fort nichts Andres thun sehn.

Lady. Hier ist doch noch ein Flecken.

Arzt.                                                   Still! Sie redt!
Ich will mir Alles merken, was sie sagt,
Damit ich nichts vergesse.

Lady. Weg, du verdammter Flecken! Weg, sag' ich!
Eins! Zwei! – Nun, so ist's hohe Zeit! – Die Hölle ist
Sehr dunkel – Pfui doch! Ein Soldat und feige!
Laß es auch ruchbar werden! Ist doch Niemand
So mächtig, uns zur Rechenschaft zu ziehen!
Wer dacht' es aber, daß der alte Mann
Noch so viel Blut in Adern hätte!

Arzt.                                                     Hört Ihr?

Lady. Der Than von Fife hatt' eine Frau – Wo ist
Sie nun? Was? Wollen diese Hände nimmer
Rein werden? – Nichts mehr, mein Gemahl! –
O, nicht doch! Nicht doch! Ihr verderbet Alles
Mit diesem starren Hinsehn!

Arzt.                                             Gehet! Geht!
Ihr wißt etwas, das Ihr nicht wissen solltet.

Kammerfrau. Sie sprach etwas, das sie nicht sprechen sollte,
Das ist kein Zweifel. Weiß der Himmel, was
Sie wissen mag!

Lady.                           Das riecht noch immer fort
Nach Blut! – Arabiens Wohlgerüche alle
Versüßen diese kleine Hand nicht mehr.
Oh! Oh!

Arzt.               Hört! Hört! Was für ein Seufzer war das!
O, sie hat etwas Schweres auf dem Herzen!

Kammerfrau. Nicht für die ganze Hoheit ihres Standes
Möcht' ich ihr Herz ich meinem Busen tragen.

Arzt. Wohl! Wohl!

Kammerfrau.         Das gebe Gott, daß es so sei!

Arzt. Ich kann mich nicht in diese Krankheit finden;
Doch kannt' ich mehr Dergleichen, die im Schlaf
Gewandelt und als gute Christen doch
Auf ihrem Bette starben.

Lady.                                       Wascht die Hände!
Den Schlafrock über! Sehet nicht so bleich aus!
Ich sag's Euch, Banquo liegt im Grab, er kann
Aus seinem Grab nicht wieder kommen.

Arzt.                                                               Wirklich?

Lady. Zu Bett! Zu Bette! – An die Pforte wird
Geklopft! Kommt! Kommt! Gebt mir Eure Hand!
Geschehne Dinge sind nicht mehr zu ändern.
Zu Bett! Zu Bette! (Sie geht ab.)

Arzt.                             Geht sie nun zu Bette?

Kammerfrau. Gerades Wegs.

Arzt.                                       Man raunt sich Grauenvolles
In die Ohren, unnatürlich ungeheure
Verbrechen wecken unnatürliche
Gewissensangst, und die beladne Seele beichtet
Dem tauben Kissen ihre Schuld – Ihr ist
Der Geistliche nothwend'ger, als der Arzt.
Gott! Gott! vergib uns allen! – Sehet zu,
Nehmt Alles weg, womit sie sich ein Leides
Thun könnte! Laßt sie ja nicht aus den Augen!
Nun gute Nacht! Mir ist ganz schauerlich zu Muth.
Ich denke, aber wage nicht, zu reden. (Sie gehen ab.)

 
Offne Gegend. Prospect, ein Wald.

Zweiter Auftritt.

Angus. Lenox. Lords und Soldaten im Hintergrund.

Angus. Das Heer der Engelländer ist im Anzug,
Von Malcolm, unserm Prinzen, angeführt,
Von Seiward, seinem tapfern Ohm, und Macduff.
Der Rache heilig Feuer treibt sie an;
Denn solche tödtliche Beleidigungen,
Als der Tyrann auf sie gehäuft, entflammten
Selbst abgestorbne Büßende zur Wuth
Und stachelten sie auf zu blut'gen Thaten.

Lenox. Dort ist das Birnamer Gehölz. Sie ziehn
Durch diesen Wald; da können wir am Besten
Zu ihrem Heere stoßen – Weiß Jemand,
Ob Donalbain bei ihnen ist?

Angus.                                         Es ist gewiß,
Daß er bei diesem Herr sich nicht befindet.
Ich habe ein Verzeichniß aller Edeln,
Die Malcolms Fahnen folgen. Seiwards Sohn
Ist unter ihnen, nebst noch vielen andern
Unbärt'gen Knaben, die noch keine Schlacht
Gesehn und ihres Muthes Erstlinge
In diesem heil'gen Krieg beweisen wollen.

Lenox. Sie finden keinen würdigeren Kampf
Und keine beßre Sache. Laßt uns eilen,
Den Fahnen des Tyrannen, welchen Gott
Verfluchte, zu entfliehn und an das Heer,
Bei dem der Sieg ist, muthvoll uns zu schließen.
Dort, wo das Recht, ist unser Vaterland.

Angus. Auf, gegen Birnam! (Man hört Trommeln in der Ferne.)

Lenox.                                 Hört Ihr jene Trommeln?
Die britt'schen Völker nahen. Laßt sie uns
Mit unsern Trommeln kriegerisch begrüßen!

(Trommeln auf der Scene antworten denen hinter derselben.)

Dritter Auftritt.

Vorige. Malcolm. Seiward, Vater und Sohn. Macduff. Rosse. Soldaten mit Fahnen, die im Hintergrund halten.

Malcolm. Ich hoffe, Vettern, nah ist nun der Tag,
Wo Schlafgemächer wieder frei sein werden.

Rosse. Wir zweifeln nicht daran.

Seiward.                                       Sieh! Wer sind Diese,
Die sich gewaffnet gegen uns bewegen?

Malcolm. Steht!

Macduff.             Haltet ein!

Rosse.                                   Wer seid ihr?

Lenox.                                                         Freunde Schottlands
Und Feinde des Tyrannen.

Rosse.                                       Jetzt, mein Feldherr,
Erkenn' ich sie. Es ist der edle Than
Von Lenox und von Angus.

Malcolm.                                     Seid willkommen!
Was bringt ihr, ehrenvolle Thans?

Lenox.                                                   Uns selbst,
Ein treues Herz und Schwert für unsern König!

Angus. Wir kommen, unsre Treu und Dienstespflicht
Dahin zu tragen, wo sie hingehört,
Und suchen Schottland unter Englands Fahnen.

Malcolm. Glücksel'ge Vorbedeutung! Frohes Pfand
Des Siegs – Laßt euch umarmen, edle Freunde!
Ja, unsre Waffen werden glücklich sein,
Da sich die besten Herzen zu uns wenden.

Seiward. Womit geht der Tyrann jetzt um? Wir hören,
Er liegt voll Zuversicht in seiner Burg
Und will dort die Belagerung erwarten?

Angus. Er hat sich in das Bergschloß Dunsinan
Geworfen, das er stark befestiget.
Er soll von Sinnen sein, sagt man. Sein Anhang
Nennt's eine kriegrische Begeisterung.
Wohl mag er seiner selbst nicht Meister bleiben
In diesem Kampf der Wuth und der Verzweiflung.

Lenox. Nun schießt die Blutsaat, die er ausgesät,
Zur fürchterlichen Ernte rächend auf.
Jedweder Augenblick zeugt einen Abfall,
Der seinen eignen Treubruch ihm vergilt.
Die Wenigen, die ihm noch treu geblieben,
Knüpft Liebe nicht, nur Furcht an seine Fahnen;
Wo nur ein Weg zur sichern Flucht sich zeigt,
Verläßt ihn Groß und Klein.

Rosse. Jetzt fühlt er, daß der angemaßte Purpur
Der Majestät so schlotterig und lose
Um ihn herumhängt, wie des Riesen Rock
Um eines Zwerges Schultern, der ihn stahl.

Macduff. Laßt unsern Tadel, so gerecht er ist,
Bis nach dem Ausschlag des Gefechtes schweigen,
Und führen wir als Männer jetzt das Schwert!

Seiward. Wie heißt der Wald hier vor uns?

Rosse.                                                           Birnamswald.

Seiward. Laßt jeden Mann sich einen Ast abhauen
Und vor sich her ihn tragen. Wir beschatten
Dadurch die Anzahl unsres Heers und machen
Die Kundschaft des Tyrannen an uns irre.

Alle. Es soll geschehen!

(Sie zerstreuen sich nach dem Hintergrund, um die Zweige abzubrechen.)

 
Zimmer.

Vierter Auftritt.

Macbeth. Der Arzt. Bediente.

Macbeth. Verkündiget mir nichts mehr! Laßt sie alle
Zum Feind entfliehen! Bis der Birnamwald
Sich in Bewegung setzt auf Dunsinan,
Nicht eher kennt mein tapfres Herz die Furcht!
Was ist der Knabe Malcolm? Ward er nicht
Von einem Weib geboren? Geister, die
Die ganze Folge irdischer Geschicke
Durchschauen, sprachen dieses Wort:
Sei furchtlos, Macbeth! Keiner, den ein Weib
Gebar, hat über die Gewalt! – So flieht!
Flieht hin, ihr eidvergeßnen Thans, schließt euch
An diese britt'schen Zärtlinge! Der Geist,
Der mich beherrscht, dies Herz, das in mir schlägt,
Wird nicht von Furcht, von Zweifeln nicht bewegt. (Zu einem Bedienten, der hereintritt.)
Daß dich der Teufel bräune, Milchgesicht!
Wie kommst du zu dem gänsemäß'gen Ansehn?

Bedienter (erschrocken, athemlos).
Zehntausend –

Macbeth.                 Gänse, Schuft?

Bedienter.                                         Soldaten, Herr!

Macbeth. Reib dein Gesicht und streiche deine Furcht
Erst roth an, du milchlebrigter Geselle!
Was für Soldaten, Geck! Verdamm' dich Gott!
Dein weibisch Ansehn steckt mir noch die Andern
Mit Feigheit an – Was für Soldaten, Memme?

Bedienter. Die englische Armee, wenn Ihr's erlaubt.

Macbeth. Schaff' dein Gesicht mir aus den Augen! –Seyton!
– Ich kriege Herzweg, wenn ich's sehe – Seyton!
Das muß entscheiden! Dieser Stoß versichert
Mein Glück auf immer oder stürzt mich jetzt!
– Ich habe lang genug gelebt! Mein Frühling
Sank bald ins Welken hin, in gelbes Laub,
Und was das hohe Alter schmücken sollte,
Gehorsam, Liebe, Ehre, Freundestreu,
An alles das ist nun gar nicht zu denken!
Statt dessen sind mein Erbtheil Haß und Flüche,
Nicht laut, doch desto inn'ger, Heuchelworte,
Ein leere Munddienst, den das Herz mir gern
Verweigerte, wenn es nur dürfte – Seyton!

 
Fünfter Auftritt.

Macbeth. Arzt. Seyton.

Seyton. Was ist zu Eurem gnädigsten Befehl?

Macbeth. Gibt's sonst was Neues?

Seyton.                                           Herr, es hat sich alles
Bestätigt, was erzählt ward.

Macbeth.                                     Ich will fechten,
Bis mir das Fleisch von allen Knochen ab-
Gehackt ist – Meine Rüstung!

Seyton.                                           Herr, es eilt nicht!

Macbeth. Ich will sie anziehn. Schickt mehr Reiter aus,
Durchstreift das ganze Land, und an den Galgen,
Wer von Gefahr spricht – Gib mir meine Rüstung!
– Wie steht's um unsre liebe Kranke, Doctor?

Arzt. Krank nicht sowohl, mein König, als beängstigt
Von Phantasien, die ihr die Ruhe rauben.

Macbeth. So heile sie davon. Kannst du ein krankes
Gemüth von seinem Grame nicht befrei'n,
Ein tief gewurzelt quälendes Bewußtsein
Nicht aus der Seele heilend ziehen, nicht
Die tiefen Furchen des Gehirnes glätten,
Nicht sonst mit irgend einem süßen Mohn
Den Krampf auflösen, der das Herz erstickt?

Arzt. Herr, darin muß die Kranke selbst sich rathen.

Macbeth. So fluch' ich deiner Kunst, mir frommt sie nicht. (Zu dem Diener.)
Kommt! Meine Rüstung! Gebt mir meinen Stab!
        (Indem er sich waffnet.)
– Du, Seyton, schicke – Doctor! Mich verlassen
Die Thans – Komm! Komm! Mach' hurtig! – Guter Doctor,
Wenn du die Krankheit meines Königreichs
Ausspähn, sein scharfes Blut versüßen, ihm
Das vor'ge Wohlsein könntest wieder geben,
Dann wollt' ich deiner Thaten Herold sein
Und Echo selbst mit deinem Lob ermüden.
– Was für Rhabarber, Senna oder andre
Purganzen möchten wohl dies britt'sche Heer
Abführen? Sprich! Vernahmst du nichts davon?

Arzt. Ja, mein Gebieter. Eure kriegrischen
Anstalten machen, daß wir davon hören.

Macbeth. Laßt sie heran ziehn – Mich erschreckt kein Feind,
Bis Birnams Wald vor Dunsinan erscheint.

Arzt (für sich). Wär' ich nur erst mit ganzer Haut davon,
Zurücke brächte mich kein Fürstenlohn!

Macbeth. Dies feste Schloß trotzt der Belagerung!
Laßt sie da liegen, bis der Hunger sie,
Die Pest sie aufgerieben. Stünden ihnen
Nicht die Verräther bei, die uns verließen,
Wir hätten sie, Bart gegen Bart, empfangen
Und heimgepeitscht – (Hinter der Scene wird gerufen.)
                                  Was für ein Lärm ist das?

Seyton. Es sind die Weiber, welche schrein, mein König!
        (Eilt hinaus mit dem Arzt.)

Macbeth. Ich habe keinen Sinn mehr für die Furcht.
Sonst gab es eine Zeit, wo mir der Schrei
Der Eule Grauen machte, wo mein Haar
Bei jedem Schreckniß in die Höhe starrte,
Als wäre Leben drin – Jetzt ist es anders.
Ich hab' zu Nacht gegessen mit Gespenstern,
Und voll gesättigt bin ich von Entsetzen. (Seyton kömmt zurück.)
Was gibt's? Was ist geschehn?

 
Sechster Auftritt.

Macbeth. Seyton.

Seyton.                                               Die Königin
Ist todt!

Macbeth (nach einem langen Stillschweigen).
                Wär' sie ein andermal gestorben!
Es wäre wohl einmal die Zeit gekommen
Zu solcher Botschaft! (Nachdem er gedankenvoll auf und ab gegangen.)
                                  Morgen, Morgen
Und wieder Morgen kriecht in seinem kurzen Schritt
Von einem Tag zum andern, bis zum letzten
Buchstaben der uns zugemeßnen Zeit,
Und alle unsre Gestern haben Narren
Zum modervollen Grabe hingeleuchtet!
– Aus, aus, du kleine Kerze! Was ist Leben?
Ein Schatte, der vorüber streicht! Ein armer Gaukler,
Der seine Stunde lang sich auf der Bühne
Zerquält und tobt; dann hört man ihn nicht mehr.
Ein Märchen ist es, das ein Thor erzählt,
Voll Wortschwall, und bedeutet nichts.

 
Siebenter Auftritt.

Vorige. Ein Bote.

Macbeth.                                                       Du kommst,
Die Zunge zu gebrauchen. Faß dich kurz!

Bote. Herr! Ich – ich sollte sagen, was ich sah,
Und weiß nicht, wie ich's sagen soll.

Macbeth.                                                   Gut! Sag' es!

Bote. Als ich auf meinem Posten stand am Hügel,
Sah ich nach Birnam, und da däuchte mir,
Als ob der Wald anfing sich zu bewegen.

Macbeth (faßt ihn wüthend an). Du Lügner und verdammter Bösewicht!

Bote. Herr, laßt mich Euren ganzen Grimm erfahren,
Wenn's nicht so ist. Auf Meilenweite könnt Ihr ihn
Selbst kommen sehen. Wie ich sage, Herr!
Ein Wald, der wandelt!

Macbeth.                               Mensch! Hast du gelogen,
So hängst du lebend an dem nächsten Baum,
Bis dich der Hunger ausgedorrt. Sagst du
Die Wahrheit, nun, so frag' ich nichts darnach,
Ob du mit mir das Gleiche thust – Mein Glaube
Beginnt zu wanken, mir entweicht der Muth.
Ich fürchte einen Doppelsinn des Teufels,
Der Lügen sagt, wie Wahrheit – Fürchte nichts,
Bis Birnams Wald auf Dunsinan heranrückt!

Und jetzo kommt ein Wald auf Dunsinan!
Die Waffen an! Die Waffen und hinaus!
Verhält sich's wirklich also, wie er sagt,
So ist kein Bleiben hier, so hilft kein Flüchten.
Ich fange an, der Sonne müd zu sein,
Könnt' ich mit mir die ganze Welt vernichten!
Schlagt Lärmen! Winde, stürmet! Brich herein,
Zerstörung! Will das Schicksal mit uns enden,
So fallen wir, die Waffen in den Händen. (Ab.)

 
Ein freier Platz vor der Festung, vorn Gebäude, in der Ferne Landschaft, die ganze Tiefe des Theaters wird zu dieser Scene genommen.

Achter Auftritt.

Malcolm. Seiward. Seiward Sohn. Macduff. Rosse. Angus. Lenox. Soldaten. Alle rücken aus der hintersten Tiefe des Theaters mit langsamen Schritten vorwärts, die Zweige vor sich her und über dem Haupte tragend.

Malcolm (nachdem der Zug bis in die Mitte der Scene vorgerückt).
Nun sind wir nahe gnug – Werft eure grünen Schilde
Hinweg und zeigt euch, wie ihr seid! – Ihr führt
Das erste Treffen an, mein würd'ger Oheim,
Nebst Eurem edeln Sohn – Indessen wir
Und dieser würd'ge Held (auf Macduff zeigend) nach unserm Plan
Das Uebrige besorgen.

(Die vordern Soldaten geben ihre Zweige an die hintern, von Glied zu Glied, so daß das Theater davon leer wird.)

Seiward.                               Lebet wohl!
Und finden wir den Feind noch vor der Nacht,
So sieht der Morgen die geschlagne Schlacht.

Macduff. Gebt Athem allen kriegrischen Trompeten,
Den Herolden zum Morden und zum Tödten.

(Kriegerische Musik. Schlacht im Hintergrunde.)

 
Neunter Auftritt.

Macbeth. Dann der junge Seiward.

Macbeth. Sie haben mich an einen Pfosten angebunden;
Entfliehen kann ich nicht. Ich muß mein Leben
Vertheidigen, wie ein gehetzter Bär!
Wer ist Der, den kein Weib gebar! Ihn hab' ich
Zu fürchten, Keinen sonst.

Junger Seiward (tritt auf). Wie ist dein Name?

Macbeth. Hör' ihn und zittre!

Junger Seiward.                     Zittern werd' ich nicht,
Und gäbst du dir auch einen heißern Namen,
Als einer in der Höll'.

Macbeth.                             Mein Nam' ist Macbeth.

Junger Seiward. Der Satan selbst kann keinen scheußlichern mir nennen.

Macbeth. Und keinen furchtbarern!

Junger Seiward.                             Du lügst, verworfener
Tyrann! Mit meinem Schwert will ich beweisen,
Daß du das lügst! (Sie fechten. Der junge Seiward fällt.)

Macbeth.                     Dich hat ein Weib geboren!
Der Schwerter lach' ich, die von Sterblichen
Geschwungen werden, die ein Weib gebar!

(Er geht ab. Die Schlacht dauert fort.)

 
Zehnter Auftritt.

Macduff tritt auf.

Der Lärm ist dorthin! – Zeige dich, Tyrann!
Fällst du von einer andern Hand als meiner,
So plagen mich die Geister meines Weibes
Und meiner Kinder ruhelos. Ich kann
Das Schwert nicht ziehen gegen jene Kernen,
Die man gedungen hat, den Speer zu tragen.
Du bist es, Macbeth – oder ungebraucht
Steck' ich mein Schwert zurück in seine Scheide.
Dort mußt du sein – Der große Lärm und Drang
Macht einen Krieger kund vom ersten Rang.
Laß mich ihn finden, Glück! Ich will nicht mehr. (Ab.)

 
Eilfter Auftritt.

Seiward und Malcolm treten auf.

Seiward. Hierher, mein Prinz – Das Schloß hat sich ergeben.
Die Völker des Tyrannen weichen schon;
Die edeln Thane fechten tapfer, nur
Noch wen'ge Arbeit, und der Tag ist unser!

Malcolm. Wir haben es mit Feinden, deren Streiche
An uns vorbei gehn!

Seiward.                           Folgt mir in die Festung! (Ab.)

 
Zwölfter Auftritt.

Macbeth. Gleich darauf Macduff.

Macbeth. Warum soll ich den röm'schen Narren spielen
Und in das eigne Schwert mich stürzen? Nein,
Solang ich Lebende noch um mich sehe,
Wend' ich es besser an!

(Indem er abgehn will, kömmt Macduff auf die Scene.)

Macduff.                               Steh, Höllenhund!

Macbeth. Du bist der einzige von allen Menschen,
Den ich vermied – Geh! Meine Seele ist
Genug beladen schon mit deinem Blut.

Macduff. Ich hab' nicht Worte, meine Stimme ist
In meinem Schwert – Du Böswicht, blutiger,
Als Worte es beschreiben!

(Er dringt wüthend auf ihn ein; sie fechten eine Zeitlang ohne Entscheidung.)

Macbeth (inne haltend).               Du verlierst die Müh'.
So leicht vermöchtest du die geist'ge Luft
Mit deines Schwertes Schneide zu verletzen,
Als Macbeth bluten machen! Laß den Eisen
Auf Schädel fallen, die verwundbar sind;
In meiner Brust wohnt ein bezaubert Leben,
Das Keinem weichet, den ein Weib gebar.

Macduff. Nun, so verzweifle denn an deinem Zauber
Und laß den Teufel dir, dem du von je
Gedient, kund thun, daß Macduff vor der Zeit
Aus seiner Mutter Leib geschnitten ist.

Macbeth. Die Zunge sei verflucht, die mir das sagt!
Sie hat das Beste meiner Männerkraft
Entnervt! Verflucht, wer diesen gaukelnden
Dämonen ferner traut, die hinterlistig
Mit Doppelsinn uns täuschen, unserm Ohr
Wort halten, unsre Hoffnung hintergehn!
– Ich will nicht mit dir fechten.

Macduff.                                           So ergibt dich, Memme,
Und lebe, um die Fabel und das Schauspiel
Der Zeit zu sein. Wir wollen dich, wie irgend
Ein seltnes Ungeheuer, abgemalt
Auf einer Stange tragen und darunter schreiben:
Hier ist zu sehen der Tyrann!

Macbeth.                                       Ich will
Mich nicht ergeben, um vor diesem Knaben
Malcolm zu knieen und den Staub zu küssen
Und eures Pöbels Fluch ein Ziel zu sein.
Ist gleich der Birnams Wald auf Dunsinan
Heran gerückt, bist du, mein Gegner, gleich
Vom Weibe nicht geboren, dennoch sei
Das Aeußerste versucht! Hier halt' ich
Den kriegerischen Schild vor meinen Leib.
Fall aus, triff, und verdammt sei, wer zuerst
Ruft: Halt, genug! (Sie gehen fechtend ab.)

 
Dreizehnter Auftritt.

Malcolm. Seiward. Rosse. Angus. Lenox. Soldaten.

Malcolm. Möcht' ich die edeln Freunde, die wir missen,
Doch wohl erhalten wiedersehn!

Seiward. Prinz! Ein'ge müssen schon das Opfer werden,
Und wie ich seh', ist dieser große Tag
Wohlfeil genug erkauft.

Malcolm. Macduff und Euren edelmüth'gen Sohn
Vermißt man.

Rosse.                     Euer edler Sohn, mein Feldherr,
Bezahlte als ein Krieger seine Schuld,
Und nicht so bald hatt' er sein tapfres Herz
Im Kampf bewährt, so starb er als ein Mann.

Seiward. So ist er todt?

Rosse.                           Vom Schlachtfeld schon getragen.
Meßt Euren Schmerz nicht ab nach seinem Werth,
Sonst wär' er grenzenlos.

Seiward. Hat er die Wunden vorn?

Rosse.                                             Ja, auf der Stirn.

Seiward. Nun denn, so sei er Gottes Mann! Hätt' ich
So viel der Söhne, als ich Haare habe,
Ich wünschte keinem einen schönern Tod.
Sein Grablied ist gesungen.

Malcolm.                                     Ihm gebührt
Ein größer Lied; das soll ihm werden.

Seiward.                                                       Ihm
Gebührt nicht mehr. Sie sagen, er schied wohl
Und zahlte seine Zeche. Gott mit ihm!
– Da kommt uns neuer Trost!

 
Letzter Auftritt.

Vorige. Macduff mit der Rüstung und der Krone Macbeths.

Macduff. Heil dir, o König, denn du bist's! Im Staube
Liegt der Tyrann, und hier ist seine Beute.
Die Zeit ist wieder frei! Ich sehe dich
Umgeben von den Edeln deines Reichs;
Sie sprechen meinen Gruß im Herzen nach,
Und ihre Stimmen mischen sich mit meiner.
Heil Schottlands König!

Alle.                                       Heil dem König Schottlands! (Trompetenstoß.)

Malcolm. Wir wollen keinen Augenblick verlieren,
Mit eurer aller Liebe Abrechnung
Zu halten und mit Jedem quitt zu werden.
Ruhmvolle Thans und Vettern, ihr seid Grafen
Von heute an: die Ersten, welche Schottland
Mit diesem Ehrennamen grüßt – Was nun
Die erste Sorge unsers Regiments
Sein muß, die Rückberufung der Verbannten,
Die vor der Tyrannei geflohen, die Bestrafung
Der blut'gen Diener dieses todten Schlächters
Und seiner teufelischen Königin,
Die, wie man sagt, gewaltsam blut'ge Hand
Gelegt hat an sich selbst, dies, und was sonst
Noch noth thut, wollen wir mit Gottes Gnade
Nach Maß und Ort und Zeit zu Ende bringen.
Und somit danken wir auf einmal Allen
Und laden euch nach Scone zu unsrer Krönung.

Ende


Fünfter Aufzug

 

 

 

 

© 1997 - 2004 Andriz. Keine Vervielfältigung ohne erfolgte Genehmigung von Andriz oder den jeweiligen Autoren.