Die Autorenfrage
Shakespeare... der Barde
Der starke Wettbewerb unter den Theatern im elizabethanischen London
führte zur regen Zusammenarbeit der Autoren der verschiedenen
"Companies". Derartige Kooperationen wurden bald zur Regel
und sind in zahlreichen Schriften belegt.
Aus diesem Grunde suchten Theaterwissenschaftler nach den Spuren
anderer Autoren in den Werken Shakespeares.
Heute gilt jedoch die Meinung Sir Edmund Chambers, der in der Folioausgabe
von 1623 enthaltene Stück im wesentlichen Shakespeare zuschreibt.
Eventuell wurden Teile der früheren Stücke, insbesondere
Henry VI und der Widerspenstigen Zähmung von anderen Autoren
(zumindestens teilweise) verfasst.
Hierbei ist zu bedenken, daß die Shakespearschen Stücke,
wie wir sie heute kennen, nur Bruchstücke der ursprünglichen
Werke darstellen und oftmals aus den späten Erinnerungen der
beteiligten Schauspieler rekonstruiert wurden.
Besonders Teile von Henry VIII werden John Fletcher zugeschrieben,
der ab 1608 regelmäßig Stücke für die King´s
Men verfasste. Offiziell vermerkt ist die Zusammenarbeit Fletchers
mit Shakespeare für das Stück Two noble Kingsmen, das
1634 veröffentlicht wurde.
Eine Analyse des Werkes lässt vermuten, das Shakespeare das
Gerüst des Stückes sowie den 1. Akt verfasste, die Akte
II - IV, sei es aus Terminnot oder fehlender Zeit, Fletcher überließ,
um anschließend den V.Akt fertigzustellen.
Noch zu Lebzeiten Shakespeares, erst recht später, wurden
ihm zahlreiche Theaterstücke zugeschrieben, die einer derartigen
Behauptung nicht einmal oberflächlich standhielten.
In seinen Schriften fanden sich unter anderem 147 Zeilen einer
Szene aus The Booke of Sire Thomas More, einem Stück, das 1595
von einer fünfköpfigen Autorengruppe verfasst wurde (beteiligt
waren vermutlich Thomas Dekker, Anthony Munday und Henry Chettle),
um anschließend der Zensur zum Opfer zu fallen. Die Versuche
(des Charakters Sire More), die ausländerfeindlichen Aufstände
einzudämmen, werden, abgeschwächt, auch in der Shylock
Episode des Merchant of Venice wiedergegeben.
Shakespeare wurde auch die Urheberschaft von Edward III angedichtet,
als Beweis hierzu wurde gerne die Episode zitiert, in der der König
die Countess von Salisbury anfleht. Im Jahre 1997 wurde das Werk
schließlich offiziell Shakespeare zugeordnet.
Einige weitere Stücke wurden der dritten Ausgabe des Folios
von 1664 zugefügt: Locrine (1595), Sir John Oldcastle (1600),
Thomas Lord Cromwell (1602), das London Prodigal (1605), The Puritan
(1607), und A Yorkshire Tragedy (1608). Keines dieser Stücke
wird heute Shakespeare zugerechnet.
Der "Markenname" Shakespeare wurde außerordentlich
häufig mißbraucht, die Encyclopedia Britannica schreibt
hierzu: Other plays, too, were printed
as Shakespeare's, indicating the extent of his prestige--a brand
name that could sell even rotten fish. No other dramatist of his
time was so misused. - Viele Stücke
wurden als Werke Shakespeare veröffentlicht, was den Wert seines
Prestiges verdeutlicht - ein Markennamen mit dem man sogar verfaulten
Fisch verkaufen konnte. Kein Name dieser Zeit wurde derartig oft
mißbraucht.
Andriz, Februar 1997
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