Die Balkonszene und kein Ende


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Geschrieben von Jürgen am 17. Mai 2002 11:39:03:

Als Antwort auf: Re: DRINGENDE INTERPRTATION VON DER BALKONSZENE (2.Akt, 2. Szene-Romeo und Julia) geschrieben von Nele am 17. Mai 2002 11:06:43:

Liebe Loni, liebe Nele,

darf ich mal einen Vermittlungsversuch machen? Unser Chefarzt hat "Kabale und Liebe" nicht gelesen. Das wollen wir ihm nicht nur verzeihen, das ist sogar ohne jede Bedeutung, er könnte ja statt dessen den "Don Carlos" gelesen haben oder den "Donkey Shot" (wie kürzlich einer von Roberts Scherzbolden den Cervantes anglisiert hat) oder die "Buddenbrooks" oder das Nibelungenlied, und irgendwas davon hat er garantiert gelesen, als er noch ein Knäblein war und brav zur Schule ging, sonst wäre er ja nie ein Chefarzt geworden.

Ich denke, darüber regt sich die Loni nicht auf, und das sollte dann die Nele auch nicht gar zu sehr zum kritischen Sperrfeuer instrumentalisieren. Worüber wir uns vielleicht alle drei gemeinsam "aufregen" könnten, ist doch nur Folgendes: Da denkt ein Chefarzt, es sei ein saustarkes Argument und mache das Gegenüber auf der Stelle dem Erdboden gleich, wenn man einen solchen Satz wie den von Loni zitierten ablässt. DAS verrät die Borniertheit, NICHT der Umstand, dass dem guten Mann "Kabale und Liebe" entgangen ist.

Unser Chefarzt hat nicht begriffen: "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis." Unser Chefarzt vergleicht "die Literatur" mit einem medizinischen Handbuch der Lungenerkrankungen oder der Gynäkologie - und stellt fest, dass ihm letztere zwei Handbücher in seiner Berufslaufbahn eher dienlich waren als "Kabale und Liebe". Daraus glaubt er seinen starken Satz an die Deutschlehrerin gerechtfertigt. Wir müssen uns über die "Bildung" bzw. "Unbildung" unseres Chefarzts nicht erregen - übrigens: in keiner Berufsgruppe gibt es derart viel Interesse an Literatur, Kunst und Musik als bei den Ärzten! - wir dürfen aber schon eine Argumentation wie die seine borniert nennen.

Und nun lasst das Abendland wieder friedlich weiterdösen!

Jürgen




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