Vierte Scene.
(Donner und Blize. Ariel tritt in Gestalt einer Harpye auf,
schlägt mit seinen Flügeln auf die Tafel, und vermittelst
einer unmerklichen Veranstaltung verschwindet die Mahlzeit im
gleichen Augenblik.)
Ariel.
Ihr seyd drey Männer der Sünde, welche das rächende
Schiksal (so sich dieser untern Welt und alldessen was drinn ist,
zu Werkzeugen bedient) im Sturm auf diese unbewohnte Insel
ausgeworfen,*
als Leute die höchst unwürdig sind unter Menschen zu
leben. Ich hab' eure Sinnen betäubt, und euch nicht mehr
Stärke übrig gelassen, als ein Mensch nöthig hat,
sich selbst zu hängen oder zu ertränken. Ihr Narren!
ich und meine Gesellen sind Diener des Schiksals; die Elemente
woraus eure Schwerdter bereitet sind, könnten eben so wohl
den sausenden Wind verwunden, oder mit lächerlichen Stichen
das stets sich wieder schliessende Wasser tödten, als eine
einzige Pflaumfeder aus meinen Schwingen reissen. Meine Gesellen
sind eben so unverwundbar. Und wenn ihr uns auch verwunden könntet,
so sind eure Schwerdter zu schwer für eure izige Stärke,
und ihr seyd nicht einmal im Stande sie aufzuheben. Erinnert euch
dann (denn das ist mein Geschäft an euch) daß ihr drey
es waret, die den rechtschafnen Prospero aus Meiland vertrieben,
und der offnen See, (die es euch nun vergolten hat) ausgesezt,
ihn und sein unschuldiges Kind! Um dieser Uebelthat willen haben
die himmlischen Mächte, welche die Bestrafung des Unrechts
zwar verschieben aber nie vergessen, das Meer und das feste Land,
ja alle Geschöpfe wieder euch empört, dich, Alonso,
deines Sohnes beraubt, und sprechen nun durch mich das Urtheil
über euch aus; daß langsames Verderben, schreklicher
als irgend ein schneller Tod, Schritt für Schritt euch und
eure Wege verfolgen soll. Nichts kan euch vor ihrem Zorn (der
sonst in diesem wüsten Eiland auf eure Häupter fallen
wird) beschüzen, als ein reuevolles Herz, und in Zukunft
ein reines Leben.
(Ariel verschwindt im Donner, darauf folget eine Symphonie
mit Sordinen; die Gespenster kommen, und tragen nach einem Tanz
voller seltsamer Grimassen die Tafel wieder hinweg.)
Prospero (vor sich.)
Du hast die Role dieser Harpye gut gemacht, mein Ariel - -
du hast nichts von meiner Vorschrift ausgelassen - - eben so gut
in ihrer Art haben auch meine geringern Diener ihre verschiednen
Personen gespielt; meine Bezauberungen würken, und diese
meine Feinde von betäubendem Schreken gefesselt, sind alle
in meiner Gewalt. Ich verlasse sie nun in diesem Zustand, um den
jungen Ferdinand, den sie für verlohren schäzen, und
seinen und meinen Liebling zu besuchen.
(Prospero geht ab.)
Gonsalo.
Im Namen alles dessen was heilig ist, Sire, warum steht ihr da,
als ob ihr ein Gespenste sähet?
Alonso.
O! es ist entsezlich, entsezlich! Mich däuchte die Wellen
redeten und warfen mir's vor; die Winde heulten mir's entgegen,
und der Donner, diese tieffe fürchterliche Orgelpfeiffe,
sprach den Namen Prospero aus - - und gab das Zeichen zu meinem
Tod - - Um meines Verbrechens willen ligt mein Sohn in einem nassen
Bette; ich will ihn suchen, tiefer als jemals ein Senkel-Bley
gefallen ist, und dort bey ihm im Schlamme begraben ligen.
(Geht ab.)
Sebastian.
Das war erst ein Teufel; ich will ihrer ganze Legionen zu Boden
fechten.
Antonio.
Und ich will dein Secondant seyn.
(Gehen ab.)
Gonsalo.
Alle drey sind in Verzweiflung; ihre schwere Verschuldung, gleich
einem Gift, das erst nach langer Zeit würken soll, fangt
nun an, ihre Lebensgeister zu nagen. Ich bitte euch, ihr die ihr
biegsamere Gelenke habt als ich, folget ihnen so eilfertig als
ihr könnt, und verhindert sie an dem, wozu die sinnlose Verzweiflung
sie treiben mag.
Adrian.
Folget mir, ich bitte euch.
(Sie gehen ab.)
* Im Original: »Welche das Schiksal u.s.w. von der gefräßigen
nimmersatten See hat ausrülpsen lassen, und an diese Insel«
u.s.w.
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