Shakespeare Allgemein
Shakespeares Einfluß auf Goethe
Zunächst einmal spielt bei der Goethe Frage eine Menge Zeitgeist
mit. Shakespeare galt und gilt als der englische Nationaldichter,
welcher insbesondere mit seinen Königsdramen die englische
Geschichte zum Inhalt der Kultur machte und auch dementsprechend
die Vergangenheit "umdichtete". Goethe und die seinen,
war er ein Vorbild, galt es doch ein ebensolches Nationalwerk zu
schaffen.
Hinzu kommt außerdem, das das englische Theater eine "neue
Form" des Theaters begründete. Shakespeare, Marlowe und
andere schafften es die damals bekannten Theatertraditionen aufzugreifen
und weiterzuentwicklen. Bedingt durch das Theaterverbot durch die
Puritaner in England und die "Reataurationszeit" nach
dem englischen Bürgerkrieg, überlebten insbesonders Shakespeares
Werke und wurden auch 100 Jahre nach seiner Zeit gerade wieder für
die Bühne neu entdeckt. Somit war er für Goethe und seine
Zeit a) wieder aktuell und b) das englische Theater war ein Vorbild
für das Streben der deutschen Dichter auf deren Suche nach
einer neuen Theateridentität (Sturm und Drang, etc.). Es galt
sich also mit einem Mythos auseinanderzusetzen und einen neuen Mythos
zu begründen. Außerdem entstanden im Umfeld Goethes in
Weimer die umfassenden Übersetzungen Shakespeares Werke . Goethe
war also durch seine Freundschaft und den intellektuellen Austausch
in den Salons von Auguste Viktoria sehr in dieses Geschehen miteinbezogen.
Last not least, wurde insbesondere der Umgang Shakespeares mit der
englischen Sprache gexchätzt und bewundert. Insebsondere seine
Sonette und die Verserzählungen, allen voran "Venus und
Adonis" weckten die Begeisterung an seinem Werk, erst danach
folgten die Dramen. Da Shakespeares antike Vorlagen und sein künstlerischer
Umgang ebenfalls wieder in den Zeitgeist der Romantik und des Klassizismus
passte, wurde er wiederum zum Vorbild. Zumal auch Shakespare ein
Verehrer der Werke Ovids und Homers war, ebenso wie Goehte, Schiller,
Wiegand und Konsorten. Man könnte somit von einer doppelten
Renaissance reden.
Man beachte auch die Neuverfassungen seiner Werke: Wiegand mit seinem
Versdrama "Oberon", nach Motiven des "Sommernachtstraumes",
die Sturm und Drang Stücke Goethes und Schillers, nicht zuletzt
geht Goethes Faust auf Marlowes "Dr. Faustus" zurück,
mit "Walllenstein" versuchte sich Schiller an den Königsdramen
und auch "Hamlet" war ein Vorbild für den "Faust",
in der Parrallelität der Figurenzeichnung von Faust und Hamlet.
Andreas, Januar 2000
Ergänzungen
Zunächst: Goethe hat Shakespeare sein ganzes Leben über
geschätzt, auch wenn er später zu Bedenken gibt, dass
die Orientierung an Shakespeare die deutschen Dramatiker verdorben
hat. Am Beginn ist Goethe Feuer und Flamme für Shakespeare,
was sich nicht zuletzt in seiner Schrift "Rede zum Shakspear´s
Tag" manifestiert. Sein Erstlingsdrama "Götz von
Berlichingen" ist stark an Shakespeare (was die Vielzahl der
Szenen, lose Zusammensetzung der Szenen, etc. betrifft) orientiert.
Das absolute Highlight in Goethes Shakespeare-Rezeption ist dann
sein Roman "Wilhelm Meisters Lehrjahre". Dort beschäftigt
sich der "Held" Wilhelm eingehend mit "Hamlet"
und führt es mit einer Theatergruppe sogar auf. Die im Roman
formulierten Ansichten über die Figur des Dramas (Erklärung
der Figur über Klärung der Herkunft von Hamlet und der
Vorgeschichte) waren für die Hamletsicht bis ins 20. Jahrhundert
(Bradley) fruchtbar.
Nichtsdestotrotz war Goethe schließlich davon überzeugt,
dass Shakespeare nur zum Lesen und nicht für die Bühne
gut wäre. So schrieb Goethe selbst eine Bearbeitung von "Romeo
und Julia" für das Weimarer Theater. Die vorgenommenen
Veränderungen stießen besonders bei den Romantikern (A.
W. Schlegel, Tieck, E.T.A. Hoffmann, etc.), die Shakespeare unverändert
aufgeführt haben wollten, auf Kritik. Mit zunehmendem Alter
hat sich Goethe dann mehr und mehr dem klassischen Drama zugewendet,
weswegen die Bedeutung von Shakespeare für ihn und seine Kunst
deutlich abnahm.
mpr, Januar 2000
Literatur:
Kurt Ermann: Goethes Shakespeare-Bild. Tuebingen : Niemeyer, 1983.
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