Siebende Scene.
Die Abbtißin mit Antipholis und Dromio von Syracus zu
den Vorigen.
Abbtissin.
Gnädigster Herr, sehet hier einen Mann, dem das gröste
Unrecht geschehen ist.
(Alle drängen sich, ihn zu sehen.)
Adriana.
Was seh ich? betrügen mich meine Augen? Ich seh meinen Mann
gedoppelt.
Herzog.
Einer von diesen beyden Männern ist der Genius des andern.
Und so ist es auch mit diesen. Welcher von Beyden ist der natürliche
Mensch, und welcher der Geist? Wer entziefert sie?
Dromio von Syracus.
Ich, Herr, bin Dromio; heißt ihn fortgehen.
Dromio von Ephesus.
Ich bin Dromio, Herr; laßt mich da bleiben.
Antipholis von Syracus.
Bist du nicht Aegeon, mein Vater? oder bist du sein Geist?
Dromio von Syracus.
O! mein guter alter Herr, wer hat euch so gebunden?
Abbtissin.
Wer ihn auch so gebunden haben mag, ich will ihn los machen, und
durch seine Freyheit einen Ehemann gewinnen. Rede, alter Aegeon,
wenn du der Mann bist, der einst ein Weib, Aemilia genannt, hatte,
die dir auf einmal zween schöne Söhne gebahr? O wenn
du eben dieser Aegeon bist so rede, und rede zu eben dieser Aemilia.
Herzog.
Wie, hier fangt die Geschichte, die er diesen Morgen erzählte,
sich zu entwikeln an; diese zween Antipholis und diese zween Dromio
sind diese Brüder, die nicht von einander unterschieden werden
konnten; hier sind die Eltern dieser Kinder, und der Zufall hat
sie heute zusammen gebracht.
Aegeon.
Wenn ich nicht träume, so bist du Aemilia, wenn du sie bist,
so sage mir wo ist der Sohn, der mit dir auf dem fatalen Boote
schwamm?
Abbtissin.
Er und ich, und der Zwilling Dromio, wurden alle von Männern
von Epidamnum aufgefangen; allein bald darauf nahmen ihnen rohe
Fischers-Leute von Corinth, Dromio und meinen Sohn mit Gewalt
ab, und mich liessen sie bey denen von Epidamnum. Was hernach
aus ihnen wurde, kan ich nicht sagen; ich bin in diesen Stand
gekommen, worinn ihr mich seht.
Herzog (zum Antipholis von Syracus.)
Antipholis, du kamst ja anfangs von Corinth hieher?
Antipholis von Syracus.
Nicht ich, Gnädigster Herr; ich kam von Syracus.
Herzog.
Stellt euch einander gegen über; ich verwechsle euch immer
mit einander.
Antipholis von Ephesus.
Ich kam von Corinth, Gnädigster Herr.
Dromio von Ephesus.
Und ich mit ihm.
Antipholis von Ephesus.
Von dem berühmten Helden, dem Herzog Menaphon, euerm ehren-vollen
Oheim, in diese Stadt gebracht.
Adriana.
Welcher von euch beyden aß heute mit mir zu Mittag?
Antipholis von Syracus.
Ich, werthe Madam.
Adriana.
Ihr seyd also nicht mein Mann?
Antipholis von Ephesus.
Nein, dazu sag' ich nein.
Antipholis von Syracus.
Das thu ich auch, ob ihr mich gleich so nenntet, und dieses schöne
Frauenzimmer, eure Schwester, mich Bruder hieß. Was ich
euch damals sagte, werde ich, wie ich hoffe, Gelegenheit bekommen,
zu bestätigen, wenn anders das, was ich sehe und höre
nicht ein Traum ist.
Angelo.
Diß ist die Kette, mein Herr, die ihr von mir bekamet.
Antipholis von Syracus.
Ich denk' es ist so; ich läugn' es nicht.
Antipholis von Ephesus.
Und ihr, Herr, seztet mich um dieser Kette willen in Verhaft?
Angelo.
Ich denk', ich that es; ich läugn' es nicht.
Adriana.
Ich schikt' euch durch den Dromio Geld, mein Herr, um euch wieder
frey zu machen; aber, ich denk, er bracht' es euch nicht.
Dromio von Ephesus.
Nicht durch mich.
Antipholis von Syracus.
Diesen Beutel mit Ducaten erhielt ich von euch, und Dromio, mein
Sclave, bracht ihn mir. Ich sehe, wir begegneten immer einer des
andern seinem Diener, und er wurde für mich, und ich für
ihn gehalten; und daraus entstanden alle diese Irrungen.
Antipholis von Ephesus.
Diese Ducaten verpfände ich für meinen Vater hier.
Herzog.
Es ist nicht nöthig, dein Vater hat sein Leben.
Courtisane.
Mein Herr, ich muß diesen Diamant wieder haben.
Antipholis von Ephesus.
Hier nehmt ihn, und grossen Dank für meine gute Bewirthung.
Abbtissin.
Gnädigster Herzog, geruhet die Mühe zu nehmen, und mit
uns in diese Abbtey hier zu gehen, und der umständlichen
Erzählung aller unsrer Schiksale zuzuhören; und ihr
alle hier, die durch den sympathetischen Irrthum dieses Tages
Unrecht erlidten habt, kommt und leistet uns Gesellschaft, und
ihr sollt vollständige Genugthüung erhalten. Fünf
und zwanzig Jahre, meine Söhne, bin ich mit euch in Kinds-Nöthen
gewesen, und erst in dieser glüklichen Stunde, bin ich meiner
schweren Bürden entbunden. Der Herzog, mein Mann, meine beyden
Kinder, und ihr, die Calender ihrer Geburt, sollen alle mit mir
zu einem Gevatterschmaus kommen, und nach so vielem Weh über
diese Geburt sich mit mir freuen.
Herzog.
Von Herzen gern will ich euer frölicher Gast seyn.
(Sie gehen ab.)
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