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Entstehung:
1592-1594
Buchhändlerregister:
2. Mai 1594
Erste Veröffentlichungen:
1623 im Ersten Folia
Erste Aufführungen
13. Juni 1194 in Newington

Informationen

Der Widerspenstigen Zähmung

Im Frühling 1593 scheint die Theatertruppe, die sich nach dem Grafen Pembroke nannte, aufgeflogen zu sein und ihre Repertoirestücke teils an Buchhändler, teils an andere Truppen verkauft zu haben.

Da erwarben sich dann die Schauspieler des Lord Kämmerers, Shakespeares Gesellschaft, unter anderem auch eine Komödie, betitelt ,,Die Zähmung einer Widerspenstigen", ein kräftiges Lustspiel, bald witzig, bald recht bombastisch, von einem Schüler des Tragikers Marlowe, im Stil verwandt mit anderen Nachahmungen dieses Meisters, wie dem ebenfalls 1594 gedruckten ,,Cyrus". Die Kämmerer-Truppe spielte, nach dem Tagebuch des Theateragenten Henslowe, diese ,,Zähmung einer Widerspenstigen" am 13. Juni 1594, als sie sich mit der Admirals-Truppe vereinigt hatte, auf der Vorstadtbühne von Newington Butts.

Etwa ein Jahr später scheint nun Shakespeare dieses Lustspiel überarbeitet zu haben. Das Datum ist freilich schwer zu bestimmen. Ein früherer Druck existiert nicht, es fehlt in der Liste englischer Literaturwerke, die Francis Meres 1598 aufgesetzt hat.

Der Stil ist viel fortgeschrittener als bei den drei Jugendkomödien, aber in der Charakterzeichnung steht es doch zurück hinter den Lustspielen, die um die Jahrhundertwende entstanden. Auch die ethische Stellung, die Freude am derben Zugreifen, weist ihm seinen Platz mehr in der Mitte der neunziger Jahre an.

Der Typus des etwas derben jungen Mannes ist hier noch ausgeprägt; er wird langsam feiner über Faultonbridge im ,,König Johann", ,,Percy Heißsporn" im 1. Teil ,,Heinrichs IV.", König Heinrich V. bis zu Orlando in ,,Wie es euch gefällt". Man wird deshalb geneigt sein ,,König Johann",,Der Widerspenstigen Zähmung" vor anzusetzen. Kurz darauf, 1596, erschien ein neuer Abdruck des alten Stücks, das dem Publikum offenbar als das Shakespeares aufgeschwatzt werden sollte.

Die Überarbeitung ist eine sehr gründliche.

Zwar bleibt die Handlung in der Hauptsache und da und dort manches Detail in den Reden erhalten, aber der größte Teil ist ganz neu geschrieben, ähnlich wie bei ,,König Johann".

Die Erzählung von der bösen Käthe ist ein alter Schwank, dessen Ursprung wohl im Orient gesucht werden muß. Ein italienischer Novellist, Straparola, hat ihn in seinen ,,Fröhlichen Nächten" (1550-53) zum besten gegeben. Eine spanische Erzählung, ,,Der Graf Llccanor", 1575 gedruckt, enthält die Szene in Petruchios Landhaus, wo der Neuvermählte durch sein wildes Benehmen bei der Mahlzeit seine junge Gattin erschreckt, und die Gehorsamsproben auf der Reise ins Vaterhaus, bei denen in der Novelle die Frau, um ihrem Gemahl nicht zu widersprechen, Pferde für Rinder und die Sonne für den Mond erklärt.

Ein jüdisches Volksmärchen von der bösen Mette erzählt nicht nur das Säumen und den sonderbaren Aufzug des Bräutigams am Hochzeitstage, die schleunige Heimreise nach der Trauung mit dem wütenden Gebaren des Mannes und ähnliche Gehorsamsproben auf der Rückfahrt zum Vater, sondern auch die Wette am Schluß, wer von den drei Männern die folgsamste Frau habe. So scheinen auch die Einzelheiten der Fabel schon feste Gestalt in der Volksüberlieferung gehabt zu haben, als das alte Stück entstand.

Wie im Märchen hat die böse Käthe hier noch zwei Schwestern, denen zwei Freier den Hof machen. Der Vater aber verlangt als Bedingung, daß sich Käthe zuerst verheirate.

Da kommt zum guten Glück Ferando an, dem er 6000 Kronen versprochen hat, wenn er die Käthe dazu bringen könne, daß sie ihn zum Manne nehme. Brautwerbung, Hochzeit und Zähmung folgen nun wie im jütischen Märchen und wie noch in Shakespeares Stück. Shakespeare hat nur die zwei Charaktere konsequenter durchgeführt.

Sein Petruchio freilich ist, wie uns im Gegensatz zu vielen Kritikern scheinen will, keineswegs feiner und gebildeter aufgefaßt, ihm kommt es noch viel mehr auf die Mitgift allein an als dem Ferando der Vorlage. Um die Schwestern etwas wenigstens hervortreten zu lassen, griff der unbekannte Dramatiker zu einer der besten Komödien der Weltliteratur, Ariosts ,,Suppositi", ,,die Untergeschobenen", die von George Gascoyne 1566 ins Englische übersetzt worden war. Von da nimmt er den untergeschobenen Vater des jungen Freiers, der eine große Morgengabe zu verschreiben hat, um den Vater der Geliebten zu befriedigen.

Aber auch Shakespeare kannte Ariosts Komödie und gestaltete mit ihrer Hilfe nun die Nebenhandlung viel besser aus als sein Vorgänger. Der alte reiche Gremio fand sich dort vorgezeichnet, ebenso die Verkleidungen zwischen Lucentio und seinem Diener Tranio, die der ganzen Bianca-Fabel erst ihren Charakter geben. Im älteren Stück war nm der Diener des einen Freiers als Musiklehrer aufgetreten. All das ist nun viel lebendiger geworden bei Shakespeare, besonders dadurch, daß er die Schwierigkeit vermeidet, zwei gute Schwestern neben der bösen Käthe zu unterscheiden, und lieber der einen Schwester drei Freier zuteilt. Aber das beste, was ihm Ariost geschenkt hat, ist vielleicht jene köstliche Szene zwischen dem untergeschobenen und dem wirklichen Vater, die in ihrer Kühnheit den wirkungsvollsten Szenen der antiken Komödie an die Seite gestellt werden kann.

Und Shakespeare hat sich auch hier seine Freiheit bewahrt: bei Ariost und noch in der älteren ,,Widerspenstigen" ist der fremde Herr ein reisender Kaufmann, Shakespeare macht ihn zu einem Schulmeister, bei dem er weltfremde Ängstlichkeit und witzige Keckheit in der Not am besten verbinden konnte.

Schon im alten Stück war das Lustspiel von der Widerspenstigen in einen Rahmen gestellt worden, der vorführte, wie ein betrunkener Kesselflicker für einen Tag in einen Lord verwandelt wird, indem man ihm prächtige Kleider anzieht und ihm beim Erwachen weismacht, er habe sich nur in kranker Einbildung für einen Kesselflicker gehalten. Seine Schauspieler erfreuen den verkleideten Lord durch die Aufführung einer Komödie: ,,Die Zähmung einer Widerspenstigen". Als aber der Trunkenbold gegen den Schluß der Vorstellung einschläft, wird er von den Dienern wieder hinausgetragen, in seine alten Kleider gesteckt und glaubt beim Wiedererwachen, er habe einen vortrefflichen Traum gehabt.

Dann geht er, vom Bierzapfer begleitet, nach Hause, um seiner Alten jetzt zu zeigen, wie der starke Mann ein böses Weib bezähmt.

Bei Shakespeare findet sich dieser witzige Schluß nicht: wir hören nichts mehr von Schlau, nachdem er am Ende der ersten Szene recht geringes Interesse für das Stück bewiesen hat. Aber vielleicht ist dies nicht der Absicht des Dichters, sondern der Tücke des Zufalls zuzuschreiben. ,,Der Widerspenstigen Zähmung" ist erst in der Folio-Ausgabe der Dramen, 1623, gedruckt: es ist wohl möglich, daß dem Drucker nur ein verstümmeltes Manuskript des fast dreißig Jahre früher geschriebenen Stückes vorlag, daß also der Schluß von Shakespeares Lustspiel verlorengegangen ist.

Die Geschichte vom armen Mann, den eines Fürsten Laune plötzlich auf einen Tag zu Macht und Reichtum kommen läßt, erzählte man sich im Orient ja schon von Harun al Raschid. In Westeuropa nahm Philipp der Gute von Burgund seine Stelle ein, von dem Goulart in seinem ,,Thresor d'histoires admirables" berichtet, daß er einen betrunkenen Handwerker nach seinem Palast bringen und ihn in ein prächtiges Bett legen ließ.

Der Handwerker wurde geehrt, wie wenn er der Herzog wäre; man führte ihn zur Messe, zur Tafel, auf die Jagd und beschloß den Tag mit Musik und Tanz und mit der Aufführung einer Komödie. In der Nacht jedoch kleidete man ihn wieder in seine Lumpen und legte ihn da nieder, wo man ihn tags zuvor aufgelesen hatte. Er aber glaubte schließlich, das Ganze sei nur ein Traum gewesen. Shakespeare lag es vor allem daran, das Stück seines Vorgängers natürlicher zu machen, es von allem Bombast zu befreien.

Denn jener Dichter hatte seine Zeilen vollgestopft mit gelehrtem Kram so daß es in den ernsten Reden wimmelt von klassischen Göttern und Helden, die nur als Dekoration dienen.

Ließ er aber diesen Pomp weg, so sah sich Shakespeare gezwungen, die ganzen nicht komischen Reden neu zu schreiben. Glatt übernehmen konnte er dann nur die Szene im Landhause Petruchios mit dem Putzhändler und dem Schneider.

Daß das ältere Stück viel derber gewesen sei, ist eine Behauptung, die sich kaum aufrecht erhalten läßt. Nur ein roher Zug findet sich, und ihn hatte der Dichter aus Marlowes ,,Tamerlan" entlehnt, daß nämlich Ferando-Petruchio der armen ausgehungerten Käthe ein Stück Fleisch auf der Spitze seines Dolches anbietet. Das gehört auch noch zu dem Marlowe-Bombast, den Shakespeare wegstrich.

Dagegen hat ihm der Schwank selbst, wo der Mann die Frau mit denselben Mitteln sich untertan macht, mit denen er ein wildes Tier zähmt, offenbar in dieser Zeit sehr gut gefallen.

Er setzte realistischer gezeichnete Menschen an die Stelle der Phrasenpuppen und verlegte das Stück von Athen - wohin es gar nicht paßt - nach Padua, von der antiken Akademie an die moderne Universität; dadurch vermied er die ganz überflüssigen Inkongruenzen des älteren Stücks. Aber im ganzen ist seine Komödie doch ein lustiger Märchenschwank geblieben, an den man nicht mit der Ethik der modernen Frauenbewegung herantreten darf. Auch für Shakespeare gehört Petruchios Verhältnis zu seiner Käthe der guten alten Zeit an.

Schon 1654 war das Stück ins Niederländische als ,,De dolle Bruyloft" übertragen worden; von einer hochdeutschen Aufführung zu Zittau 1658, ,,D're wunderbare Heurath Petruvio mit der bösen Catharinen" betitelt, berichtet Gottsched; 1672 lieferte ,,ein deutscher Edelmann" eine Übersetzung: ,,Kunst über alle Künste, ein bös Weib gut zu machen". Darauf folgte schon 1702 Chr. Weises Verdeutschung ,,Die böse Katharina". Das Stück ist beim Publikum sehr beliebt und wird häufig gespielt.

Es stellt die Textgrundlage zu dem Musical ,,Kiss me, Kate" von Cole Porter dar, das am 30. Dezember 1948 in New York uraufgeführt wurde und dem bis heute außerordentlich großer Erfolg beschieden war.

Die Übersetzung des Grafen Baudissin erschien zuerst 1831 im 6. Bande der Schlegel-Tieckschen Ausgabe.

Widerspänstigen Zähmung

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