Neunte Scene.
Adriana, Luciana, die Courtisane und Doctor Zwik, zu den Vorigen.
Antipholis von Ephesus.
Kommt weiter; ich sehe dort meine Frau kommen.
Dromio von Ephesus.
Respice finem, Madam, schaut auf euer End; nehmt euch vor
dem Strik in acht - -
Antipholis von Ephesus.
Willst du das Maul halten.
(Er schlägt ihn wieder.)
Courtisane.
Was sagt ihr izt? Ist euer Mann nicht toll?
Adriana.
Ich kan nicht mehr daran zweiflen, da er so wild thut. Lieber
Doctor Zwik, ihr seyd ein Beschwörer, gebt ihm seine Vernunft
wieder, und fordert was ihr nur wollt dafür.
Luciana.
Au weh, wie feurig und wild er um sich schaut!
Courtisane.
Bemerkt, wie er vor Wuth zittert.
Zwik.
Gebt mir eure Hand, damit ich euern Puls befühlen kan.
Antipholis von Ephesus (giebt ihm eine Ohrfeige.)
Hier ist meine Hand, die euer Ohr befühlen soll.
Zwik.
Ich beschwöre dich, Satan, der du diesen Mann besessen hast,
bey allen Heiligen des Himmels beschwör' ich dich, auszufahren,
und in deinen Ort der Finsterniß straks zurük zu kehren.
Antipholis von Ephesus.
Stille, wahnwiziger Hexenmeister, ich bin nicht toll.
Adriana.
O wollte Gott, du wär'st es nicht, arme verrükte Seele!
Antipholis von Ephesus.
Ihr Schäzgen, ihr, sind das eure Gesellschafter? War es dieser
Geselle mit dem saffrangelben Gesicht hier, der heut in meinem
Hause mit euch schmaußte und lustig machte, indessen daß
die Thüre schändlicher Weise vor mir verschlossen, und
der Eingang in mein Haus mir mit Gewalt verwehrt wurde?
Adriana.
O mein lieber Mann, Gott weiß, daß ihr bey Hause zu
Mittag gegessen habt; wollte der Himmel ihr wäret dort geblieben,
und hättet euch nicht so öffentlich auf der Strasse
in ein böses Geschrey gebracht.
Antipholis von Ephesus (zu Dromio.)
Aß ich in meinem Hause zu Mittag, Galgenschwengel? Was
sagst du?
Dromio von Ephesus.
Herr, die Wahrheit zu sagen, ihr habt nicht bey Hause zu Mittag
gegessen.
Antipholis von Ephesus.
Waren meine Thüren nicht verriegelt, und wurd' ich nicht
ausgesperrt?
Dromio von Ephesus.
Parbleu, eure Thüren waren verriegelt, und ihr ausgesperrt.
Antipholis von Ephesus.
Und wies sie mich nicht selbst schimpflich ab?
Dromio von Ephesus.
Scherz à part, sie wies euch schimpflich ab.
Antipholis von Ephesus.
Schimpfte und verspottete mich nicht ihr Küchen-Mensch?
Dromio von Ephesus.
Ma foi, die Küchen-Vestalin verspottete euch.
Antipholis von Ephesus.
Und gieng ich nicht endlich voller Wuth fort?
Dromio von Ephesus.
En verité, das thatet ihr; meine Knochen sind Zeugen,
die seitdem die Stärke eurer Wuth gefühlt haben.
Adriana (zu Zwik.)
Ist es gut, ihm in diesen verkehrten Einfällen recht
zu geben?
Zwik.
Es ist nicht unrecht; der Kerl merkt wo es ihm fehlt, und, um
ihn nicht noch mehr aufzubringen, sagt er zu allen seinen phrenetischen
Reden ja.
Antipholis von Ephesus (zu Adriana.)
Du hast den Goldschmidt aufgehezt, daß er mich in Verhaft
nehmen lassen sollte.
Adriana.
Himmel! Durch diesen Dromio hier hab ich euch Geld geschikt, euch
zu befreyen, da er in gröster Eil dafür gelauffen kam.
Dromio von Ephesus.
Ihr schiktet Geld durch mich? Guten Willen mögt ihr wol geschikt
haben; aber das versichre ich euch, nicht einen Heller Geld.
Antipholis von Ephesus.
Giengest du nicht zu ihr, um einen Beutel mit Ducaten zu holen?
Adriana.
Er kam zu mir, und ich gab ihn ihm.
Luciana.
Und ich bin Zeuge, daß sie es gethan hat.
Dromio von Ephesus.
Gott und der Seiler sind Zeugen, daß ich nach nichts als
nach einem Strik geschikt worden bin.
Zwik.
Madam, der Herr und der Knecht ist einer so besessen als wie der
andre; ich seh es an ihrem blassen und tödtlichen Aussehen;
man muß sie binden, und in ein dunkles Gemach einsperren.
Antipholis von Ephesus.
Sag', warum verschlossest du das Haus vor mir; und du, Kerl, warum
läugnest du den Beutel mit Geld ab?
Adriana.
Ich habe euch nicht ausgeschlossen, mein lieber Mann.
Dromio von Ephesus.
Und ich, mein lieber Herr, ich habe kein Gold empfangen; aber
das bekenn' ich, Herr, daß wir ausgeschlossen worden sind.
Adriana.
Du verstellter Galgenstrik, du lügst beydes.
Antipholis von Ephesus.
Du verstellte Meze, du bist in allem falsch, und hast dich mit
einem verdammten Gesindel zusammen verschworen, mich um meine
Ehre zu bringen, und zum Spott und Scheusal vor der Welt zu machen.
Aber mit diesen Nägeln will ich dir diese falschen Augen
ausreissen, welche ihre Lust daran sehen wollen, daß ein
so schändliches Spiel mit mir getrieben wird.
Drey oder vier Kerle treten auf, und erbieten sich, ihn zu
binden; er wehrt sich.
Adriana.
O bindet, bindet ihn, laßt ihn mir nicht nahe kommen.
Zwik.
Noch mehr Leute - - Der böse Feind ist mächtig in ihm.
Luciana.
O weh, der arme Mann, wie bleich und verstellt er aussieht!
Antipholis von Ephesus.
Wie, wollt ihr mich ermorden? Du, Gerichtsdiener, ich bin dein
Gefangner; willst du leiden, daß sie mich dir entführen?
Gerichtsdiener.
Ihr Herren, laßt ihn gehen; er ist mein Gefangner, und ihr
sollt ihn nicht haben.
Zwik.
Geht, bindet diesen Mann auch, er ist so gut mondsüchtig
als die andern.
Adriana.
Was willt du hier, du unverständiger Gerichtsdiener? Was
für eine Freude hast du daran, zu sehen, daß ein armer
verrükter Mann sich selbst Schaden und Leids zufügt?
Gerichtsdiener.
Er ist mein Gefangner; wenn ich ihn gehen lasse, muß ich
die Schuld bezahlen, wegen welcher er in Verhaft gekommen ist.
Adriana.
Ich will dich stehendes Fusses befriedigen; führe mich nur
zu seinem Geläubiger; (Sie binden Antipholis und Dromio.)
sobald ich weiß, wie hoch sich die Schuld beläuft,
will ich sie bezahlen. Lieber Herr Doctor, sorget dafür,
daß er unversehrt heim in mein Haus gebracht werde. O unglükseliger
Tag!
Antipholis von Ephesus.
O unglükselige Meze!
Dromio von Ephesus.
Herr, ich bin hier euertwegen in Banden.
Antipholis von Ephesus.
Geh' zum T** du Galgenschwengel! Willst du mich rasend machen?
Dromio von Ephesus.
Wollt ihr denn um nichts gebunden seyn? Raset, mein lieber Herr;
ruft, der Teufel - -
Luciana.
Gott helf uns! Die armen Tröpfe, was sie für Reden führen!
Adriana.
Geht, führt ihn weg; Schwester, bleib du bey mir. (Zwik,
Antipholis und Dromio gehen ab.) Nun, sagt mir, auf wessen
Klag ist er im Verhaft?
Gerichtsdiener.
Auf eines Goldschmidts, Namens Angelo; kennt ihr ihn?
Adriana.
Ja; wie viel ist er ihm schuldig?
Gerichtsdiener.
Zweyhundert Ducaten.
Adriana.
Und wofür?
Gerichtsdiener.
Für eine Kette, die euer Mann von ihm hatte.
Adriana.
Er bestellte eine Kette für mich, aber er hat sie noch nicht
empfangen.
Courtisane.
Gleich darauf, nachdem euer Mann in seiner Tollheit in mein Haus
eingefallen war, und mir meinen Ring genommen hatte, begegnet'
ich ihm auf der Strasse, und sah' daß er eine Kette am Halse
trug.
Adriana.
Es mag seyn, aber ich habe sie nie gesehen. Kommt, Gerichtsdiener,
führt mich zu dem Goldschmidt; es verlangt mich sehr, die
Umstände von der Sache zu erfahren.
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