Zehnte Scene.
Die Wirthin kommt herein und meldet dem Prinzen, daß
ein Herr von Hofe da sey, der auf Befehl des Königs mit ihm
sprechen wolle. Falstaff wird abgeschikt zu hören was er
wolle.
Eilfte Scene.
Falstaff kommt zurük, und bringt die Zeitung von dem Aufstand,
den Percy, Northumberland, Douglas, und Glendower, im Norden von
England erregt, und daß der Prinz auf morgen zum König,
seinem Vater, beschieden sey. Dieses giebt zu einer kleinen Comödie
von der pöbelhaftest-bürlesken Art Anlas, worinn Falstaff
den König macht, und den Prinzen wegen seiner unanständigen
Lebensart und lüderlichen Gesellschaft ausschilt, jedoch
mit Ausnahme des einzigen Falstaff, von dem er viel Gutes sagt.
Der Prinz behauptet, Falstaff habe den König nicht recht
gemacht, übernimmt diese Rolle selbst, läßt Falstaffen
den Prinzen seyn, und sagt alsdann eben so viel böses von
Falstaff als dieser vorhin Gutes von sich selbst gesagt hatte.
Folgendes mag zur Probe dienen:
Prinz Heinrich (in der Person des Königs.)
Ich höre grosse Klagen über dich.
Falstaff (in der Person des Prinzen.)
Sakerlot! Gnädigster Herr, sie sind alle erlogen - -
Prinz Heinrich.
Du schwörst, unartiger Bube? Von nun an komm nimmer vor meine
Augen! Du gehst einen verderblichen Weg; es ist ein Teufel, der
dich jagt, ein Teufel in Gestalt eines fetten alten Manns; eine
Tonne von einem Mann ist deine Gesellschaft. Wie, schämst
du dich nicht mit diesem Weinfasse umzugehen, mit diesem zusammengeballten
Klumpen von Bestialität, mit diesem ungeheuren Kessel voll
Sect, mit diesem ausgestoßen Felleisen von Kutteln, - -
diesem ehrwürdigen Laster, dieser grauen Büberey, diesem
Vater Spizbuben, dieser bejahrten Eitelkeit? Wozu ist er gut,
als Sect zu kosten und auszutrinken? Worinn ist er nett und manierlich,
als einen Capaunen zu zerlegen und aufzuessen? Worinn hat er Verstand
als in Ränken? Wozu braucht er seine Ränke als zu Bubenstüken?
Worinn ist er ein Lotterbube als in allen Dingen? Und worinn ist
er löblich als in nichts?
Falstaff.
Wen meynt Euer Majestät?
Prinz Heinrich.
Diesen ruchlosen schändlichen Verführer der Jugend,
Falstaff, diesen alten weißbartigen Satan.
Falstaff.
Milord, den Mann kenn' ich.
Prinz Heinrich.
Das weiß ich wol.
Falstaff.
Aber wenn ich sagte, daß er ein schlimmerer Mann sey als
ich selbst, so sagt' ich mehr als ich weiß. Daß er
alt ist, davon zeugen leider! seine weissen Haare; aber daß
er, mit Respect vor euch zu sagen, ein H**jäger sey, das
läugne ich schlechterdings. Wenn Sect und Zuker etwas unrechtes
ist, so helf G** den Schlimmen! Wenn alt und aufgeräumt seyn,
eine Sünde ist, so kenn' ich manchen alten Wirth, der verdammt
werden müßte; wenn fett seyn, Haß verdient, so
müßten Pharaons magre Kühe liebenswürdig
seyn. Nein, Gnädigster Herr, verbannet Peto, verbannet Bardolph,
verbannet Poins; aber den guten alten Jak Falstaff, den wakern
Jak Falstaff, den ehrlichen Jak Falstaff, den tapfern Jak Falstaff,
und desto tapfrer, da er, wie man nicht läugnen kan, der
alte Jak Falstaff ist, den verbannt nicht aus Harry's Gesellschaft:
Wolltet ihr den guten diken Jak von mir verbannen, so verbannet
eben so mehr die ganze Welt von mir - -
[Diese unvollkommne Probe, (denn man hat dennoch einige Blümchen
auslassen müssen) wird den Leser vermuthlich geneigt machen,
dem Uebersezer in Absicht der Falstaffischen Scenen Vollmacht
zu geben, darüber nach eignem Belieben zu schalten. Man muß
ein Engländer seyn, diese Scenen von Engländern spielen
sehen, und eine gute Portion Pounsch dazu im Kopfe haben, um den
Geschmak daran zu finden, den Shakespears Landsleute gröstentheils
noch heutiges Tages an diesen Gemählden des untersten Grads
von pöbelhafter Ausgelassenheit des Humors und der Sitten
finden sollen.]
Bardolph und die Wirthin lauffen erschroken herein, und melden,
daß der Scheriff mit der Wache vor der Thüre sey, und
das Haus durchsuchen wolle. Prinz Heinrich übernimmt es ihn
abzufertigen, nachdem er Falstaffen und den übrigen befohlen,
sich zu verbergen.
Zwölfte Scene.
Der Scheriff kommt mit einem von den Fuhrleuten der Beraubten,
und fragt nach Falstaffen, welchen er beschuldigt, den Raub begangen
zu haben. Der Prinz antwortet ihm ganz ernsthaft, und also in
reimlosen Versen (denn Shakespear ist, wie wir wissen, ein genauer
Beobachter des Decorum,) der Mann sey nicht hier, indem er ihn
Geschäfte halber ausgeschikt habe; er giebt aber dem Scheriff
sein Ehrenwort, daß er ihn bis morgen Mittags stellen, und
wenn es sich finde, daß er den Raub begangen, der Justiz
überlassen wolle. Der Scheriff nimmt hierauf seinen demüthigen
Abschied, und der Prinz erklärt sich gegen Peto, daß
er den Beraubten ihr Geld mit Wucher wieder zurükgeben, morgen
nach Hofe und von da zu Felde gehen, sie aber allerseits mit sich
nehmen, und bey der Armee anständig unterbringen wolle.
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