Zehnte Scene.
Faulconbridge zu den Vorigen.
Faulconbridge.
Oh! ich bin athemlos und ganz abgebrüht, vor äusserster
Eilfertigkeit Eu. Majestät zu sehen.
König Johann.
Vetter, du kommst eben recht, mir die Augen zuzudrüken; das
Takelwerk meines Herzens ist zerrissen und verbrannt, und alle
die Thaue, womit mein Leben segeln sollte, sind bis auf einen
einzigen Faden, ein armes kleines Haar abgenuzt; mein Herz hängt
nur noch an einem einzigen schwachen Zwirn, der nur so lange halten
wird, bis du deine Zeitungen gesagt hast; und dann ist alles was
du siehst, nur ein Kloz und Model von zerstörter Majestät.
Faulconbridge.
Der Dauphin rüstet sich, hieher vorzudringen, und der Himmel
weiß, wie wir ihm begegnen sollen; denn ich habe in einer
Nacht, da ich mich mit Vortheil zurükziehen wollte, meine
besten Truppen in den Morästen von Lincoln verlohren, alle,
ohne Rettung, von der unerwarteten Fluth verschlungen.
(Der König stirbt.)
Salisbury.
Ihr athmet diese tödtlichen Zeitungen in ein todtes Ohr - -
Mein Gebieter, mein König - - doch - - kaum ein König,
izt diß.
Heinrich.
Eben so muß ich nun lauffen, und eben so stille stehn. Was
für Sicherheit, was für Hoffnung, kan uns diese Welt
geben, wenn das, was eben izt ein König war, so bald ein
Erdkloß ist.
Faulconbridge.
Bist du dahin? O! ich bleibe nur zurük, das Amt der Rache
statt deiner zu vollziehen; und dann soll meine Seele dir im Himmel
aufwarten, wie sie dir auf Erden immer gedient hat - - (Zu
den Lords.) Nun, nun, ihr Sterne, die ihr in eure Kreise
zurükgetreten seyd, wo sind eure Völker? Beweiset nun
eure wiedergekehrte Treue und eilet unverzüglich wider mit
mir zurük, um ausländische Verwüstung und ewige
Schmach aus der schwachen Thüre unsers unmächtigen Landes
auszutreiben. Laßt uns den Feind eilends aufsuchen, oder
wir werden von ihm gesucht werden. Der Dauphin wüthet beynahe
an unsern Fersen.
Salisbury.
So scheint es also, ihr wisset nicht so viel als wir. Der Cardinal
Pandolph ist hier, und ruhet drinnen aus, indem er nur vor einer
halben Stunde von dem Dauphin mit solchen Friedens-Vorschlägen
hieher gekommen, die wir mit Ehre und Vortheil, zu Endigung des
gegenwärtigen Kriegs, annehmen können.
Faulconbridge.
Er wird desto geneigter zum Frieden seyn, wenn er uns zur Vertheidigung
gefaßt sehen wird.
Salisbury.
Die Sache ist gewisser massen schon in Richtigkeit; denn er hat
schon den grösten Theil seiner Kriegsgeräthschaft nach
der Küste abgeschikt, und dem Cardinal Vollmacht gegeben,
den Frieden zu machen; und wenn ihr es gut befindet, so wollen
wir, ihr, ich selbst und die übrigen Lords uns diesen Nachmittag
mit ihm auf den Weg machen, um dieses Geschäfte glüklich
zu Ende zu bringen.
Faulconbridge.
Laßt es so seyn; und ihr, mein edler Prinz, mit den übrigen
Fürsten, die am besten geschont werden können, bleibet
zurük, euers Vaters Leichenbegängniß zu besorgen.
Heinrich.
Zu Worcester soll, vermöge seines lezten Willens, sein Leichnam
beerdiget werden.
Faulconbridge.
Er soll also dahin gebracht werden, und glüklich möge
Euer theurstes Selbst die Erbfolge und den glorreichen Scepter
dieses Landes übernehmen, als welchem ich hier, mit aller
Unterwürfigkeit, auf meinen Knien, meine getreuen Dienste
und immerwährenden Gehorsam angelobe.
Salisbury.
Eben dieses Gelübde thut unsre zärtliche Liebe, welche
auf ewig ohne einigen Fleken dauern soll.
Heinrich.
Meine gerührte Seele wünscht euch danken zu können,
und weiß es nicht anders zu thun als durch Thränen.
Faulconbridge.
Laßt uns einem Uebel, welches wir so lange zum voraus bejammert
haben, nur nöthige Trauer bezahlen - - So lag England niemals,
und soll künftig nie zu eines Erobrers Füssen ligen,
als wenn es sich vorher durch seine eigne Hände verwundet
hat. Nun, da diese seine Fürsten wieder heimgekehrt sind,
nun laßt drey Theile der Welt in Waffen herkommen, und wir
sind stark genug, sie abzutreiben. So lange England sich selbst
getreu bleibt, ist nichts das uns erschreken kan!
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