Dritte Scene.
Poins zu den Vorigen,
Falstaff.
Das ist der allgewaltigste Spizbube, der jemals einem ehrlichen
Mann Halt! zugeruffen hat.
Prinz Heinrich.
Guten Morgen, Ned.
Poins.
Guten Morgen, mein lieber Hal. Was sagt Monsieur Gewissen? Was
sagt Sir John Sect und Zukerhans? Wie habt ihr's mit einander,
du und der Teufel, wegen deiner Seele, die du ihm verwichnen Char-Freytag
um ein Glas Madera-Wein und einen kalten Capaunen-Schenkel verkauft
hast?
Prinz Heinrich.
Sir John hält sein Wort; der Teufel soll seine Waare haben;
ihr wißt daß er nie kein Sprüchwort gebrochen
hat; er wird dem Teufel geben, was ihm gehört.
Poins.
So wirst du verdammt, wenn du dem Teufel dein Wort hältst?
Prinz Heinrich.
Sonst würde er verdammt, weil er den Teufel betrogen hätte.
Poins.
Aber, meine Jungens, meine Jungens, morgen früh, um vier
Uhr, nach Gadshill; es sind Pilgrims auf dem Weg, die mit reichen
Opfern nach Canterbury, und Kauffleute die mit wohlgespikten Beuteln
nach London gehen. Ich habe Visiere für euch alle, und ihr
habt Pferde für euch selbst. Gadshill ligt diese Nacht zu
Rochester, ich hab auf morgen Nachts ein Nacht-Essen in East-Cheap
bestellt. Es ist eine Sache die wir so sicher thun können,
als schlaffen; wenn ihr gehen wollt, so will ich euch eure Beutel
mit Cronen voll stopfen; wollt ihr nicht, so bleibt da, und der
Henker hole euch.
Falstaff.
Hört ihr, Yedward; wenn ich daheim bleibe und nicht mit gehe,
so will ich euch dafür hängen, daß ihr gegangen
seyd.
Poins.
Willt du das, Vielfraß?
Falstaff.
Hal, willt du einer von uns seyn?
Prinz Heinrich.
Wer, ich rauben? Ich, ein Dieb? Nein, bey meiner Treu!
Falstaff.
Du hast weder Ehre noch Tapferkeit im Leibe, wenn du das thust;
du willt deine guten Freunde so im Stich lassen? Meiner Six, du
hast keinen Tropfen königliches Blut im Leib, wenn du nicht
um zehn Schillinge das Herz hast zu ruffen: Halt!
Prinz Heinrich.
So sey es dann, einmal in meinem Leben will ich ein Tollkopf seyn.
Falstaff.
Nun, das heißt einmal brav gesprochen.
Prinz Heinrich.
Nein, geh' es wie es will, ich bleibe zu Hause.
Falstaff.
Bey G** so will ich ein Verräther seyn, wenn du König
bist.
Prinz Heinrich.
Ich bekümmre mich nichts darum.
Poins.
Sir John, ich bitte dich, laß den Prinzen und mich allein;
ich will ihm solche Gründe vorlegen, daß er gewiß
gehen soll.
Falstaff.
Gut, mögest du den Geist der Ueberredung haben, und er Ohren
zu hören, damit was du redest bewegen möge, und was
er hört geglaubt werde. Lebet wohl indessen, ihr sollt mich
in East-Cheap finden.
(Falstaff geht ab.)
Poins.
Nun, mein lieber süsser Zuker-Prinz, reitet morgen mit mir.
Ich hab einen Spaß im Kopf, den ich allein nicht ausführen
kan. Falstaff, Bardolph, Peto und Gadshill sollen diese Leute
berauben, auf die wir einen Anschlag gemacht haben; ihr und ich
wollen nicht dabey zugegen seyn; wenn sie dann die Beute haben,
und ihr und ich sie ihnen nicht abjagen, so haut diesen Kopf von
meinen Schultern.
Prinz Heinrich.
Aber wie werden wir von ihnen kommen, wenn wir mit ihnen ausreiten?
Poins.
Wie? Wir wollen vor oder nach ihnen fort, und ihnen einen gewissen
Plaz bestimmen, wo wir zusammentreffen wollen, und den können
wir ja hernach verfehlen, wenn's uns beliebt; und dann werden
sie das Abentheuer allein unternehmen, und sobald sie damit fertig
sind, so wollen wir über sie her.
Prinz Heinrich.
Gut; aber es ist vermuthlich, daß sie uns an unsern Pferden,
an unsern Kleidern, und an hundert andern Merkmahlen erkennen
werden.
Poins.
Für das ist schon Rath geschaft. Unsre Pferde sollen sie
nicht sehen, denn die wollen wir im Wald anbinden; unsre Visiere
wollen wir gegen andre verwechseln, wenn wir von ihnen weg sind;
und, Sapperment! ich habe Ueberröke von Schetter im Vorrath,
unter denen niemand unsre Kleider kennen soll.
Prinz Heinrich.
Aber ich besorge, sie werden uns zu stark seyn.
Poins.
O was das anbetrift, zween von ihnen kenne ich als ein Paar so
ächt-gebohrne Memmen, als jemals den Rüken gewiesen
haben; und was den dritten betrift, wenn der sich länger
wehrt als recht ist, so will ich alles Gewehr verschwören.
Der gröste Spaß von der Sache wird in den miraculosen
Lügen bestehen, die dieser nemliche dike Spizbube uns vorsagen
wird, wenn wir zum Nacht-Essen zusammen kommen; wie er es zum
wenigsten mit dreyßig aufgenommen, was für Hiebe er
bekommen, was für Gefahren er bestanden habe; und in der
Art, wie wir ihn aller dieser Aufschneidereyen überweisen
werden, ligt der Spaß.
Prinz Heinrich.
Gut, ich will mit dir gehen; sorge für alles was wir nöthig
haben, und erwarte mich auf morgen Nachts in East-Cheap. Leb'
wohl.
Poins.
Lebet wohl, Milord.
(Poins geht ab.)
Prinz Heinrich.
Ich kenne auch alle, und will noch eine Weile diesen zügellosen
Humor eurer müßigen Lüderlichkeit in der Höhe
halten; aber hierinn will ich die Sonne nachahmen, die den unedeln
anstekenden Dünsten erlaubt, ihre Schönheit der Welt
zu verbergen; damit, sobald es ihr gefällt, wieder sie selbst
zu seyn, sie desto mehr bewundert werde, wenn sie, eine Zeitlang
vermißt, auf einmal durch die faulen und häßlichen
Wolken hervorbricht, welche sie zu erstiken geschienen hatten.
Wenn das ganze Jahr aus lauter Fest-Tagen bestünde, so würde
man des Feyerns so überdrüßig werden als des Arbeitens;
sie sind nur erwünscht, weil sie selten kommen, und nichts
gefällt mehr als seltne Dinge. So werde ich, wenn ich einst
dieses ausgelaßne Wesen von mir werfe, und eine Schuld bezahle
die ich nie versprochen habe, die Besorgnisse der Leute um so
mehr zuschanden machen, je besser ich seyn werde als mein Wort.
Und gleich einem glänzenden Edelstein auf einem dunkeln Grund,
wird meine Verbesserung, meine Fehler überschimmernd, schöner
scheinen, und mehr Augen auf sich ziehen, als ein Leben, das keine
Folie hat, wodurch es erhoben wird.
(Er geht ab.)
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