Fünfter Aufzug.
Erste Scene.
Das Königliche Lager zu Schrewsbury.
König Heinrich, der Prinz von Wales, Lord John von Lancaster,
Graf von Westmorland, Sir Walter Blunt und Falstaff treten auf.
König Heinrich.
Wie blutig die Sonne von jenem buschichten Hügel herab sieht!
Der Tag erblaßt vor Schreken über ihren Grimm.
Prinz Heinrich.
Der Südwind bläßt die Trompeten zu ihrem Vorhaben,
und kündigt durch sein hohles Flüstern im Laub ein Ungewitter,
und einen stürmischen Tag vorher.
König Heinrich.
So sympathisirt also das Wetter mit den Verliehrenden; denn für
die Gewinnenden ist das Garstige schön.
(Die Trompeten erschallen.)
Worcester und Sir Richard Vernon treten auf.
König Heinrich.
Wie nun, Milord von Worcester. Es ist nicht fein, daß ihr
und ich auf einen solchen Fuß zusammen kommen sollen. Ihr
habt unser Zutrauen betrogen, habt uns genöthigt unsre bequemen
Friedens-Kleider abzuwerfen, und unsre alten Glieder in harten
Stahl zu zwängen; es ist nicht wohl gethan, Milord, es ist
nicht wohl gethan. Was ist nun eure Gesinnung? Wollt ihr wieder
in die Sphäre des Gehorsams zurük kehren, worinn ihr
ein so schönes und natürliches Licht von euch gabet,
und nicht länger ein aufgedunsenes Meteor, ein furchterwekendes
Wunderzeichen seyn, ein Vorbote von Unheil für noch ungebohrne Zeiten?
Worcester.
Vergönnet mir Gehör, mein Gebietender Herr; was mich
selbst betrift, so könnt' ich mir gerne gefallen lassen,
den Rest meines Lebens in Ruhe zuzubringen: Ich versichre, daß
ich den Tag dieses öffentlichen Bruchs nicht gesucht habe.
König Heinrich.
Ihr habt ihn nicht gesucht, Sir? Woher kommt er dann?
Falstaff.
Er fand die Rebellion in seinem Wege ligen, und da hub er sie
eben auf.
Prinz Heinrich.
Still, Schmeerbauch, still.
Worcester.
Es gefiel Eurer Majestät, eure günstigen Blike von mir
und meinem ganzen Hause zu wenden; und doch muß ich euch
erinnern, Gnädigster Herr, daß wir eure ersten und
eifrigsten Freunde waren. Um euertwillen brach ich in Richards
Zeiten meinen Marschalls-Stab, und reißte Tag und Nacht,
euch entgegen zu gehen, und eure Hand zu küssen, zu einer
Zeit, da ihr an Macht und Ansehen weit unter mir war't; ich, mein
Bruder, und sein Sohn waren es, die mit ihrer Gefahr euch in euer
Vaterland wieder einsezten. Ihr schwurt uns, zu Doncaster schwur't
ihr diesen Eid, ihr hättet keine Absichten gegen den Staat,
und verlangtet nichts weiters als euer angefallnes Recht, den
Siz von Gaunt, das Herzogthum von Lancaster; hiezu schwuren wir
euch unsern Beystand: Aber da in kurzer Zeit das Glük wie
ein Plazregen auf euch herabregnete, und sowohl unsre Hülfe
als die günstigen Umstände der Zeit, die Abwesenheit
des Königs, die Mißbräuche einer unbesonnenen
Regierung, die Bedrükungen, die ihr erlidten hattet, und
die widrigen Winde, die den König in Irland so lange zurükhielten,
daß ganz England ihn für todt hielt, sich vereinigten
euch groß zu machen; wußtet ihr euch dieses Zusammenflusses
von Vortheilen so wohl zu bedienen, daß ihr, eures Eides
zu Doncaster uneingedenk, die oberste Regierung selbst in eure
Hände spieltet; und nun machtet ihr's uns, die euch genährt
hatten, gerade wie es die undankbare Brut des Gukguks dem Sperling
macht, ihr bemeistert euch unsers Nestes, und wuchset, von uns
geäzt, zu einer solchen Grösse an, daß unsre Liebe
selbst sich, aus Furcht verschlungen zu werden, nicht erkühnen
durfte euch nahe zu kommen; sondern mit schüchternem Flügel
mußten wir unsre Sicherheit ausser euerm Gesichte suchen,
und unsre Sicherheit allein ist die Ursache, die uns genöthigt
hat, uns auf diese Weise zu vereinigen, und Mittel gegen euch
zu gebrauchen, die ihr durch unfreundliches Bezeugen, gefährliche
Gesinnungen, und Verlezung eurer uns zugeschwornen Verheissungen
uns gegen euch selbst in die Hände gegeben habt.
König Heinrich.
Diese Dinge habt ihr freylich zu Papier gebracht, auf Marktpläzen
ausruffen, und von den Canzeln ablesen lassen, um der Rebellion
eine Farbe anzustreichen, wodurch unbesonnene Schwindel-Köpfe
und armselige Malcontenten, die nur durch einen allgemeinen Jammer
gedeyhen können, angelokt werden möchten. Und wenn hat
es dem Aufruhr jemals an solchen Wasserfarben, seine Sache zu
überstreichen, oder an verzweifelten Bettlern gemangelt,
die nach einer Zeit von Verwirrung und Zerrüttung hungern?
Prinz Heinrich.
In unsern beyden Heeren ist manche Seele, die für diese trozige
Ausforderung theuer bezahlen wird. Sagt euerm Neffen, der Prinz
von Wales vereinige sich mit der ganzen Welt zum Lobe von Heinrich
Percy: Bey meinen Hoffnungen! (dieses gegenwärtige Unterfangen
bey Seite gesezt,) denk ich nicht, daß ein braverer, unerschroknerer
und tapfrerer junger Mann in der Welt lebt als er; er, den die
Natur hervorgebracht zu haben scheint, das Gedächtniß
der ehmaligen Helden in unserm Alter zu erneuern. Was mich betrift,
zu meiner Schande sag ich's, ich habe mein Leben noch mit keiner
edeln That bezeichnet; und er ist berechtigt, mich des Namens
eines Ritters unwürdig zu halten, wie ich höre daß
er's thut. Aber vor seiner Majestät erklär' ich mich
hier, ich bin's zufrieden, daß er sich des ganzen Vortheils
seines ruhmvollen Namens über mich bediene, und erbiete mich,
um beyder Theile Blut zu sparen, in einem einzelnen Kampf mein
Glük mit ihm zu versuchen.
König Heinrich.
Und wir sezen Vertrauen genug in dich, Prinz von Wales, dein Erbieten
gut zu heissen, so unendlich viele Betrachtungen dir gleich im
Wege stehen - - Nein, guter Worcester, nein; wir lieben unser
Volk; wir lieben auch diejenigen, die sich auf euers Neffen Seite
haben verleiten lassen; und wollen sie unsre angebotne Gnade annehmen,
so soll er und sie und ihr, und ein jeder wer er seyn mag, wieder
mein Freund seyn, und ich will der seinige seyn. Diß sagt
euerm Neffen, und meldet mir zurük, was er thun will. Will
er sich aber nicht zum Ziel legen, so wacht scharfe Züchtigung
an meiner Seite, und sie soll ihr Amt thun. Hiemit kehrt zurük;
wir wollen izt durch keine Antwort beunruhiget seyn; unser Anerbieten
ist edel, überlegt es wohl.
(Worcester und Vernon gehen ab.)
Prinz Heinrich.
Es wird nicht angenommen werden, bey meinem Leben! Dowglas und
Hot-Spur sind beyde zu stolz, sich von einer Welt in Waffen schreken
zu lassen.
König Heinrich.
Also hinweg, jeder Anführer an seinen Plaz. Sobald wir ihre
Antwort haben, wollen wir den Angriff thun; und Gott sey auf unsrer
Seite, wie unsre Sache gerecht ist!
(Sie gehen ab.)
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