Fünfter Aufzug.
Erste Scene.
(Der Englische Hof.)
König Johann, Pandolph und Gefolge treten auf.
König Johann.
Hiemit übergeb ich in eure Hand diesen Cirkel meiner Königs-Würde.
(Er giebt ihm die Crone.)
Pandolph.
Empfanget wieder aus dieser meiner Hand, als ein Lehen des Papsts,
eure königliche Grösse und Autorität.
König Johann.
Und nun haltet euer geheiligtes Wort; gehet den Franzosen entgegen,
und bedienet euch aller Gewalt, die ihr von Sr. Heiligkeit habt,
ihnen, eh sie unser ganzes Reich in Flammen sezen, die Grenzen
zu versperren. Unsre mißvergnügten Grafschaften lehnen
sich auf, unser Volk sträubt sich gegen seine Pflicht, und
schwört einem fremden Blute Treue und Unterwürfigkeit.
Dieser Schwall einer fieberhaften Schwärmerey kan von euch
allein besänftiget werden. Säumet also nicht; denn die
gegenwärtige Zeit ist so krank, daß sie, ohne die Hülfe
schleuniger Arzneymittel, gar bald unheilbare Folgen nach sich
zöge.
Pandolph.
Mein Athem war es, der wegen euers halsstarrigen Bezeugens gegen
den Papst, dieses Ungewitter erregte; nachdem ihr euch aber auf
eine so glükliche Art verändert habt, so soll eben dieser
Athem, diesen Sturm des Kriegs wieder hinweg hauchen, und schönes
Wetter in euerm erschütterten Lande machen. An diesem Auffahrts-Tage,
erinnert euch dessen wol, geh ich, auf den Eid hin so ihr zum
Dienst des Papsts geschworen habt, die Franzosen zu vermögen,
daß sie die Waffen niederlegen.
(Er geht ab.)
König Johann.
Ist heute Auffahrts-Tag? Sagte nicht der Prophet: An diesem Tage,
zu Mittag, sollt ich meine Crone niederlegen? Was hab ich gethan;
ich meynte, es sollte durch Gewalt geschehen, aber dem Himmel
sey Dank, es geschah bloß freywillig.
Faulconbridge tritt auf.
Faulconbridge.
Ganz Kent hat sich ergeben; nichts hält sich noch als Dover-Castle;
London hat wie ein freundlicher Wirth den Dauphin und sein Kriegsheer
aufgenommen; eure Edeln wollen euch nicht hören, sondern
sind im Begriff, ihre Dienste euerm Feind anzubieten; und die
kleine Zahl eurer wankenden Freunde treibt wilde Betäubung
hin und her.
König Johann.
War die Nachricht, daß Arthur lebe, nicht vermögend,
meine Lords zur Wiederkehr zu mir zu bewegen?
Faulconbridge.
Sie haben ihn todt auf die Strasse geworffen gefunden; ein leeres
Kästchen, woraus der Juweel so darinn verschlossen war, das
Leben, von irgend einer verdammten Hand weggestohlen worden.
König Johann.
Der nichtswürdige Bube Hubert sagte mir, er lebe.
Faulconbridge.
Ich wollte für ihn schwören daß er nichts anders
wußte - - aber warum seyd ihr so niedergeschlagen? Warum
seht ihr so traurig? Seyd groß in Thaten, wie ihr es in
Entschliessungen gewesen seyd. Laßt die Welt keine Furcht,
kein banges Mißtrauen in einem königlichen Auge lesen;
seyd unternehmend, wie die Gelegenheit die euch auffordert. Sezet
dem Feuer Feuer entgegen, drohet dem Dräuer und trozet der
rümpfenden Stirne der pralenden Gefahr; so werden eure Anhänger,
die ihre Aufführung von ihrem Oberhaupt borgen, durch euer
Beyspiel groß werden, und einen unerschroknen Muth fassen.
Hinweg, und schimmert wie der Kriegs-Gott, wenn er dem Sieg entgegenzieht;
zeigt Kühnheit und Vertrauen auf euch selbst und euer Glük!
Wie, sollen sie den Löwen in seiner Höle aufsuchen,
und sie sollen ihn da erschreken, ihn zittern machen? O! laßt
das nicht gesagt werden. Geht dem Feind herzhaft auf den Leib,
und ringet mit ihm, eh er in das Herz euers Landes eindringt.
König Johann.
Der Legat des Papsts ist bey mir gewesen, und ich habe Frieden
mit ihm gemacht, und er hat mir versprochen, den Dauphin wieder
heim zu schiken.
Faulconbridge.
O unrühmliches Bündniß! Fremde sollen in unser
Land einfallen, und wir sollen kein anders Mittel haben, als Unterhandlungen,
Compromiß und erbettelten Waffenstillstand, um sie uns vom
Halse zu schaffen? Ein unbärtiger Junge, ein verzärtelter
seidener Stuzer soll übermüthig über unsre Felder
einherziehn, seinen Muthwillen auf einem kriegerischen Boden herumtummeln,
der Luft mit dem bunten Gepränge seiner flatternden Fahnen
spotten, und keinen Widerstand finden? Zu den Waffen, mein Königlicher
Herr; vielleicht erhält der Cardinal seine Absicht nicht;
und wenn er sie auch erhält, so laßt doch wenigstens
von uns gesagt werden, daß wir in der Verfassung gewesen,
uns wehren zu können.
König Johann.
Ich übertrage dir die Gewalt, alles anzuordnen und zu thun,
was du in unsern gegenwärtigen Umständen nöthig
findest.
Faulconbridge.
Auf dann, und guten Muth gefaßt; ich bin gewiß, daß
unsre Parthey im Stande wäre, einem stärkern Feind entgegen
zu gehen.
(Sie gehen ab.)
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