Re: Komödie / Tragödie ?


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Geschrieben von Jürgen M. Brandtner am 31. Oktober 2000 17:46:05:

Als Antwort auf: Re: Ist Romeo und Julia eine Tragödie oder eine romantische Komödie?? geschrieben von Andreas am 31. Oktober 2000 12:18:43:

Hallo Andreas,

ich will Dir ja nicht grundlegend widersprechen – nimm deshalb bitte der Einfachheit auch an, dass ich bei nicht Erwähntem mit Dir übereinstimme – aber sorry!, Du wirbelst hier mächtig durch die literarischen Zeitalter, beim Versuch R&J zu kategorisieren.

>Romeo und Julia ist eigentlich eine Tragödie und eine Volkstheaterkomödie.<
Also ist R&J keins von beidem ganz und wirklich!? – und daher kommen auch die uneinigen Klassifizierungen. Denn es gab keine Stilrichtung die Komödie und Tragödie zugleich ist – mit tragischem Ausgang wohl bemerkt.

>Die romantische Komödie scheidet aus<
Die scheidet sowieso aus zeitlichen Gründen aus – oder?

>Besonders die Szenen der Jungen bestechen durch sehr derben Sprachwitz.<
Das findet man aber auch in wahren Shakespeare’schen Tragödien.

>und dabei folgen sie beinahe klassischer Konversationskommödie.<
Wo bitte siedelst Du eigentlich Shakespeare an? Klassik in vorgehender Bedeutung hatte England eigentlich keine, und für Frankreich gilt hier überwiegend das 17.JH und z.T. 18.JH, und für Deutschland das 18.JH und z.T. 19.JH – und endlich für die Konversationskomödie selbst gilt das 19.JH und 20.JH.

>Mercutio ist eine perfekte Komödiantenrolle, allein seine "Königin Mab" Erzählung. <
Kann es nicht sein, dass er ein bißchen die Funktion des sonstigen Narren übernimmt? Den man ja sehr wohl auch in den Tragödien antrifft?

> beste Elemente des Volkstheaters: derbe Späße...<
Ich hoffe, Du meinst hier mit Volkstheater nicht das, was der Volksmund darunter versteht.
Ansonsten hätten wir da das Volksschauspiel – aber das kannst Du auch nicht meinen: dieses diente (nichtprofessionell ausgeübt) zur Ausgestaltung weltlicher und religiöser Feste.
Desweiteren: das Volksstück. 1. Stufe: das Alt-Wiener-Volksstück (Anfang des 18.JH bis ca. Mitte 19.JH, Höhe-punkt und Ende: Nestroy); 2. Stufe: das moderne Volksstück (Ende 19.JH und 20.JH: „Theater über das Volk und für das Volk mit dem Ziel, die mittleren und unteren Schichten der Bevölkerung in einer ihnen verständlichen Form zu unterhalten.“, durchaus mit Schriftstellern wie Horvath, Zuckmayer, Brecht, Turrini etc.)

Soweit zu Deinem ersten Teil, der sich um die Komödie dreht. Das konnte ich so nicht stehen lassen, da Du R&J ständig mit Komödienformen vergleichst, die erst später kamen, und Argumente anführst, die man auch bei Shakespeare’schen Tragödien anführen kann.
{ Und schließlich wollen wir den fragenden SchülerInnen ja nichts Falsches mit auf den Weg geben. ;-) }

Deinen Ausführungen zur Tragödie im Stück möchte ich (wie eben auch grundsätzlich) nicht widersprechen. Aber auch Du, der Du ja mit meiner Nicht-Klassifizierung nicht einverstanden warst, kommst zu keiner klaren Aussage.

Ich gebe Dir Recht, dass ich es mir ein wenig einfach gemacht habe, indem ich mich auf die tradierten aristoteli-schen Gattungsbezeichnungen berufen habe. Denn diese hat Shakespeare ja z.T. mit Pauken und Trompeten über Bord geworfen. Aber andrerseits waren diese Definitionen erst am aufschwemmen, und eine Klassifizierung des Stückes kann man nicht anhand neuerer Definitionen durchführen.

Also nichts für ungut, Andreas. Aber Komödie ist eben noch nicht, wenn es auf die Schenkel klatscht. Und Tragödie nicht, wenn es stirbt. Ich bleibe bei meiner Nicht-Entscheidung (– und gehe damit mit Dir ja konform):
In R&J finden sich sowohl Elemente der Komödie wie auch der Tragödie. Eine JA/NEIN Entscheidung kann nur aus der persönlichen Lesart heraus erfolgen – und damit wird es wohl weiterhin in den verschiedenen Shakespeare Abhandlungen beim Thema R&J keine Einigung geben.

Mit liebem Gruß,
Jürgen.





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