Dritter Aufzug.
Erste Scene.
Die Strasse vor Antipholis Haus.
Antipholis von Ephesus, Dromio von Ephesus, Angelo und Balthasar
treten auf.
Antipholis von Ephesus.
Mein lieber Herr Angelo, ihr müßt uns entschuldigen;
meine Frau ist verdrießlich, wenn ich nicht zur gewöhnlichen
Zeit nach Hause komme; sagt, ich habe mich bey euch in eurer Werkstatt
aufgehalten, um der Arbeit ihrer Kette zuzusehen, und ihr wollet
ihr sie morgen überbringen. Aber hier ist ein Galgenschwengel,
der mir ins Gesicht behaupten will, er habe mich auf dem Markt
angetroffen; und ich hab' ihm Schläge gegeben, und tausend
Mark an Gold von ihm gefodert, und ich hab' ihm meine Frau und
mein Haus abgeläugnet: Du besoffener Kerl, du, was meyntest
du mit allem diesem Gewäsche?
Dromio von Ephesus.
Sagt was ihr wollt, Herr, ich weiß doch was ich weiß;
daß ihr mich auf dem Markt geschlagen habt, das kan ich
mit eurer Hand beweisen; wäre mein Fell Pergament, und die
Ohrfeigen die ihr mir gegeben habt, Dinte, so würde eure
eigne Handschrift sagen was ich denke.
Antipholis von Ephesus.
Ich denke, du bist ein Esel.
Dromio von Ephesus.
Mein Six, das erhellet aus den Schlägen, die ich ohne Ursache
gekriegt habe.
Antipholis von Ephesus.
Ihr seyd düster, Herr Balthasar? Der Himmel gebe, daß
unsre Mahlzeit meinem guten Willen entspreche. Wenn ihr nicht
gut bewirthet werdet, so seyd wenigstens versichert, daß
ihr nicht willkommner seyn könntet. (Er will die Thür
aufmachen.) Sachte! die Thür ist verriegelt; geh', Dromio,
sag' ihnen, daß sie uns einlassen.
Dromio von Ephesus.
Mathilde, Brigitte, Marian, Cäcile, Cathrine, Susanne!
Dromio von Syracus (hinter der Thür.)
Flegel, Schlingel, Bengel, Gek, Mauskopf, Frazen-Gesicht!
Entweder scherr dich von der Thüre, oder siz' auf die Zaken;
was für eine verzweifelte Menge Menscher beschwörst
du da zusammen, da es an einer zuviel gegen einem ist; scherr
dich von der Thür.
Dromio von Ephesus.
Was für ein Flegel ist Thürhüter bey uns worden?
Mein Herr wartet hier auf der Strasse, mach auf.
Dromio von Syracus.
Laß ihn gehn woher er gekommen ist, oder er möchte
sich die Füsse, hier erkälten.
Antipholis von Ephesus.
Wer redt da drinnen? holla; macht die Thür auf.
Dromio von Syracus.
Gleich, Herr, wenn ihr mir nur erst sagen wollt, warum?
Antipholis von Ephesus.
Warum, Schurke? Weil ich zu mittag essen will; ich habe heute
noch nichts gegessen.
Dromio von Syracus.
Und werdet heute auch in diesem Hause nichts zu essen kriegen;
kommt ein ander mal wieder.
Antipholis von Ephesus.
Wer bist du, der mich zu meinem eignen Hause hinausschließt?
Dromio von Syracus.
Der zeitige Thürhüter, Herr, und mein Nam ist Dromio,
wenn's euch lieb ist.
Dromio von Ephesus.
O du Galgenvogel, hast du mir meinen Namen zusammt meinem Amt
gestohlen? Bist du Dromio? Ich wollte du wärst es heute gewesen;
es war ein Anlas, wo ich meinen Namen wohlfeil gegeben
hätte.*
(Weil man den Antipholis nicht einlassen will, fangt dieser
an ungeduldig werden, und will die Thür mit Gewalt einstossen,
worüber ein grosser Lerm entsteht.)
Adriana (hinter der Scene.)
Wer ist da vor der Thür, der einen solchen Lermen macht?
Dromio von Syracus.
Bey meiner Six, es giebt böse Buben in eurer Stadt.
Antipholis von Ephesus.
Seyd ihr da, Frau? Ihr hättet wol bälder kommen können.
Adriana.
Eure Frau, Herr Spizbube? Geht, pakt euch von der Thüre fort.
Angelo.
Mein Herr, ich sehe wol, hier ist weder was gutes zu essen, noch
ein freundlicher Willkomm zu haben - - wir halten uns vergeblich
auf.
Antipholis von Ephesus.
Geh', hole mir was, daß ich die Thür aufbrechen kan.
Dromio von Syracus.
Versuchts, und brecht hier was, wenn ihr wollt daß ich euch
den Schädel zerbrechen soll.
Antipholis von Ephesus.
Geh', sag' ich, hole mir ein Stemm-Eisen - -
Balthasar.
Habt Geduld, mein Herr; ich bitte euch, fangt nichts dergleichen
an; ihr würdet einen Anfall auf euren eignen guten Namen
thun, und die nie verlezte Ehre eurer Frauen in Verdacht bringen.
Bedenket nur das; die lange Erfahrung, die ihr von ihrer klugen
Aufführung und von ihrer Tugend habt, ihre bekannte Sittsamkeit,
und selbst ihr geseztes Alter rechtfertigen sie gegen allen Verdacht;
es muß irgend eine gute Ursache seyn, wenn ihr sie gleich
nicht wißt, warum die Thüren dißmal so vor euch
verriegelt sind; und zweifelt nicht, mein Herr, daß sie
sich vollkommen deßwegen wird rechtfertigen können.
Folget mir, und zieht euch in Geduld zurük, und laßt
uns alle in den Tyger zum Mittag-Essen gehen, auf den Abend geht
dann allein nach Hause, und erkundigst euch um die Ursache dieser
seltsamen Begebenheit. Wenn ihr mit Gewalt ins Haus einbrechen
wolltet, am hellen Tag und da alle Strassen voller Leute sind,
so würde gleich ein allgemeines Stadt-Mährchen draus
werden; und das könnte, so wie die Welt alles aufs schlimmste
auszudeuten pflegt, eurer Ehre einen Fleken anhängen, der
euch bis ins Grab bleiben könnte.
Antipholis von Ephesus.
Ihr habt mich überzeugt; ich will in der Stille abziehen,
und ich hab' im Sinn mich lustig zu machen, so wenig ich auch
Ursache dazu habe. Ich kenne ein Weibsbild von unvergleichlichem
Umgang, hübsch und wizig, muthwillig, und doch artig. Dort
wollen wir zu Mittag essen; meine Frau hat mir sie schon oft,
aber versichert ohne Ursache, vorgerupft; wir wollen geh'n und
bey ihr zu Mittag essen. Geht ihr heim, Angelo, und holt die Kette;
sie wird izt wol fertig seyn; bringt sie, ich bitte euch, zum
Stachel-Schwein, denn das ist das Haus; ich will die Kette meiner
Wirthin dort geben, und wenn es auch nur meiner Frauen zum Possen
wäre. Säumt euch nicht, mein werther Herr. Weil meine
eigne Thüre mich nicht einlassen will, muß ich sehen
wo ich eine andre offen finde.
Angelo.
Mein Herr, ich will euch in einer oder zwo Stunden daselbst aufwarten.
Antipholis von Ephesus.
Gut, mein Herr; (für sich.) Dieser Spaß wird
mich Geld kosten.
(Sie gehen ab.)
* Man ist genöthiget, hier einen guten Theil von kleinen
sinnreichen Reden auszulassen, die zwischen den Bedienten und
einer Magd vorfallen, und in lauter Wortspielen bestehen, so sie
einander zuwerfen.
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