Zweyte Scene.
(Verwandelt sich in den Hof von England.)
König Johann, Pembroke, Salisbury, und andre Lords
treten auf.
König Johann.
So sizen wir dann noch einmal wieder hier, noch einmal gekrönt,
und, wie ich hoffe, mit gewognen Augen angesehen.
Pembroke.
Dieses noch einmal, war, mit Euer Hoheit Erlaubniß, überflüßig;
ihr seyd vorher schon gekrönt worden, und dieser königliche
Schmuk ist euch niemals abgerissen, niemals die euch zugeschworne
Treue durch Empörung gebrochen worden. Kein Verlangen nach
Veränderungen hat das Land beunruhiget, und niemand hat sich,
in Hoffnung sein Glük zu verbessern, nach neuen Staats-Auftritten
gelüsten lassen.
Salisbury.
Dieser doppelte Pomp einen Titel zu befestigen, der vorhin schon
sicher war, ist eben soviel als feines Gold übergülden,
die Lilie weiß färben, die Viole parfumiren, das Eis
glätten, den Regenbogen mit einer neuen Farbe bereichern,
und dem schönen Auge des Himmels durch ein Fakel-Licht einen
höhern Glanz geben wollen; es ist vergebliche Verschwendung
und lächerlicher Ueberfluß.
Pembroke.
Allein, da euer königlicher Wille erfüllt werden mußte,
so ist dieser Actus nun ein neu-erzähltes altes Mährchen;
jedoch, weil eine ungelegne Zeit dazu genommen worden, bey der
lezten Wiederholung, widrig und übel aufgenommen.
Salisbury.
Das graue und wohlbekannte Angesicht des alten ächten Herkommens
ist dadurch sehr entstellt; es giebt, gleich einem unversehns
sich drehenden Winde, dem Lauf der Gedanken einen neuen Schwung,
schrekt die stuzende Ueberlegung auf, und macht gesunde Gesinnungen
krank, und Wahrheit verdächtig, da es in einer so neuzugeschnittnen
Kleidung aufzieht.
Pembroke.
Wenn Handwerksleute sich bemühen noch besser zu machen als
gut, so bringt ihr Fleiß Mißgeburten hervor; und die
Entschuldigung eines Fehlers macht oft den Fehler desto schlimmer,
weil die Entschuldigung ein neuer Fehler ist; wie Lappen, die
auf einen kleinen Riß gesezt werden, ein Gewand durch die
Verbergung des Risses mehr entstellen, als der Riß that,
eh er so geflikt war.
Salisbury.
Aus diesen Betrachtungen mißriethen wir diese neue Krönung
eh sie vollzogen wurde; allein es gefiel Eu. Hoheit darüber
hinaus zu gehen, und wir lassens uns alle wol gefallen; indem
alles und jedes, was wir wollen könnten, vor Eu. Hoheit Willen
Halte machen muß.
König Johann.
Einige Ursachen von dieser doppelten Krönung hab' ich euch
schon eröffnet, und ich halte sie für stark. Noch weit
stärkere werd' ich euch zu seiner Zeit entdeken, und ich
bin also dieses Puncts wegen ohne Furcht. Inzwischen zeiget nur
an, was ihr gerne verbessert hättet, und ihr sollt erfahren,
wie bereitwillig ich eure Bitten anhören und erfüllen
will.
Pembroke.
Erlaubet also, Gnädigster Herr, daß ich, als derjenige,
der die Zunge von diesen allen ist, und die Gedanken ihres Herzens
ausspricht, (für Sie sowol als mich selbst, am meisten aber
für eure eigne Sicherheit, für welche wir alle unsre
besten Bemühungen anwenden) angelegenst um die Befreyung
des jungen Arthur bitten; dessen Einsperrung die murmelnden Lippen
des Mißvergnügens in gefährliche Reden auszubrechen
reizt. Wenn ihr das, was ihr in Ruhe besizt, auch mit Recht besizt,
warum soll die Furcht (die, wie man sagt, sonst nur den Fußtritt
des Unrechts begleitet,) euch bewegen, euern jungen Neffen einzusperren,
ihn in einer barbarischen Unwissenheit zu lassen, und seiner Jugend
alle Vortheile einer guten Erziehung zu versagen? Laßt euch
also gefallen, damit die Uebelgesinnten keinen Vorwand haben,
dessen sie bey Gelegenheit sich bedienen könnten, uns eine
Bitte zu gewähren, wozu Ihr selbst uns aufgemuntert habet,
und ihm seine Freyheit zu schenken, um die wir nicht anders zu
unserm besten bitten, als weil unser bestes von dem Eurigen abhängt.
Hubert zu den Vorigen.
König Johann.
Ich bin es zufrieden, und vertraue seine Jugend eurer Aufsicht
an - - Hubert, was bringt ihr Neues?
Pembroke (zu Salisbury.)
Das ist der Mann, der die blutige That thun sollte, er zeigte
einem von meinen Freunden, den Befehl den er dazu hatte. Das Bild
einer gräßlichen Uebelthat lebt in seinem Auge; sein
betretnes und gezwungnes Aussehen verräth ein sehr beunruhigtes
Herz, und mir ist bange, die That möchte schon geschehen
seyn, die ihm befohlen worden.
Salisbury.
Der König verändert die Farbe alle Augenblike, sie kommt
und geht von seinem Vorhaben zu seinem Gewissen, und von diesem
zu jenem, wie Herolde zwischen zwey fürchterlichen Schlacht-Ordnungen;
seine Gemüthsbewegung schwillt so sehr an, daß sie
nothwendig aufbrechen muß.
Pembroke.
Und wenn sie aufbricht, so fürcht ich, es wird nichts anders
herauskommen, als der schändliche Eiter von eines holdseligen
Kindes Tod.
König Johann.
Wir können der mächtigen Hand des Todes keinen Einhalt
thun. Er sagt uns, Arthur sey diese Nacht gestorben.
Salisbury.
In der That, wir besorgten, seine Krankheit möchte unheilbar
seyn.
Pembroke.
In der That, wir hörten, wie nah er dem Tode war, eh das
Kind selbst fühlte daß es krank war. Dafür muß
Rede und Antwort gegeben werden, hier oder anderswo.
König Johann.
Warum heftet ihr so feyrliche Blike auf mich? Denkt ihr, ich trage
die Scheere der Göttin des Schiksals? Hab' ich über
den Puls des Lebens zu befehlen?
Salisbury.
Es ist augenscheinlich, daß es nicht richtig zugegangen;
und es ist schändlich, daß Grösse es auf eine
so grobe Art zu erkennen giebt. Wie gut ihr euer Spiel dadurch
gemacht habt, wird sich zeigen, und hiemit gehabt euch wohl.
Pembroke.
Warte noch, Lord Salisbury, ich will mit dir gehen, und das Erbtheil
dieses armen Kindes, sein kleines Königreich von einem gewaltsamen
Grabe suchen. Dieses Blut, das ein Recht an alles was auf dieser
Insel athmet, hatte, schließt nun ein Raum von drey Schuhen
ein. Es ist izt eine schlimme Welt! Aber das muß nicht so
gelidten werden; dieses kan, und in kurzem, allen unsern Beschwerden
zum Ausbruch helfen.
(Sie gehen ab.)
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