Fünfte Scene.
Caliban, Stephano und Trinculo treten alle wohl angefeuchtet
und von Morast triefend auf; Prospero und Ariel bleiben unsichtbar
zurük.
Caliban.
Ich bitte euch, tretet leise, damit der blinde Maulwurf keinen
Fuß fallen hört. Wir sind nimmer weit von seiner Celle.
Stephano.
Ungeheuer, euer Kobolt, von dem ihr sagt, er sey ein freundlicher
Kobolt, der niemand ein Leid thut, hat nichts viel bessers gethan,
als den Narren mit uns gespielt.
Trinculo.
Ungeheuer, ich rieche lauter Pferd-Pisse, und ich kan dir's sagen,
es will meiner Nase gar nicht schmeken.
Stephano.
So geht's der meinigen auch; hört ihr's, Ungeheuer! Wenn
ich einen Unwillen wider euch fassen sollte - - - Sehet zu - -
Trinculo.
Du wärst ein verlohrnes Ungeheuer.
Caliban.
Mein lieber gnädiger Herr, laß mich immer in deiner
Gunst stehen; gedulde, der Vortheil, zu dem ich dich führe,
wird diesem Unfall die Augen ausstechen; redet nur leise, es ist
izt alles so still als Mitternacht.
Trinculo.
Schon gut, aber unsre Flasche im Morast zu verliehren - -
Stephano.
Es ist nicht nur Unannehmlichkeit und Schmach in diesem Abentheuer,
sondern ein unendlicher Verlust, du Ungeheuer.
Trinculo.
Das ist mir über meine Anfeuchtung, und doch ist das euer
freundlicher Kobold, der niemand kein Leid thut, Ungeheuer.
Stephano.
Ich will meine Flasche wieder hohlen, und wenn ich für meine
Mühe bis über die Ohren hineinplumpen sollte.
Caliban.
Ich bitte dich, mein König, sey ruhig; siehst du hier, diß
ist der Eingang in die Celle; kein Getöse, schleich hinein,
thue diß gute Unheil, das diese Insel auf ewig zu deinem
Eigenthum macht; und ich bin dein Caliban, auf ewig dein Fuß-Leker.
Stephano.
Gieb mir deine Hand, ich fange an, blutige Gedanken zu haben.
Trinculo.
O König Stephen, o Pair! o würdiger Stephen!* Sieh,
was für eine Garderobe hier für dich ist!
Caliban.
Laß es gehen, du Narr, es ist nur Trödelwaare.
Trinculo.
Oh, oh, Ungeheuer, wir verstehen uns auch darauf, was in eine
Trödelbude gehört - - o König Stephen - -
Stephano.
Lange diesen Rok herunter, Trinculo; beym Element, ich will diesen
Rok haben.
Trinculo.
Deine Gnaden sollen ihn haben.
Caliban.
Daß du die Wassersucht kriegtest, du Dummkopf! Wie ungescheidt
seyd ihr, daß euch ein solcher Plunder in die Augen sticht!
Geht weiter und vollbringet vorher den Mord; wenn er aufwacht,
wird er uns vom Wirbel bis zum Zehen die Haut zerkneipen lassen;
er wird abscheulich mit uns umgehen.
Stephano.
Sey ruhig, Ungeheuer! Frau Seil, ist das nicht mein Wamms?
Trinculo.
Ungeheuer komm, schmier ein bißchen Quark an deine Finger,
und weg mit dem ganzen Plunder!
Caliban.
Ich will nichts davon; wir verderben hier die Zeit, und werden
zulezt noch alle in Barnakel** oder in Affen, mit verflucht niedern
Stirnen verwandelt werden.
Stephano.
Ungeheuer, leg Hand an; hilf es wegtragen, an den nehmlichen Ort
wo mein Weinfaß ligt, oder ich werde dich aus meinem Königreich
jagen; geh, trag das!
Trinculo.
Und das.
Stephano.
Ja, und das.
(Man hört ein Getöse von Jägern. Verschiedne
Geister, in Gestalt von Hunden lauffen auf die Bühne und
jagen sie fort; Prospero und Ariel sezen ihnen nach. Caliban,
Stephano und Trinculo werden heulend ausgetrieben.)
Prospero.
Heyda, Sultan hey!
Ariel.
Waldmann, hier geht's, Waldmann.
Prospero.
Furie, Furie; hier, Tyrann, hier; horch! horch! Geh, sage meinen
Kobolden, daß sie ihre Gelenke mit Zükungen zermalmen,
ihre Sehnen mit Krämpfen zusammenziehen, und sie am ganzen
Leibe von Zwiken und Kneipen flekichter machen sollen als ein
Panterthier.
Ariel.
Horch, wie sie heulen.
Prospero.
Laß sie weidlich herumgejagt werden. Nunmehr sind alle meine
Feinde in meiner Gewalt. In kurzem soll sich all mein Ungemach
enden, und du sollst deine Freyheit haben. Nur noch eine kleine
Weile folge mir, und thu mir Dienste.
(Sie gehen ab.)
* Der Spaß in diesen Zeilen besteht in einer Anspielung
auf ein altes bekanntes Gassenlied, welches anfängt: King
Stephen was a worthy Peer, und die Sparsamkeit dieses Königs
in Absicht auf seine Garderobe anpreist. Es sind zwo Stanzen von
diesem Lied im Othello.
Warbürton.
** Eine Art von Gänsen auf der Insel Baß, an der Schottischen
Küste, von denen ehmals die Tradition gieng, daß sie
auf den Bäumen wachsen.
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